Die römisch-katholische Pfarrkirche St. Cäcilia in Nettersheim-Pesch wollte ich schon seit langer Zeit besuchen, nicht zuletzt, weil die Eltern meiner Schwägerin auf dem Friedhof von Pesch beerdigt worden sind und ich häufiger in Pesch vorbeikomme. Ich dachte immer, daß St. Cäcilia so wie die Kirche St. Goar in Harzheim geschlossen sei. Aber zwischen Harzheim und Pesch verläuft eine Grenze und St. Cäcilia gehört zu den Pfarreien der Gemeinschaft der Gemeinden Hl. Hermann-Josef Steinfeld [1]; und die Kirchen dieser GdG sind geöffnet [2].
Pesch hatte bereits im Jahr 1498 eine Kapelle auf dem Friedhof [3]. Diese Kapelle wurde Pfarrkirche, aber Anfang des 19. Jahrhundert wurde sie so marode, daß ein Neubau notwendig wurde, der dann an der heutigen Stelle, am Rand des Oberdorfes, fast an der Grenze zum Unterdorf erfolgte. Die alte Kapelle wurde abgerissen bis auf die Sakristei, die heute noch als Friedhofskapelle dient. Die Sakristei wurde allerdings erst 1767 an die Kirche angebaut. 1846 wurde die Kirche St. Cäcilia vom Kölner Erzbischof Dr. Paulus Melcher geweiht. In den Jahren 2005 bis 2010 mußten „die Altäre aus dem 18. Jahrhundert sowie die Kanzel, die Kommunionbänke und die Statuen“ restauriert werden. Und kurz darauf (2013-2015) muße eine umfangreiche Renovierung des Innenraumes und der Heizungsanlage durchgeführt werden.
Obwohl ich meine Ungeduld kaum zügeln kann, beschäftigen wir uns zunächst mit der Namenspatronin. Cäcilia ist historisch nicht nachweisbar, aber das ist sicherlich häufig bei Märtyrern der Fall. Auch über die zeitliche Zuordnung herrscht Ungewißheit – zwischen den Jahren 177 und 362 [4]. Die Legende hat es in sich und es lohnt, diese wenigstens auf Wikipedia zu lesen. Stoff für eine Oper mit vielen Toten und gerade der Tod der hl. Cäcilia paßt dazu. Zunächst sollte sie erstickt werden, aber das klappte nicht und dann hat der Henker dreimal versucht, sie zu enthaupten, aber das klappte auch nicht. Sie lebte noch drei Tage, das hatte sie von Gott erbeten, um noch den Rest ihres Vermögens unter den Armen zu verteilen. Sie wurde von Urban zwischen den Bischöfen beerdigt und einige Jahrhunderte später (ca. 821 oder 822) wurden ihre Reliquien mit den Reliquien weiterer Märtyrer in die ihr geweihte Kirche Santa Cecilia in Trastevere überführt. Diese Kirche existiert mit allen baulichen Änderungen heute noch [5]. Leider habe ich das 2010, als ich einige Tage in Trastevere verbrachte, nicht gewußt – sonst hätte ich mich jetzt schön verzetteln können. Ich fasse einmal vorsichtig zusammen: trotz aller möglichen Einwände ist die hl. Cäcilia eine höchst interessante Namenspatronin.
Kommen wir zurück zur Kirche St. Cäcilia in Pesch. Der Hochalter stammt aus dem 18. Jahrhundert und wahrscheinlich die Nebenaltäre und die Kanzel ebenfalls. Aber mich hatten doch wieder die Fenster mehr interessiert. Ja, sie zogen mich sofort in ihren Bann. Hätte ich vorher ein wenig im Internet recherchiert, dann hätte ich den Grund schon da gewußt. Die Glasmalereien sind von Franz Melchior [6], dessen Arbeiten mich schon in St. Antonius in Kreuzberg [7] fasziniert hatten. Ebenso gilt dies für seine Person [8]. Das „Himmlisches Jerusalem“ ist in seiner Bescheidenheit bestechend. Leider verfüge ich nicht das das entsprechende kunsthistorische Wissen, aber es würde mich schon interessieren, wie die ikonografische Entwicklung der Darstellung des himmlischen Jerusalems erfolgt ist. Ich setze hier zwei Mosaike aus Jordanien [9] hinein, damit man das einmal an Beispielen überlegen kann. Im Chor sind noch andere Glasmalereien zu sehen, deren Künstler und Herstellungsjahr unbekannt sind, aber diese haben mir ebenso gefallen. Farblich erinnern sie mich an die späten Farben eines Sonnenuntergangs. Vergleichen Sie einmal das Bild hier mit dem davor gestellt Kreuz und das Bild von der Forschungsstelle Glasmalerei des 20. Jh. e.V., das bildtechnisch so viel besser ist. Aber denkt man ohne das Kreuz auch an: „Aber von der sechsten Stunde an kam eine Finsternis über das ganze Land ...“ [10].
Ob Sie es glauben oder nicht, der Besuch einer Kirche lohnt immer, ob Sie glauben oder nicht. Der Besuch von St. Cäcilia hat mich sehr erfreut.
Links und Anmerkungen:
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/St._C%C3%A4cilia_(Pesch)
[2] Ich halte geschlossene Kirchen für einen Widerspruch. Eine lebendige Kirche ist kein Museum.
[3] https://www.gdg-steinfeld.de/die-gemeinden/pesch/st.-caecilia-pesch/
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/C%C3%A4cilia_von_Rom
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Santa_Cecilia_in_Trastevere
[6] http://www.glasmalerei-ev.net/pages/b2895/b2895.shtml
[7] https://rheumatologe.blogspot.com/2021/12/pfarrkirche-st-antonius-in-kreuzberg.html
[8] Hier zitiere ich den Abschnitt aus [7]: „Franz Melchior ist ebenfalls interessant. Es ist über das Internet nicht sehr viel heraus zu bekommen. Er wurde 1881 geboren und hat sein Geschäft Anfang der 1950er Jahre an einen Namensverwandten (Sohn?) übertragen. Er hatte sich gegen das NS-Regime, Hitler und den Krieg geäußert, was ein Metzger belauscht und zur Anzeige gebracht hatte [8a]. Schließlich wurde er 1943 von einem Sondergericht aufgrund des Heimtücke-Gesetzes – dieses Gesetz ist selbst die größte Heimtücke – zu einem Jahr und vier Monaten Haft verurteilt. Die Untersuchungshaft wurde angerechnet, aber die hatte nur neun Tage betragen. Die Haft wurde allerdings immer wieder „zur Erledigung kriegswichtiger Glaserarbeiten“ aufgeschoben, bis sich das durch Kriegsende erledigt hatte, bzw. durch die nachfolgende Amnestie.“
[8a] http://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Projekte/Widerstandskarte/franz-melchior-aeusserte-sich-gegen-das-ns-regime-und-den-krieg/DE-2086/lido/dc00020482
[9] https://rheumatologe.blogspot.com/2021/12/the-madaba-mosaic-map-in-st-george.html Die eine Darstellung ist auf der Karte von Madaba, über die ich hier bereits geschrieben habe. Die andere Darstellung stammt aus Umm ar-Rasas (UNESCO-Welterbe).
[10] Mt 27,45
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