Rose, oh reiner Widerspruch, Lust,
Niemandes Schlaf zu sein unter soviel
Lidern.
Rainer Maria Rilke [1]
Der heutige Sonntag ist der 15. Sonntag nach dem Trinitatis-Fest [2]. Die Kernaussage ist: „Sorgt euch nicht!“ Der Wochenspruch lautet deshalb: „Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch.“ [3] Ich werde dies später aufgreifen. Aber, was für ein Wochenende war das. Es begann mit einem Hofkonzert im Hof der Versöhnungskirche in Holweide am Abend des 07.09., wurde mit einem Gottesdienst in der Pauluskirche in Dellbrück am Sonntag (08.09.) fortgeführt und endete mit dem Gemeindefest am Gemeindezentrum an der Christuskirche in Dellbrück.
Die Idee zum Motto des Wochenendes „Brot und Rosen“ stammt aus einer Rede der Gewerkschaftirin Rose Schneidermann aus dem Jahr 1911 und wurde „als Parole bei einem Streik von mehr als 20.000 Textilarbeiterinnen in Lawrence, Massachusetts bekannt“ [4]. Auf diesen Streik gehen das Gedicht und Protestlied von James Oppenheim zurück [5].
Deutschland wird gerne als Kartoffel(f)resserland bezeichnet, aber es ist DAS Land des Brotes, nirgendwo sonst auch der Welt gibt es so viele Brotspezialitäten und wenn die Zahl 300 geläufeig ist, so ist sie überholt, denn der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks hat ein Deutsches Brotregister geschaffen, das etwa 3200 Brotsorten auflistet [6]. Brot und Salz werden beim Bezug einer neuen Wohnung oder zur Hochzeit verschenkt, um Wohlergehen und Wohlstand zu sichern. Brot haftet in der jüdisch-christlichen Tradition eine ausgegrägte Symbolik an [7].
Schon im Alten Testament findet sich eine Wurzel unseres Mottos:
„..., daß der Mensch nicht lebt vom Brot allein, sondern von allem, was aus dem Mund des HERRN geht“ [8].
Im Neuen Testament finden wir (bescheidene Auswahl):
„unser täglich Brot gib uns heute“ (Mt 6,11 oder Lk 11,3)
die wundersame Vermehrung der Brote bei der „Speisung der Viertausend“ (Mt 15,32-39)
„Jesus aber sprach zu ihnen: Ich bin das Brot des Lebens.“ (Jh 6,35a)
„Denn so oft ihr von diesem Brot esset und aus dem Kelch trinkt, verkündigt ihr den Tod des Herrn, bis er kommt.“ (1. Ko 11,26)
Mit Brot verbinden wir auch den Ausdruck „Brot und Spiele“ (panem et circenses), der von dem römischer Dichter Juvenal stammt, der damit das römische Volk kritisierte, daß sich mit Brot und Spielen ruhig stellen ließ. Dies machten sich die Diktatoren zu eigen, z.B. in Kraft durch Freude während der Nazi-Herrschaft. Man hat Marie-Antoinette den Ausspruch „S’ils n’ont plus de pain, qu’ils mangent de la brioche“ nachgesagt, im Deutschen häufig als Kuchen übersetzt, was es noch schlimmer macht [9]. Im übrigen kann der Ausspruch Confessions (Bekenntnisse) von Jean-Jacques Rousseau zurückgeführt werden.
Brot und Rosen – da gibt es noch das Rosenwunder der Elisabeth von Thüringen [10]. Wahrscheinlich wurde es ihr nur nachträglich zugeordnet und die Legende ist früher in Portugal im Zusammenhang mit einer anderen Elisabeth entstanden. Elisabeth wurde verboten, die Armen mit Brot zu speisen, als der Ehemann meinte, sie trotz Verbots erwischt zu haben, wandelte sich das Brot im Korb zu Rosen. In Köln-Mülheim (Elisabeth-Breuer-Straße) kann man gegenüber vom Caritas-Zentrum St. Josef-Elisabeth an einer Hauswand die Vita in einem Regenbogen geschrieben sehen. In der Erlöserkirche in Mirbach (Eifel) [11] ist ein Fenster von Fritz Geiges, wahrscheinlich 1895 entstanden und zeigt Elisabeth von Thüringen nach ihrer Vertreibung von der Wartburg: „Vermutlich das einzig erhaltene Musterfenster der ehemaligen Fenster in der Kaiser Wilhelm Gedächtniskirche.“ [12]
Traditionell stehen Rosen für Romantik und Liebe. Die rote Rose ist das Symbol für die Liebe und es ist deshalb wichtig, ein wenig von der Farbsymbolik zu wissen, bevor man Rosen verschenkt und einen ungewollten Effekt hervorruft. Und da schon die „Rosen Symbolik - Top 10 Allgemein gebräuchliche Bedeutungen“ viel zu umfangreich ist, verweise ich hiermit auf sie [13].
Wenn ich jetzt noch weiter über Brot und Rosen schreibe, dann wird es Abend darüber. Aber nehmen wir das zum Anlaß, über den Abend im Hof vor der Versöhnungskirche zu reden. Die DellFunkBrothers [14] gaben ein open air Konzert anlässlich des Gemeindefestes der ev. Gemeinde Dellbrück/Holweide und bezeichnetes es als Danceparty, was durchaus richtig ist, denn es wurde getanzt. Bei den Proben mußte ich mir Zellstoff in die Ohren stopfen, denn es war mir zu laut. Ich bin aus der Eifel mehr die Stille gewohnt und sagte: „Da kann ich den Flügelschlag der Schmetterlinge hören.“ Was natürlich geringfügig übertrieben ist, aber man kann die Eichhörnchen in den Bäumen oder die Amsel am Boden nören oder den Wind, der in Birken ganz anders klingt als in PflaumenBäumen oder in Tannen. Aber dessen ungeachtet wurde es beim Konzert gar nicht so laut, denn es überraschte mich, wie viel Schall von der MenschenMenge geschluckt wurde; da muß ich zugeben, daß die Lautstärke passend war. Das Programm gefiel übrigens nicht nur mir.
Muß man sichum das Gelingen von Gemeindefesten sorgen? Nein, überhaußt nicht! Denn es heißt doch: Sorgt euch nicht! Und weiß, daß man sich trotzdem sorgt, ob alles klappen wird. Martin Luther wird zitiert: „Heute habe ich viel zu tun. Deshalb muss ich heute viel beten.“
In der Pauluskirche feierten wir einen musikalischen Gottesdienst, der vonHeilix Blechle, den Kinderchören und den Kantoreien mitgestaltet wurde.
Das Evangelium für den 15. Sonntag nach Trinitatis ist auch der Predigttext [15] und die Textstelle beginnt so: „Darum sage ich euch: Sorgt euch nicht um euer Leben, was ihr essen und trinken werdet; auch nicht um euren Leib, was ihr anziehen werdet. Ist nicht das Leben mehr als die Nahrung und der Leib mehr als die Kleidung?“ Und endet mit: „Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen. Darum sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen. Es ist genug, dass jeder Tag seine eigene Plage hat.“ Ich las: „Die Heiden machen sich Sorgen, die Jünger, die Gläubigen können dagegen sorgenfrei sein. Denn um alles kümmert sich der himmlische Vater. Punk!“ [16] Möglicherweise gehen wir fehl in der Annahme, daß die Bergpredigt ein Forderungskatalog für das perfekte Christsein wäre, sondern eher uns zum Nachdenken anregen soll, was uns letztlich leitet und antreibt. „Martin Luther sagte: »Woran du dein Herze hängst, das ist dein Gott!«“ Gott will das Bestimmende in unserem Leben werden, damit unser Ziel das Reich Gottes werde. Wenn das der Fall ist, kann es auch einen Weg dahin geben.
Nach dem Gottesdienst in der Pauluskirche war aber zunächst einmal das Gemeindezentrum der Christuskirche unser Ziel.
Das Altargesteck in der Versöhnungskirche war in der liturgischen Farbe des 15. Sonntags nach Trinitatis, also mit viel Grün gestaltet,ah prächtig aus, war frisch und nicht vertrocknet, also ein Eins-A-Gesteck. Nur stand es in der Kirche und just an diesem Abend fand kein Gottesdienst in der Versöhnungskirche statt, denn das Konzert fand schließlich im Hof statt - schade um die Blumen! Das Gesteck in der Pauluskirche zeigte hauptsächlich Rosen und war damit dem Motto des Wochenendes geschuldet. Auch dieses Gesteck war prächtig ausgeführt.
Inspiriert vom täglichen Blumenstrauß
auf einem Fahrrad von Ai Weiwei (艾未未).
Links und Anmerkungen:
[1] Zitiert nach [1a]. Mehr zum Grabspruch Rainer Marias Rilkes, der 1926 im Sanatorium Val-Mont bei Montreux starb, aber bereits 1925 diese Inschrift für den Grabstein festgelegt hatte, findet sich in einem Artikel von Willi Nef [1b]. Ein herzergreifende Geschichte über Rilke, eine Bettlerin und eine weiße Rose [1c] sollte man sich auch nicht entgehen lassen; sie würde hier den Rahmen sprengen (das sage ich, der sonst keine Abschweifung meidet).
[1a] Rainer Maria Rilke: Die Gedichte. Insel Verlag, Frankfurt am Main Und Leipzig 2006. ISBN: 978-3-458-17333-5. S. 835. (Rilkes lyrisches Werk in einem Band)
[1b] Willi Nef im Schweizer Rosenblatt 12/1971
https://www.welt-der-rosen.de/rosged/rilkeros.htm
[1c] https://downloads.eo-bamberg.de/11/1044/1/99186052510305170089.pdf
[2] https://kirchenjahr-evangelisch.de/15-sonntag-nach-trinitatis/
[3] 1. Petr 5,7
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Brot_und_Rosen_(Slogan)
[5] http://www.protestsonglyrics.net/Inspirational_Songs/Bread-and-Roses.phtml
[6] 300 Brotsorten? Längst überholt… https://www.brotexperte.de/brotsorten/zahl-der-brotsorten-in-deutschland/
[7] https://de.wikipedia.org/wiki/Brot#Brot_und_Salz
[8] 5. Mose 8,3b
[9] Bessere Übersetzung: „Wenn sie kein Brot mehr haben, sollen sie doch Brioche essen“. https://de.wikipedia.org/wiki/Brioche
[10] https://de.wikipedia.org/wiki/Elisabeth_von_Th%C3%BCringen
[11] Die Erlöserkirche in Mirbach – mit einem Bild des Fensters „Elisabeth von Thüringen nach ihrer Vertreibung von der Wartburg“ https://rheumatologe.blogspot.com/2021/12/die-erloserkirche-in-mirbach.html
[12] http://www.glasmalerei-ev.net/pages/b8617/b8617.shtml
[13] Rosen Symbolik - Top 10 Allgemein gebräuchliche Bedeutungen https://www.blumeideal.de/blog/rosenfarben-bedeutung
[14] „Special guest on drums ist Hardy Fischötter und die Hornsection ist verstärkt mit Tenorsax und Trompete.“
DellFunkBrothers sind:
Geza Tenyi - vocals, harp
Heiko Reich - keys, vocals
Holger Ruchatz - guitars, vocals
Gerd Peitzmeier - bass
Olaf Waschke - tenor sax
Christoph Rolfs - trumpet
https://www.facebook.com/p/DellFunkBrothers-100063835239207/
[15] Dies ist ein Teil einer Textstelle, die betitelt ist: Vom Schätzesammeln und Sorgen https://www.die-bibel.de/bibel/LU17/MAT.6 Mt 6,25–34
[16] Jürgen Kaiser: Pure Provokation. Zentraler Eckstein. In:
zeitzeichen 8/2024, ISSN: 1616-4164. S. 59.
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