Seiten / Pages

Thursday, March 7, 2024

Arthur Honegger Le Roi David – Assoziationen

Man sieht es nicht so gerne, wenn in der Philharmonie fotografiert wird
und die Künstler sind sakrosankt.



Eigentlich hatte ich vor zur Musik Le Roi David [1] von Arthur Honegger einige Assoziationen für die Rubrik Sammelsurium zu schreiben, aber nun ist es doch mehr geworden.

Ich hatte eine Karte in die Philharmonie Köln geschenkt bekommen, und damit fängt die Vorgeschichte schon an. Eigentlich war der Samstag geplant, denn stellte man einige Stunden vor dem Konzert fest, daß es ja Karten für Mittwoch, also gestern waren. Ich bin gestern aus der Eifel nach Köln gefahren und stellte fest, daß durch den Streik bei der KVB [2] ein erheblich höheres Verkehrsaufkommen auf den Straßen feststellbar war; schon auf der Autobahn war der Verkehr dichter, als ich es um die Uhrzeit erwartet hätte und darum hatte ich abends eben nicht wie üblich die Linie 18 der KVB von Holweide zur Philharmonie genommen. Ich fuhr mit dem Auto und war völlig überrascht, wie schnell das trotz einigermaßen starkem Verkehr ging. Dann war das Parkhaus für die Philharmonie allerdings gesperrt und ich mußte in das Parkhaus am Dom, das war aber nicht weiter schlimm, denn dadurch erlebte ich den Dom und zwar ganz anders als früher, denn er wurde viel weniger angestrahlt, als ich es in Erinnerung hatte. Trotzdem mit den heutigen Fotoapparaten kann man doch ganz anständige Bilder machen. Hier gehört eigentlich die Geschichte meiner Eltern und einem Kollegen meines Vaters hin, die kann aber unten bei den Anmerkungen [3] nachlesen, denn das wäre doch eine Abschweifung zu viel im Text, obwohl es für sich gesehen eine tolle Geschichte ist.

Nach dem Konzert - vor dem Dom

Dann gingen wir (eine ganze Gruppe) hinein und dann überlegte ich -: Honegger? Na gut, daß der Mann nicht Honecker geheißen hat. Ich kannte den Komponisten überhaupt nicht und schlug ihn erst heute in Oper Operette Konzert [4], einem Buch, das ich von meinen Eltern geerbt habe, nach. Und ehrlich gesagt, das war auch die erste Seite, die beim Aufschlagen so ganz zufällig mir vor Augen kam. Arthur Honegger lebte von 1892 bis 1955. Und ich lese in diesem  Buch: „Honeggers Name gehört zu den meistgenannten der Gegenwart, aber bis heute verbindet sich damit kein fester Stilbegriff.“ Und ich lese etwas von Jazz-Elementen, von Paul Claudel und Jean Cocteau sowie Katholizismus und Gregorianik.Aber das war erst nach meinen Assoziationen.

Arthur Honegger [5] „war ein Schweizer Komponist, der überwiegend in Frankreich gelebt hat. Er komponierte etwa 200 Werke, die ihn als bedeutenden Vertreter des Groupe des Six ausweisen. Honegger war von 1996 bis 2017 auf der Schweizer 20-Franken-Note abgebildet.“ Ich habe gerade nachgesehen, aber so eine 20 Franken-Note habe ich nicht und auch nicht die Briefmarke der BRD. Die Groupe des Six [17] war bestimmt so etwas wie die Groupe de Diefenbach.

Le Roi David, mit deutschem Titel König David, ist ein Oratorium. Vorgetragen wurde es von der Kartäuserkantorei und dem Gürzenich-Orchester Köln [6]. Meine erste Assoziation mit dem Titel war „Le Roi Ubu“ [7]. Wikipedia weiter: „Das 1896 uraufgeführte Drama wurde von Surrealisten und Dadaisten gefeiert und in zahlreiche Sprachen übersetzt.“ Ja, ich habe mich in der letzten Woche wieder mehr mit den Surrealisten beschäftigt [8] und nein, das wußte ich nicht. Das Stück wird beschrieben mit: „Ein Werk wie eine musikalische Welt- und Zeitreise, hier ein wenig barock anmutende Tradition, dort etwas kühne Harmonik, ein Hauch orientalische Exotik, eine Spur liedhafte Einfachheit, eine Prise impressionistisches Flirren, eine Messerspitze Mittelalter und ein paar stampfende Rhythmen à la Strawinsky. Philister und Israeliten marschieren auf, Fanfaren schmettern, ein Siegesfest wird gefeiert und eine Hexe beschworen. Das volle Programm also – typisch Bibel eben.“ [9]

Es wird die Geschichte von David erzählt. Welchen David kennen Sie denn noch? Wahrscheinlich den Bezwinger Goliaths [10] oder vielleicht den ekstatisch tanzenden David [11]? Den Freund Jonathans, den Mörder Urias oder den um Absalom trauernden David? Im Oratorium kam auch die Hexe von Endor vor, die für Saul den Geist des toten Samuel beschwor. Mir war die Hexe viel früher als Name eines Schiffes in einem Hornblower-Roman [12] bekannt. In den beiden Büchern Samuel kann man die Geschichte „brühwarm“ sozusagen nachlesen [13].

Bei der Weinprobe kommen einem alle möglichen Geschmacks- und besonders Geruchsassoziationen, und so ähnlich ist es auch mit der Musik. Jeder hat da seine eigenen Assoziationen. Es war bereits von einem „Hauch orientalischer Exotik, einer Spur liedhafter Einfachheit, einer Prise impressionistischen Flirrens, einer Messerspitze Mittelalter und ein paar stampfenden Rhythmen à la Strawinsky“ die Rede. Meine erste Assoziation war Suzie Wong [14], dann kam bereits Arabian Nights (1001 Nacht), was nicht verwunderlich ist, denn die Welt des Alten Testaments ist Vorläufer des „modernen“ Arabiens der Kalifenzeit und außerdem hatte ich gerade erst Arabian Nights gelesen [15]. Es folgten Star Trek (Raumschiff Enterprise) und Filmmusiken, aber auch Jazz-Elemente, wie sie etwa von Chet Baker stammen könnten. Und dann auch noch Evita [16]. Mitten im Kampfgetümmel stellten sich die Querflötistin mit einer Piccolo und der Kontrabassist dem Heer der Bläser und Pauken entgegen, es war ein ungleicher Kampf, aber was zählt, ist der Mut! Und den hatten die beiden. Den lauesten und damit den schwierigsten Job hatten die beiden Klavierspieler – die hätten leicht ihren Einsatz verpassen, was sage ich, verpatzen können. Haben aber auch sie nicht. Es gab einen lang anhaltenden Applaus, den sich die Künstler auch verdient hatten. Ich hatte einmal den WDR angeschrieben, ob man auf Konzerten, die im WDR3 wiederholt werden, nicht den Applaus wegstreichen könnte. Nein, kann man nicht; also muß ich dann abschalten. Also im Konzert sehe ich das ein und klatsche auch kräftig mit – das ist für die Künstler. Aber bei der Ton-Konserve? Das ist für den A … das ist eine andere Geschichte.

Hat es gefallen? Mir auf jeden Fall. Und Feuilleton-Kritiken liest man besser nicht.


"He arrived within sight of a palace of shining marble."
Drawing by Edmond Dulac. [15]


Links und Anmerkungen:
[1] „Le Roi David, mit deutschem Titel König David, im Untertitel Symphonischer Psalm, ist ein Oratorium des schweizerisch-französischen Komponisten Arthur Honegger nach einem Drama von René Morax.“ https://de.wikipedia.org/wiki/Le_Roi_David
[2] Die Kölner Verkehrs-Betriebe Aktiengesellschaft (KVB) betreibt als Verkehrsunternehmen den ÖPNV der Stadt Köln mit der Stadtbahn Köln und den städtischen Buslinien, sowie die Kölner Seilbahn. https://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%B6lner_Verkehrs-Betriebe  
[3] Meie Eltern haben mir diese Begebenheit erzählt: Ein Kollege meines Vaters war ein großer  Hobby-Fotograf und zwar das schon in den 1950iger Jahren. Und irgendwann gingen sie einmal mit diesem Freund abends auf der Rheinpromenade gegenüber des Kölner Doms spazieren. Der Dom war angestrahlt und damals hatte man nicht die Möglichkeit, so einfach aus der Hand heraus zu fotografieren, man mußte die Kamera einstellen. Er stellte seine Kamera mittels eines Fotoständers auf. Dann maß er mit einem Extragerät die Belichtung aus. Wahrscheinlich lag da auch ein gewisser Reiz, Belichtungszeiten zu berechnen. Und jedenfalls, als er dann fertig war und das Bild machen wollte, da wurden die Lichter des Doms abgestellt. Heutzutage hätte er dieses Problem nicht mehr,  aber damals schon.
[4] Hans Schnoor: Oper Operette Konzert. Bertelsmann, Gütersloh 1963.
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Arthur_Honegger
[6] Genauer:  „Arthur Honegger: Le Roi David. Symphonischer Psalm in drei Teilen nach dem Drama von René Morax für Sopran, Alt, Tenor, Erzähler, gemischten Chor und Orchester. Veranstalter: Kartäuserkantorei Köln in Kooperation mit Gürzenich-Orchester Köln und Netzwerk Kölner Chöre.“ Dirigent: Paul Krämer. https://www.koelner-philharmonie.de/de/programm/koniglich-chorkonzert/2894
[7] „König Ubu (französischer Titel: Ubu roi) ist ein Theaterstück des französischen Schriftstellers Alfred Jarry (1873–1907).“  https://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%B6nig_Ubu  
[8] Draußen nur Kännchen [8a], darin: Das verpackte Kännchen - eine Hommage an Man Ray. Eine Verpackung von Man Ray [8b] mit dem Titel: Das Rätsel des Isidore Ducasse von 1920 ist in dem Buch Surrealismus in Paris auf S. 199 [8c] zu finden.
[8a] https://rheumatologe.blogspot.com/2024/03/drauen-nur-kannchen.html  
[8b] Man Ray (1890-1976): "Man Ray zählt zu den bedeutenden Künstlern des Dadaismus und Surrealismus, ..." https://de.wikipedia.org/wiki/Man_Ray  Lesenswert!
[8c]Karlheinz Barck (Hrsg.): Surrealismus in Paris 1919 - 1939. Ein Lesebuch. Reclam, Leipzig 1986.
[9] https://www.guerzenich-orchester.de/de/programm/koniglich/1086
[10] David und Goliath https://www.bibleserver.com/LUT/1.Samuel17 (Also ich nehme dem Goliath nicht sein H weg.)
[11] "Und David und ganz Israel tanzten vor dem HERRN her mit aller Macht im Reigen ..." https://www.bibleserver.com/LUT/2.Samuel6  2 Sam 6,5
Chaitanya Mahaprabhu (1486-1533) war in Indien für sein ekstatische Hingabe an Krishna bekannt. https://de.wikipedia.org/wiki/Chaitanya
[12] Die Witch of Endor ist ein Kutter, der von Horatio Hornblower im Roman "Unter wehender Flagge" zur Flucht aus Frankreich benutzt wird. https://hms-lydia.de/index.php/Witch_of_Endor_(Schiff)  
Cecil S. Forester: Unter wehender Flagge (Originaltitel: Flying Colours). In: Horatio Hornblower - Der Kapitän. Wolfgang Krüger Verlag, Hamburg 1964.
[13] Das liest man am besten in der Hausbibel und nicht am Computer nach. Ziemlich vorne im Alten Testament, vor den Büchern der Könige und den Chroniken steh die beiden Bücher Samuel.
[14] Die Welt der Suzie Wong (Originaltitel: The World of Suzie Wong) ist ein Spielfilm aus dem Jahr 1960, der in Hongkong spielt.
[15] Stories from the Arabian Nights. Retold by Laurence Housman. With drawings by Edmund Dulac. Hodder and Stoughton, New York, London 1921. Die Erstausgabe von 1907 wird übrigens für etwa 1200 € angeboten. Das letzte Bild stammt aus dem Buch.
[16] Vielleicht, weil ich das Grab besucht habe, vielleicht wegen des Filmes. Aber die Musik, die ich assoziierte, stammt aus dem Musical Evita von Andrew Lloyd Webber und Tim Rice. Noch abwegiger/abschweifender: Evita ist der Name eines Beatmungsgeräts.
[17] Ich stehe zu meiner Blödelei, aber beim Korrekturlesen dachte ich, ein bißchen mehr dürfte es an Information schon sein: „Die Groupe des Six oder kurz Les Six war ein loser Zusammenschluss von sechs französischen Komponisten (fünf Männern und einer Frau).“  Und: „Die Gruppe als produktive Einheit hatte nur die ersten der 1920er Jahre Bestand, danach verfolgte jeder Komponist seine eigene Entwicklung und übrig blieb eine Art Freundeskreis.“ Na also!
https://de.wikipedia.org/wiki/Groupe_des_Six

.

No comments:

Post a Comment