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Wednesday, August 10, 2016

De Maizière will ärztliche Schweigepflicht aufweichen





Ich lese heute Morgen: „…einen neuen Maßnahmenkatalog im Kampf gegen den Terror vorstellen, berichten Bild und der Kölner Stadt-Anzeiger.“ „Demnach soll die ärztliche Schweigepflicht aufgeweicht werden. Eine Gesetzesänderung würde damit Ärzten künftig ermöglichen, die Behörden über geplante Straftaten ihrer Patienten rechtzeitig zu informieren.“ Süddeutsche Zeitung


Die ärztliche Schweigepflicht ist ein hohes Gut, das der Bundes­innenminister nicht einfach mit einem Maßnahmenkatalog verändern kann. Die ärztliche Schweigepflicht schützt die Privat-/Intimsphäre von Patienten und gilt deshalb als wesentliche Säule im Arzt-Patienten-Vertrauens­verhältnis.  Schon im Eid des Hippokrates finden wir die ärztliche Schweigepflicht verankert: „Was ich bei der Behandlung sehe oder höre oder auch außerhalb der Behandlung im Leben der Menschen, werde ich, soweit man es nicht ausplaudern darf, verschweigen und solches als ein Geheimnis betrachten.“ Ob mit „soweit man es nicht ausplaudern darf“ bereits Offenbarungsrechte und -pflichten für Brüche der ärztlichen Schweigepflicht gemeint sind, wage ich zu bezweifeln.

Wichtig scheint mir der Grundsatz: „Nicht das ärztliche Schweigen, sondern der Bruch ist rechtfertigungsbedürftig.“ Und diese Brüche sind geregelt!

Es gibt den rechtfertigenden Notstand. Nach § 34 StGB darf der Arzt das Schweigen brechen, wenn ein anderes Rechtsinteresse höherwertig ist, z.B. der Schutz der Allgemeinheit vor einem betrunkenen Autofahrer. Strafverfolgungsbehörden haben keinen höheren Anspruch auf Auskünfte. Andererseits ist aber bereits jetzt der Arzt nach § 138 StGB verpflichtet, geplante Verbrechen anzuzeigen. D.h. wenn ich jetzt einen Patienten hätte, der mir sagt: „Mein Rheuma muss ganz schnell besser werden, denn ich will mich übermorgen in der Oper in die Luft sprengen.“ Dann müsste ich das melden. Auch wenn mir die Oper nicht so liegt.

Man darf nicht außer Acht lassen, dass ein Eingriff in die ärztliche Schweigepflicht Patienten davon abhalten kann, dem Arzt alles anzuvertrauen. Oder aber der Besuch beim Arzt (bzw. auch Psychologen), der die Gefahr noch hätte abwenden können, bleibt ganz aus.


Wir werden also abwarten müssen, ob der Bundesinnen-minister wirklich etwas ändern will oder nur mit dem Säbel rasselt. Und dann müssen wir sehen, was er wie ändern will. Aber dann sollten wir uns mit allen Mitteln gegen eine Aufweichung der ärztlichen Schweigepflicht wenden.

Links:
http://www.aerzteblatt.de/pdf.asp?id=45243



17.08.2016:
Nach heftiger Kritik, wie z.B. auch hier, aber mehr noch in den Medien und von verschiedenen Standesvertretern, geht der Bundesinnenminister doch von seiner Forderung ab. Medscape berichtete darüber:

„Wenn ein Patient mit Rucksack die Praxis verlässt und ankündigt, sich jetzt im Bahnhof in die Luft zu sprengen, kann ich mir keinen Arzt vorstellen, der das für sich behält.“ Rudolf Henke

„Würde die ärztliche Schweigepflicht gelockert, könnte dies Patienten vom Arztbesuch abschrecken.“ Prof. Dr. Karl Lauterbach

De Mazière möchte nun zusammen mit der Ärzteschaft eine „einvernehmliche“ Lösung finden; „mit der Lockerung der Schweigepflicht hat das gar nichts zu tun.“ Es war wohl doch nur ein populistischer Vorstoß.

Link: 
http://deutsch.medscape.com/artikelansicht/4905186?nlid=108897_3142&src=WNL_bom_160817_MSCPEDIT_DE

 
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