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Sunday, November 20, 2022

Das Bild von „It's Tea Time!“ auf der November-Ausgabe von Live magazin


Ich hatte vor einem Monat über das Bild von „It's Tea Time!“ auf dem Titelblatt der November-Ausgabe von Live magazin schon einmal berichtet [1]. Ich habe es auch noch einmal eingescannt und gebe es bis auf die Werbung hier wieder [2]. Das Bild ging mir nicht aus dem Kopf, selbst auf der Island-Reise habe ich noch daran gedacht.

Vor einem Monat schrieb ich: „Aber da gelangte ich erst später hin, denn erst einmal sah ich auf dem Umschlagsblatt die Überschrift „It's Tea Time!“ und eine Frau, die eine Tasse in der linken (?) und ein Buch in der rechten (?) Hand hält und aus einem Fenster hinausschaut. Warum liest sie nicht in dem Buch, dachte ich mir. Ist der Text auf Kyrillisch geschrieben? Nein, der Text ist in Spiegelschrift – da kann man verstehen, daß sie aus dem Fenster schaut.“


Aber gehen wir noch einmal genauer vor. Warum mußte man das Bild spiegeln? Weil die Frau dann auf den wichtigen Text im Hellen schaut. Der Beschauer blickt aus dem Hellen in den dunkleren Teil der Seite, zunächst auf das beleuchtete Gesicht. Das ist geschickt gemacht. Das gelingt eben umgekehrt nicht, wie ich es versuchsweise gemacht habe.

Die Komposition des Bildes aber ist zu beanstanden. Was macht die Frau da? Die hält verkrampft eine Tasse mit einer hellbrauenen Flüssigkeit, die jeden Augenblick überschwappen kann, trinkt allerdings nicht. Sie hat ein Buch ausgeschlagen und liest allerdings nicht. Sie scheint nicht bequem zu sitzen und schaut aus dem Fenster. Und es ist fern von Sigmund Freunds Frage: „Was will das Weib?“ [3] Es handelt sich um eine Komposition des Fotografen oder der Fotografin – so ist jedenfalls meine Interpretation. In diesem Bild passiert zu viel. „In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister“, ist Goethes Meinung dazu.

Tee wird mit innerer Ruhe assoziiert. Man muss nicht gleich Bodhidharma und die japanische Teezeremonie (Chanoyu – 茶の湯) bemühen, aber Harmonie, Achtsamkeit, Stille, Natur, Schönheit, Einfachheit kann man leicht mit Tee verbinden. Das sehe ich nur ansatzweise im entspannten Blick der jungen Frau und nicht in der Komposition des Bildes.

Die Komposition des Titelbildes der WochenSpiegel-Beilage Live Magazin finde ich gelungen, aber das ausgesuchte Bild hätte besser gestaltet werden können. Ich hätte das Buch weggelassen und die Frau Tasse auf einer Untertasse halten lassen. So wären Stabilität und Ruhe ins Bild gekommen und dann kann sie auch aus dem Fenster schauen.


Links und Anmerkungen:
[1] https://rheumatologe.blogspot.com/2022/10/its-tea-time.html
[2] Live magazin, Ausgabe Kreis Euskirchen, November 2022
[3] Sigmund Freud (1856-1939) zu Marie Bonaparte: Die große Frage, die nie beantwortet worden ist und die ich trotz dreißig Jahre langem Forschen in der weiblichen Seele nicht habe beantworten können, ist die: „Was will das Weib?“ https://www.vitalis-verlag.com/themen/medizingeschichte/freud-sigmund/

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