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Thursday, August 3, 2017

Fibromyalgie und Lidocain Infusionen






Gerne werden bei Fibromyalgie und anderen chronischen Schmerzen Lidocain Infusionen eingesetzt. Wie komme ich jetzt darauf? Ich hatte natürlich wieder einmal eine Patientin, die mir berichtete, dass sie nach einer solchen Infusion mit Verdacht auf Schlaganfall in eine Klinik eingeliefert wurde, wo allerdings die Diagnose nicht gestellt werden konnte. Gott sei Dank! Aber wenn dies in einer Studie passiert wäre, ginge man von einer schweren unerwünschten Arzneimittelwirkung (SAE – severe adverse event) aus (Krankenhausaufenthalt), von der sofort (!) alle Zentren, die an der Studie beteiligt sind, informiert werden müssten. So aber wird wahrscheinlich niemand informiert worden sein.

Lidocain (z..B. Xylocain) ist ein örtlich wirksames Betäubungsmittel (Lokalanästhetikum), wirkt aber auch Antiarrhythmikum, also bei bestimmten Herzrhythmus-störungen [1]. Während Lidocain früher häufig gegen Extra-schläge des Herzens eingesetzt worden ist, hat man es später ersetzt, da es selbst Herzrhythmusstörungen aus- lösen und die Kontraktionskraft des Herzens ver- mindern kann. Weitere Nebenwirkungen sind Unruhe, Krampfanfälle, Blutdruckabfall und allergische Reaktionen [1].
Deshalb erstaunt es mich, dass es beim Fibromyalgie-syndrom eingesetzt wird. Wie sieht dazu die Studienlage aus?

M.D. Schafranski und Kollegen veröffentlichten 2009 eine Studie [2]: “ Intravenous lidocaine for fibromyalgia syndrome: an open trial.“ Die Autoren schlossen: „Intravenöse Lidocain-Infusionen sind sicher und wirksam bei der Behandlung von Fibromyalgie.“ Wut oder Lachen wären jetzt zwei angesagte Verhaltensmuster. Die Autoren untersuchten 23 Patienten, die jeweils 5 Tage mit 2%iger Lidocain-Lösung behandelt worden sind. Sie versäumten eine Kontrollgruppe mit Placebo zu etablieren. Eine Infusion hat nämlich einen tollen Placeboeffekt, egal, was in der Flasche ist. Wenn Sie die Flasche mit Alufolie umhüllen, ist z.B. der Effekt noch stärker. Also ist diese Studie überhaupt nichts wert. Die Autoren (Schafranski MD, Malucelli T, Machado F, Takeshi H, Kaiber F, Schmidt C, Harth F) sollten sich schämen.

Im Jahr 2011 haben R. Vlainich und Kollegen eine Placebo kotrollierte Studie vorgelegt [3]: „Effect of intravenous lidocaine associated with amitriptyline on pain relief and plasma serotonin, norepinephrine, and dopamine concentrations in fibromyalgia.” Eine prospektive, randomisierte, doppelblinde Vergleichsstudie wurde bei 30 Patienten durchgeführt. Die Autoren fassten zusammen: „Die kombinierte Verabreichung von 240 mg Lidocain intravenös (einmal wöchentlich) und 25 mg Amitriptylin für 4 Wochen veränderte weder Schmerzintensität noch Plasma Serotonin-, Norepinephrin- oder Dopamin-Konzentrationen bei Fibromyalgie-Patienten.“ Die Studie konnte also keinen sinnvollen Effekt nachweisen.

A.L. Albertoni Giraldes und Kollegen legten 2016 folgen Studie vor [4]: “ Effect of intravenous lidocaine combined with amitriptyline on pain intensity, clinical manifestations and the concentrations of IL-1, IL-6 and IL-8 in patients with fibromyalgia: A randomized double-blind study.” Die Autoren schlossen: “Die Kombination von 240 mg intravenösem Lidocain (einmal wöchentlich für 4 Wochen) mit 25 mg Amitriptylin für 8 Wochen hatte keine sinnvolle Wirkung bei Fibromyalgie-Patienten.“ Leider ist im Abstract die Anzahl der Patienten nicht erwähnt worden.

Ich finde keine sinnvolle Begründung für die Verabreichung von Lidocain-Infusionen bei Fibromyalgie-Patienten. Mögliche Nebenwirkungen wie Herzrhythmusstörungen, Krampfanfälle, Blutdruckabfall und allergische Reaktionen sollten unter dem Gebot, nicht zu schaden, Anlass genug sein, solche Infusionen nicht durchzuführen.

Ich rate allen Patienten, kritische Fragen zu stellen, wenn solche Infusionen mit Lidocain durchgeführt werden sollen – und Sie können das auch ablehnen!


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