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Thursday, January 26, 2017

Schlangengift gegen entzündlich-rheumatische und degenerative Erkrankungen des Bewegungsapparates und Fibromyalgie

Vor einiger Zeit berichtete eine Patientin über ein Vorgespräch zu einer Behandlung ihrer Arthrosen mit Schlangengift, das homöopathisch verdünnt in Akupunkturpunkte injiziert werden sollte. Nachdem der Heilpraktiker seine kleine Tochter befragt hatte: „Was spritzen wir denn da?“ und das Mädchen geantwortet hatte: „Schlangengift“, da war es dann auch der Patientin zu viel und sie sagte die Folgetermine ab.

Kürzlich sah ich eine Anzeige in der Rheinischen Post, die von besagtem Heilpraktiker geschaltet worden war. Ich hatte ihn schon auf einem Bild mit Stethoskop gesehen. Hier zeigte ihn das Bild vor einer Magnetresonanztomografie, auf die er mit einem Bleistift zeigt – allerdings schauen er und Patientin in die Kamera, also weg von der Tomografie. Ich lese: „Unsere Präparate und Rezepturen, die zum Teil auf meinen Vater zurückgehen, der 40 Jahre …. als Kassenarzt gewirkt hat, werden in Deutschland hergestellt und über ortansässige Apotheken geliefert.“

Ich möchte mich heute nur auf Schlangengift konzentrieren. Neben entzündlich-rheumatischen sowie degenerative Erkrankungen des Bewegungsapparates und Fibromyalgie wird es auch eingesetzt bei: chronischen Schmerzen, Asthma bronchiale, Migräne, Neurodermitis, Neuralgien, Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, Allergien, Polyneuropathien, Erschöpfungszuständen und, und, und. Ich glaube, es wird schwer sein eine Erkrankung zu finden, wo es nicht wirksam sein soll. So eine Aussage sollte Zweifel wecken. Oder das: „Durch eine Reintoxin-Therapie können deshalb verblüffende Erfolge erzielt werden.“ Wo etwas als verblüffend  bezeichnet wird, stimmt etwas nicht. Aber das kennen Sie bestimmt schon von anderen Artikel hier auf meinem Blog.

„Ein großer Vorteil dieses Naturheilverfahrens ist das Fehlen von Nebenwirkungen. Die Therapie mit Schlangengift beeinträchtigt weder das Denkvermögen noch Autofahren oder das Arbeiten.“ (1) Das ist bei homöopathischen Mitteln so. Wo nichts mehr drin ist, kann auch nichts das Autofahren stören. Das Denkvermögen setzte bereits vor der Therapie aus.

Dann finde ich „Wichtiger Hinweis: Meso-Sanke ist eine auf Erfahrung basierende Behandlungsmethode. Der Einsatz dieser Methode ist noch nicht nach den Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin wissenschaftlich hinreichend abgesichert. Ein Erfolg der Behandlung kann nicht in jedem Behandlungsfall gewährleistet werden.“ (2) Damit ist auch der Misserfolg abgesichert. Interessant ist auch das „noch nicht abgesichert“, denn man findet es besonders dort, wo diese wissenschaftliche Absicherung der Methode sicherlich nie durchgeführt werden wird.

„Die Schlangengift Therapie hat sich seit mehr als 40 Jahren bewährt.“ (3) Ich frage mich, worin diese Bewährung besteht? Dass man damit Geld verdient hat? „Die Wirkung dieser Gifte beruht auf ihrem hohen Gehalt an Enzymen.“ Das mag wohl stimmen, aber: „In jedem Reintoxin sind 30 - 50 Enzymarten enthalten. Die Reintoxine sind im Körper nicht mehr giftig, da sie keine Eiweiße mehr enthalten.“ Das stimmt mich aber sehr nachdenklich, denn Enzyme sind Eiweiße und die sind nicht vorhanden.
Ich lese, dass die Therapie „von dem genialen Forscher und Entwickler Dr. Waldemar Diesing (1902 – 1992) entwickelt“ (4) worden ist; ich wundere mich schon, dass der geniale Entwickler das nicht genial entwickelt hat. Die Hauptbestandteile von Schlangengiften sind Enzyme und einige andere Eiweiße; Kohlenhydrate und Lipide sind kaum vorhanden. Die Wirkung von Schlangengiften ist auf die Eiweißbestandteile zurückzuführen (5); diese Bestandteile hat der geniale Entwickler jedoch aus dem „Reintoxin“ entfernt.

Psiram berichtet über die Methode sehr kritisch (6). Dort wird auch über einen Prozess berichtet. Ein Pensionär klagte um Kostenerstattung seitens der Beihilfe, „da ihm ein Arzt das C300-potenzierte Mittel (Verdünnung 1:100 hoch 300) und die Mittel Ney Tumorin und Sol 66 zur vermeintlichen Krebsbehandlung verschrieben hatte“. Das Gericht entschied gegen eine Erstattung, da die Leistung nicht beihilfefähig ist.

Schlangengift wurde auch in der Schulmedizin eingesetzt bei Phlebothrombosen etwa. Ich selbst habe Ancrod noch in den 70iger Jahren im Einsatz gesehen (7). Es ist in den 80iger Jahren vom Markt genommen worden, da bessere Alternativen entwickelt worden waren (Fibrinolyse). Als Viprinex sollte es wieder auf den Markt gebracht werden, aber man wartet bereits seit 2010 auf die Veröffentlichung einer Studie (SP-II: Ancrod Stroke Program: Ancrod (Viprinex™) for the Treatment of Acute, Ischemic Stroke).

Ich empfehle, kritisch zu hinterfragen, ob es überhaupt eine Wirkung außerhalb des Placebo-Effektes geben kann. Und: muss man das so teuer erkaufen? Außerdem haben wir darüber hinaus den Sinn in der Injektion von homöopathischen Verdünnungen in Akupunkturpunkte überhaupt noch nicht untersucht.

Zusammenfassend rate ich ab.

Links:

PS. Ich such noch nach einem schlauen lateinischen Spruch, denn „in summa ego non monere“ erscheint mir wenig elegant.

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1 comment:

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