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Wednesday, November 16, 2022

Auf der Suche nach der verlorenen Geschichte des Tees

 



Ich war heute auf der Suche nach ganz etwas anderem, als mir eine alte Datei mit dem Titel “The Birth Story of Tea” [1] ins Auge fiel. Die habe ich nochmals (erstmals genauer?) gelesen, denn ich bin immer noch auf der Suche nach der verlorenen Geschichte des Tees [2]. Man lernt immer etwas, in jedem Text, aber wenn wenn genauer liest, dann bemerkt man die Ungenauigkeiten.

Eine Abbildung in dem Artikel führt mich auf einen Vortrag, der in Taiwan gehalten worden. Der brachte mich zwar auch nicht weiter, war aber interessant zu lesen. Der Autor von “The Birth Story of Tea” brachte immerhin chinesische Zeichen. Allerdings war er der Meinung, daß sich bei Shen Nongs Materia Medica (神農本草經) um das Werk des Autors Li Shizhen handele [3]. Li Shizhen (李時珍) lebte von 1518 bis 1593 und verwandte 27 Jahre und seine eigene Gesundheit, um das monumentale Werk Ben Cao Gang Mu (本草綱目), ebenfalls eine Materia Medica, jedoch viel umgreicher, zu schaffen [4]. Das Originalwerk von Shen Nongs Materia Medica (神農本草經) stammt auch nicht aus der Zeit vor ca. 4750 Jahren, sondern wurde wahrscheinlich zwischen 206 vor und 220 nach Christus kompiliert, wobei es davon auch kein Original mehr gibt. Die heute gebräuchliche Kompilation unter dem Titel stammt aus der Qing-Dynastie (清朝, 1644-1911) von Sun Xingyan (孫星衍) [5].

In den Annalen des States Huayang bzw. Ba soll es Hinweise geben, daß Tee vor 3000 Jahren kultiviert wurde [6]. Diese Annalen wurden allerdings erst um 450 geschrieben, während die Ba bereits 316 vor Christus besiegt wurden [7]. So uninteressant ist das Ganze dann doch nicht. Die Ba sind ein eigenes Volk mit einer unentzifferten Schrift [8], die man auf Bronzen gefunden hat und mit Chinesisch nichts zu tun hat. Das Siedlungsgebiet dieses Volkes ist in Sichuan, also dort, wo auch Tee in historisches Zeit existierte. Ob der alte Text einen Hinweis auf Tee liefert ist mehr als fraglich, ich habe es jedenfalls keinen gefunden, aber das will nichts heißen [9]. Außer Kamille fand ich nichts.

Der Artikel “The Birth Story of Tea” hielt nicht, was er versprach, aber die Suche, die er ausgelöst hat, war interessant und hat mich zwei Studien finden lassen [10], die ich nun lesen will. Insgesamt war es sehr sinnvoll, sich auf diese Suche einzulassen. Eine Gralssuche bleibt es weiterhin.




Links und Anmerkungen:
[1] Leider hatte ich vor etwa neun Jahren den Link nicht kopiert und habe diesen Artikel auch nicht mehr gefunden. Vielleicht wurde der Artikel mittlerweile gelöscht. Es stand auch kein Autorenname dabei.
[2] Der Hinweis auf den Roman von Marcel Proust „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit” (À la recherche du temps perdu) ist eine Antithese, denn Proust vermittelt, daß die Vergangenheit nur in der Erinnerung des Protagonisten existert. Die Geschichte des Tee aber ist in der Zeit verloren gegangen und auf der Suche nach ihr befinden wir uns.
[3] „The story is derived from the book, Shen Nong Compendium of Materia Medica (Shen Nong Bencao Jing, 神农本草经), which is a Chinese materia medica work written by Li Shizhen (李时珍) in the Ming Dynasty (明朝). “
[4] https://en.wikipedia.org/wiki/Li_Shizhen  
[5] https://zh.wikipedia.org/zh-tw/%E7%A5%9E%E5%86%9C%E6%9C%AC%E8%8D%89%E7%BB%8F  
[6] “Based on the earliest regional annals in China, tea was already being cultivated about 3000 years ago. The Annals of Huayang State (华阳国志), The Annals of Ba ()...”
[7] https://zh.wikipedia.org/wiki/%E5%8D%8E%E9%98%B3%E5%9B%BD%E5%BF%97 und https://zh.wikipedia.org/wiki/%E5%B7%B4%E5%9B%BD
[8] https://en.wikipedia.org/wiki/Ba%E2%80%93Shu_scripts
[9] https://archive.org/details/06061130.cn/page/n16/mode/2up?view=theater Über den Staat Ba kann man sich von Seite 17 an informieren. Aber ich habe nichts zu Tee gefunden. Auf einer anderen Seite - http://library.taiwanschoolnet.org/cyberfair2006/aps1/index1/s32.htm  - fand ich folgenden Text: 《華陽國志.巴志》:「周武王伐紂,實得巴蜀之師,......茶蜜......皆納貢之。」Da steht zwar das Zeichen cha (茶), aber so, wie es da zusammensteht mit einem zweiten Zeichen (茶蜜), bedeutet es Kamille cha mi. Ich will aber nicht verschweigen, daß es sich um Tee und Honig handeln könnte, da ich die Stellet besteht im Original nicht gefunden habe. Der Text in weiten Strecken aus geografischen Angaben.
[10] Yuanxin Jiang: More than just a Drink: Tea Consumption, Material Culture, and ‘Sensory Turn’ in Early Modern China (1550-1700). Dissertation. https://conservancy.umn.edu/bitstream/handle/11299/211766/Jiang_umn_0130E_20952.pdf?sequence=1  
und:
Qian Huang: Drinking Tea in St John’s. A Study of Diasporic Chinese Tea Drinking and Ethnic Identity. Thesis Master of Folklore. https://research.library.mun.ca/13934/  
[PS] Das Bild zeigt eines der alten Zeichen für Tee, tu (荼), in der Kleinen Siegelschrift.
 

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