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Monday, January 22, 2018

FLEXISEQ™




Ich habe eine anonyme Zuschrift bekommen, die mein Interesse geweckt hat:
„Lieber Herr Dr. Kirsch,
ich hänge mich mit meiner Frage einfach an Ihren letzten Eintrag zum Thema Arthrose an: Flexiseq, rezeptfrei im Drogeriemarkt (!) erhältlich, soll mit Nanopartikeln die "Gelenkschmiere" ersetzen. Aufmerksam wurde ich durch eine Werbeanzeige in einem der für Quack-Werbung äußerst ergiebigen kostenlosen Fernsehprogramm-Heftchen (prisma oder rtv).
Googelt man, dann wird eine Studie erwähnt:
[…]
Mich macht diese vollmundige Versprecherei mißtrauisch. Können Sie etwas zu dem Produkt und der zitierten Studie sagen?
Vielen Dank dafür, daß Sie sich mit spitzer Feder all der Wundermittelchen annehmen, die so im Umlauf sind ... „

Es gibt nicht viel, aber immerhin einige Studien (N=4).
Eine sportwissenschaftliche Studie [1] fand: „TDT 064 verbessert den mit Osteoarthritis verbundenen Schmerz und könnte für die Behandlung von Gelenkschmerzen während und nach dem Training von Interesse sein.“ Der primäre Endpunkt der Studie war der Muskelschmerz und untersucht hatte man 168 gesunde Probanden („One hundred and sixty eight healthy individuals“). Wieso bessert sich dann der Arthroseschmerz?


Zwei der Autoren waren 2013 in einem anderen Team zu einem anderen Ergebnis, aller dings bei Patienten mit Kniegelenksarthrose (N = 866) gekommen [2]: „The 100 and 50 mg ketoprofen groups, but not the 25 mg group, showed a superior reduction in the WOMAC pain score versus the TDT 064 group (100 mg: -57.4% [P = 0.0383]; 50 mg: -57.1% [P = 0.0204]; and 25 mg: -53.4% [P = 0.3616] versus TDT 064: -49.5%).” Und: “Responder rates were significantly higher for all the IDEA-033 groups versus the TDT 064 group, but were high in all groups (100 mg: 88.6%; 50 mg: 86.8%; 25 mg: 88.6%; and TDT 064: 77.5%).Die Autoen schlussfolgerten daraus eine hohe Effektivität der Therapie mit TDT 064 – dem kann ich nach Datenlage überhaupt nicht folgen.
M. Rother und P.G. Conaghan veröffentlichten eine Phase 3 Studie [3]: „IDEA-033 was inferior to drug-free gel (TDT 064) in relieving moderate OA knee pain and improving joint function.” Das geht aus den vorgelegten Daten auch hervor.
P.G. Conaghan und M. Rother waren Autoren zusammen mit anderen in der Metaanalyse [4]: „Evidence from clinical studies supports the use of TDT 064 as a drug-free topical treatment for patients with OA. Further experience with TDT 064, particularly among patients with comorbidities or NSAID contraindications, will provide more information on its potential use.” Es überrascht natürlich, wenn die Metaanalyse von den Originalautoren vorgenommen wird.

Ich bin nicht überzeugt, denn der Hersteller schreibt [5]: „. Aufgrund ihrer starken Wasseraffinität dringen sie nach Verdunsten des Gels in die Interzellularräume der Haut und die darunterliegenden Gewebeschichten ein. Auf diese Weise gelangen sie in die Synovialflüssigkeit und wirken dort als Schmiermittel an der Oberfläche der beschädigten Knorpelstrukturen, die bei Arthrosepatienten über keine natürliche Schmierung mehr verfügen.“ Schlau von dem TDT 064, dass es genau in die Tiefe geht durch alle Schichten hinweg, ohne vorher abtransportiert zu werden. Erstens müsste nachgewiesen werden, dass TDT 064 überhaupt im Gelenk ankommt. Eine vom Hersteller zitierte Studie war nicht Auffindbar (PubMed und ICOOMD 2015: 17th International Conference on Osteoporosis, Osteoarthritis and Musculoskeletal Diseases). Zweitens müsste nachgewiesen, dass überhaupt ein Film auf dem Knorpel entsteht. Zusammenfassend sehe ich hier nur eine Hypothese, die es noch gilt zu beweisen.

Also ich bleibe skeptisch. Bitte erst entsprechend untersuchen und dann vermarkten.

Links:


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1 comment:

  1. Dankeschön! Meine Mutter wird's ärgern, die sich mit ihren kaputten Knien plagt ... und auch ich werde mir das Zeug erstmal nicht auf die Heberden-, Bouchard- und Rhizarthrose-geplagten Fingerlein schmieren.

    Beste Grüße
    C. Wieser (kennt sich mit dieser Blog-Software nicht aus, daher "anonymous")

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