Da ich durch Georgien gereist bin, habe ich mich über georgischen Tee informiert, was gar nicht so einfach ist [1]. Früher einmal war Georgien der fünftgrößte Teeproduzent der Welt, aber da greife ich vor. Die älteren Leser kennen den Tee vielleicht noch als grusinischen Tee und das geht auf den russischen Begriff zurück (Грузинский чай), aber besser sagen wir georgischer Tee (auf Georgisch: ქართული ჩაი), was allerdings „kartuli chai“ ausgesprochen wird.
Der deutsche Wikipedia Artikel hat einen Absatz über georgischen Tee [2], in dem wir erfahren, daß seit der mitte des 19. Jahrhunderts Tee in Georgien in eigenen Hybriden angebaut wird, sich dieser Tee Gefallen erworben hatte und zur Zeit der Sovietunion bis 130.000 t jährlich produziert wurden. Der Markt und der Anbau brachen während des Kaukasuskrieges 2008 zusammen. Der georgische Teeproduzent Gurieli baut bei Sugdidi wieder, im wesentlichen für den georgischen Markt, Tee an. Sugdidi (Georgisch: ზუგდიდი) [3] ist eine kleine Stadt im Westen Georgiens, an der Grenze zu Abchasien und liegt etwa 110 m über dem Meer. Das will aber nichts heißen, denn es geht schnell östlich der Stadt in die Höhe, so daß man von der Höhe Sugdidis schlecht auf die Qualität des Tee schließen kann.
Es gibt auf Russisch und auf Georgisch zwei Artikel auf Wikipedia, die sich deutlich voneinander unterscheiden und die ich mir habe übersetzen lessen, um sie auswerten zu können [4]. Darüber hinaus habe ich kommerzielle Seiten im Internet ausgewertet [5]. In diesem Zusammenhang möchte ich nicht versäumen, auf die zwei Artikel über alte Teedosen aus Georgien hinzuweisen [6].
Aus der umfangreichen Geschichte des Teeanbaus muss ich auswählen und da geht es um vier Phasen, die sehr frühe, wie der Tee in Georgien ankam (19. Jahrhundert), das frühe 20. Jahrhudert, Die Sovietzeit und wie es heute um den Tee in Georgien steht.
Die ersten Teesträucher wurden 1809 im Garten von Mamiya V. Guriel angebaut. Die Marke Guriel ist heute der führende Teeproduzent Georgiens. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erwies sich der Bau der Eisenbahnlinie als wichtiger Faktor für die Entwicklung der Teegebiete. Ähnliches hatte ich früher auch zu Indien und Ceylon gelesen [7].
Ende des 19. Jahrhundert kam Lao Jinzhao mit 23 Jahren nach georgien und widmete sich dort dem Teeanbau. Er entstammte einer chinesischen Adelfamilie, aber ich habe die korrekte chinesische Schreibweise seines Namens nicht finden können. Im Ajara Museum in Batumi werden einige persönliche Gegenstände aus seinem Besitz ausgestellt [8]. Im Jahr 1900 gewann sein Tee auf der Pariser Weltausstellung.
Schon zu Beginn der Sovietzeit gab es Teeplantagen, die in den 1930iger Jahren erweitert wurden. In den 1970er Jahren konnte man zwei Entwicklungen beobachten, neben dem Anstieg des Volumens der georgischen Teeproduktion kam es auch zu einem fortschreitenden Qualitätsverlust. Bei der maschinellen Teeernte wurden nicht nur die oberen, jungen Blätter und Spitzen, sondern auch die unteren, alten und groben Blätter, teilweise auch Ästchen geerntet. Dazu kam noch, daß auch bei nassem Wetter geerntet wurde.
Nach der Unabhängigkeit fielen Absatzmärkte fort und viele Plantagen verwilderten. 1993-1995 und 2008 kam es durch die Kriege zu einer drastischen Reduktion der Teeproduktion. Man fährt heute an alten Plantagen mit Bus oder Bahn vorbei, wenn man aufmerksam in die Landschaft schaut. Da ist viel Infrastruktur verloren gegangen. Die Rekultivierung der überwuchterten Teefelder ist für einen Landwirt mit normalem Einkommen kaum finanzierbar. Neben den wirtschaftlichen Folgen sind aber auch soziale Folgen zu beklagen, denn die Teebaukultur war invielen Dörfern ein wesentlicher Bestandteil des Lebens und Identifikation.
Heute wird wieder Tee in Georgien angebaut, hauptsächlich für den Eigenbedarf, der bislang noch nicht gedeckt werden kann, und wenig für den Export, von dem die Wirtschaft des Landes profitieren könnte. Es wurde traditionell mehr güner als schwarzer Tee produziert. Daneben auch sehr wenig gelber Tee. Der schwarze Tee Georgiens schmeckt mild und etwas säuerlich. Probierenswert!
Links und Anmerkungen:
[1] In Ordnung, man kann es sich einfach machen, aber dann erfährt man nicht viel. Und zu den Menschen, die es sich einfach zu einfach machen, gehöre ich einfach nicht. Ist doch einfach zu verstehen!
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Schwarzer_Tee#Georgien
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Sugdidi
[4] https://ka.wikipedia.org/wiki/%E1%83%A5%E1%83%90%E1%83%A0%E1%83%97%E1%83%A3%E1%83%9A%E1%83%98_%E1%83%A9%E1%83%90%E1%83%98 und https://ru.wikipedia.org/wiki/%D0%93%D1%80%D1%83%D0%B7%D0%B8%D0%BD%D1%81%D0%BA%D0%B8%D0%B9_%D1%87%D0%B0%D0%B9
[5] https://www.georgia-insight.eu/georgien/kueche/tee und https://www.die-teeseite.de/tee-aus-georgien.php
[6] https://www.tea-terra.ru/2013/07/02/1766/#more-1766 und https://radion-gz-china.livejournal.com/256671.html
[7] William H. Ukers, All About Tea, 2 volumes. New York 1935. Ist mittlerweile digitalisiert einsehbar: https://www.univie.ac.at/Geschichte/China-Bibliographie/blog/2018/03/22/ukers-all-about-tea/
[8] https://ajaramuseums.ge/en/museums/brothers/Lao-Jin-Zhao-and-Georgian-tea und
https://ajaramuseums.ge/en/museums/brothers/Personal-belongings-of-Lao-Jinjao
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