Ich habe wieder einmal ein für mich neues Buch über Tee gefunden, aber darüber will ich jetzt überhaupt nicht berichten. Beim einfachen Durchblättern blieb ich an verschiedenen Stellen hängen, las ein wenig, blätterte weiter und kam an eine Stelle, an der über den Einfluß von Wasser auf den Teegeschmack gesprochen wurde. Man solle abgekochtes Wasser nicht erneut aufkochen und weiter verwenden. Als Begründung wurde genannt, frisches Wasser enthalte mehr Sauerstoff und der wäre verantwortlich, daß guter Tee seine geschmacklichen Qualitäten optimal entfalten könne [1]. Dem möchte ich hier einmal nachgehen.
Ich habe bereits mehrfach über Teewasser geschrieben, einmal mehr über wissenschaftliche und praktische Aspekte [2] und das andere Mal eher über literarische Aspekte [3]; wie zum Beispiel jemand in dem Roman „Der Traum der roten Kammer“ geschmacklich herausfindet, was für ein Wasser benutzt worden ist. Ich hatte mich damals schon mit Aussagen beschäftigt, die über den pH-Wert geschmackliche Unterschiede wahrnehmen wollten.
Dessen ungeachtet kommen wir nun zu einer neuen Aussage, daß der Tee sich geschmacklich verändert, wenn man das Wasser im Wasserkocher oder -kessel nicht nach Benutzung wegkippt, sondern immer wieder benutzt, bis es eben verbraucht ist. Diesen Teil der Aussage kann ich nachvollziehen, man könnte ein ästhetisches Problem als Hintergrund annehmen, allerdings wird die Aussage von den Autoren so ergänzt, daß der Sauerstoffgehalt dafür verantwortlich ist.
Bei längerem Stehenlassen des Wassers im Wasserkocher oder -kessel beziehungsweise dem mehrfachen Aufkochen, können sich aus dem Edelstahl zum Beispiel Nickel oder andere toxische Substanzen lösen [4], was z.B. bei entsprechenden Personen zu allergischen Reaktionen führen kann. Ich hatte mir kürzlich einen neuen Wasserkocher gekauft und trotz mehrfachem Abkochen von Wasser, Auswaschen mit Geschirrspülmittel und nochmaligem Abkochen blieb ein Beigeschmack des Wassers, so daß ich es bei meinem alten Wasserkocher belassen habe.
Eine weitere Überlegung in diesem Zusammenhang ist, daß sich Keime vermehren könnten. Also in abgekochtem Wasser sollen sich Keime vermehren? Eher nicht. Und wenn, würden sie beim nächsten abkochen abgetötet. Aber wir sind bereits so weit, daß wir das nicht tun wollen, sondern das Wasser, das nicht sofort gebraucht wird, wegschütten.
Wie ist es nun mit dem Sauerstoff? Der Sauerstoffgehalt von Wasser ist natürlich temperaturabhängig und liegt bei 0° C bei 14,6 mg/l und sinkt bei 20° C auf 9,1 mg/l [5]. Bei kochendem Wasser sind noch etwa 3 mg/l vorhanden. Bei der geringen Menge kann ich mir kaum vorstellen, daß der Sauerstoff überhaupt einen Einfluß auf den Teegeschmack haben kann, und andererseits, daß sich mehrere Aufbrühvorgänge in nennenswerten Änderungen des Geschmacks über den Sauerstoffgehalt erklären ließen [6]. Sprechen wir einmal über Mengen. In einem Liter Wasser sind 3 mg Sauerstoff oder noch weniger enthalten. Ein Liter Luft entält jedoch 300 mg Sauerstoff. Die Oxidierung ist bei fast allen Teesorten abgeschlossen. Allerdings kann man beim aufgebrühten Tee noch eine Oxidation im Laufe der Zeit feststellen. Man kann folgendes Experiment machen: einen Rest von grünem Tee über Nacht stehen lassen und mit frisch gebrühtem Tee am nächsten Tag vergleichen. Dann kann man sehen, daß er sich farblich ändert. Es passiert, was bei der Herstellung von Schwarztee genutzt wird, denn dabei werden Catechine oxidiert und Flavonole in Bisflavonole umgesetzt. Aber bis das geschehen ist, hat man den Tee schon getrunken.
Zusammenfassend ist der Hinweis, nur sauberes und zusatzfreies Teewasser zu benutzen, dieses nur einmal zu verwenden und nicht Wasser aus Wasserkocher oder -kessel erneut aufzukochen, völlig korrekt. Aber das mit dem Sauerstoff stimmt so nicht.
Links und Anmerkungen:
[1] Louise Cheadle und Nick Kilby: TEE: Sorten, Anbau, Geschichte, Zubereitung, Rezepte und vieles mehr. Prestel Verlag, München London New York 2017. ISBN: 978-3791383163. S.148.
[2] Tee und das richtige Wasser
https://rheumatologe.blogspot.com/2021/09/tee-und-das-richtige-wasser.html
[3]Teewasser im Roman Der Traum der roten Kammer
https://rheumatologe.blogspot.com/2021/09/teewasser-im-roman-der-traum-der-roten.html
[4] https://www.geo.de/wissen/15676-rtkl-endlich-verstehen-darum-soll-man-wasser-im-wasserkocher-nicht-zweimal-aufkochen
[5] https://www.wasser.sachsen.de/sauerstoffgehalt-19950.html
[6] Hier sind noch Ausführungen dazu: https://www.reddit.com/r/askscience/comments/12lz2q/about_boiling_away_oxygen_from_water_when_boiling/?tl=de&rdt=61375
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