„Let's get ready to r...!“ begann Ringsprecher Michael Buffer [1] die großen Boxkämpfe und wir sind gerade nach dem „Boxing Day“ in der Zeit zwischen den Jahren, wie sie vielfach genannt wird. Wer vom 1. Sonntag nach dem Christfest [2] nicht viel erwartet, wird bestimmt nach diesem Blogpost anders denken. So viel sei schon verraten -: dieser Sonntag ist vielfältiger angelegt als viele andere.
Der Wochenspruch lautet: „Wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“ [3] Und Simeon sagt im Lukasevangelium: „... meine Augen haben deinen Heiland gesehen“, wozu wir noch kommen werden.
Die Epistellesung ist der Beginn des 1. Johannesbriefes und man gab diesem Teil die Überschrift: „Die Grundlage christlicher Gemeinschaft“. Ob der Brief vom Evangelisten Johannes stammt, ist umstritten, aber eine Nähe der beiden Schriften ist offensichtlich: „Was von Anfang an war, was wir gehört haben, was wir gesehen haben mit unsern Augen, was wir betrachtet haben und unsre Hände betastet haben, vom Wort des Lebens – und das Leben ist erschienen, und wir haben gesehen und bezeugen und verkündigen euch das Leben, das ewig ist, das beim Vater war und uns erschienen ist ...“ [4]. Die Stelle schließt mit den Worten: „..., auf dass unsere Freude vollkommen sei.“
Das leitet zur Lesung aus dem Alten Testament über, denn dort geht es fort mit: „Jauchzet, ihr Himmel; freue dich, Erde! Lobet, ihr Berge, mit Jauchzen!“ [5] Kommt es jetzt überraschend, wenn ich sage, daß dies beim Propheten Jesaja steht? Ich sollte einmal nachsehen, wie häufig Jesaja Thema in diesem Kirchenjahr war, ist und sein wird.
Die Lesung aus dem Evangelium steht bei Lukas und fährt da fort, wo Lukas die Geburtsgeschichte hingeführt hatte. Nun berichtet er über „Jesu Beschneidung und Darstellung im Tempel“ [6], d.h. dem Gesetz, u.a. in 3. Mose 12,6-8, wird entsprochen. Jesus, Maria und Josef trafen auf die Prophetin Hanna, die wie Simeon auf den Erlöser wartete. Simeon aber war „vom Heiligen Geist geweissagt worden, er sollte den Tod nicht sehen, er habe denn zuvor den Christus des Herrn gesehen“. Die beiden betagten Menschen warteten. Bei Warten denkt man schnell an „Warten auf Godot“ von Samuel Beckett. Beckett will mit dem Nichterscheinen von Godot auf die Sinnlosigkeit des menschlichen Daseins (aus existialischer Sicht) hinweisen. Aber für Simeon und Hanna erfüllt sich das Warten, indem sie den Heiland sehen. Ich denke natürlich auch an die Türhüterparabel, die hier schon einmal Thema was [7]. Franz Kafka zeichnet ein düsteres Bild, denn alles Warten endet im Tod und der nicht erledigten Aufgabe, vor Gesetz eingelassen zu werden. Ganz anders ist die Situation bei Hanna und Simeon, die zum Ende ihrer Tage Gott lobten und preisten, denn ihr Warten hatte sie den Heiland sehen lassen.
Predigttext steht im Matthäusevangelium [8] und behandelt zwei Themen: „Die Flucht nach Ägypten“ und „Der Kindermord des Herodes“. Interessanterweise hatte die Lutherübersetzung 1984 Kinder, die Einheitsübersetzung 1980 Knaben, die Zürcher Bibel 1970 Knäblein und die Lutherübersetzung 2017 Kinder und Knaben. Die Bibel in gerechter Sprache hat erwartungsgemäß Kinder. Ich tendiere zu Kinder, aber weil ich meine, daß Herodes in seiner abgrundtiefen Grausamkeit einen einfacher zu befolgenden Befehl gegeben hat. Mich stört etwas an: „Als Herodes nun sah, dass er von den Weisen betrogen war, …“. Ich las auch schon getäuscht und verhöhnt. Betrogen erscheint mit zu scharf, insbesondere das sie doch auf Gottes Befehl handelten.
Das Parament war in weiß und der Altar zweite drei Kerzen. Es sah würdig aus und wir hätten auch nicht die Blumen wahrgenommen, da wir uns mit „For the Time Being: A Christmas Oratorio“ [9] von Wystan Hugh Auden [10] beschäftigt hatten; es handelt sich um ein langes Poem.
Inspiriert vom täglichen Blumenstrauß
auf einem Fahrrad von Ai Weiwei (艾未未).
Links und Anmerkungen:
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Michael_Buffer
[2] https://kirchenjahr-evangelisch.de/1-sonntag-nach-christfest/
[3] Joh 1,14b
[4] https://www.die-bibel.de/bibel/LU17/1JN.1 1. Joh 1,1–4
[5] https://www.die-bibel.de/bibel/LU17/ISA.49 Jes 49,13–16
[6] https://www.die-bibel.de/bibel/LU17/LUK.2 Lk 2,(22–24)25–38(39–40)
[7] Altargesteck am 23.05.2023 – Kafka in der Kirche
https://rheumatologe.blogspot.com/2023/05/altargesteck-am-23052023-kafka-in-der.html
Die kurze Parabel zeigt den Mann vom Lande, wie er Einlaß begehrt, nicht am Türhüter vorbeikommt, und damit lebenslang abfindet. Erst zum Ende seines Lebens fragt er, warum kein anderer Einlaß begehrt habe und der Türhüter sagt ihm, daß diese Pforte nur für den Mann vom Lande bestimmt gewesen war. Das, was hinter der Tür liegt, wird als Glanz beschrieben und kann als Labyrinth oder auch als Raum für Möglichkeiten gedeutet werden. Aber schon befinden wir uns in einem eigenen Labyrinth von Interpretationen. Die Surrogat-Handlungen (Bestechungsversuche) sollen nur die eigene Passivität überdecken, aber auch die Furcht vor dem ersten Schritt. Ist es wirklich ein Wagnis, gegen den Rat des Türhüters über die Schwelle zu treten? So sehr der Mann vom Lande sich auch danach sehnt, traut sich dennoch nicht, diesen Schritt zu gehen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Vor_dem_Gesetz und der Text selbst:
https://de.wikisource.org/wiki/Vor_dem_Gesetz
[8] https://www.die-bibel.de/bibel/LU17/MAT.2 Mt 2,13–18(19–23)
[9] https://en.wikipedia.org/wiki/For_the_Time_Being
[10] Wystan Hugh Auden (1907–1973) war ein englischer-amerikanischer Schriftsteller. https://de.wikipedia.org/wiki/W._H._Auden
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