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Saturday, March 2, 2024

Das WinzHaus – „Eine Hütte zum Glück“

 




Kapitel 9 – „Eine Hütte zum Glück“

„Eine Hütte zum Glück“ ist der Titel eines Buches, daß ich einmal geschenkt bekommen habe. Ich weiß gar nicht mehr, wer es mir geschenkt hat, aber recht herzlichen Dank dafür. Ich habe das Buch vor einigen Jahren gelesen und jetzt hatte ich es wieder in den Händen und werde über dieses Buch schreiben, so daß dieses Kapitel von Das WinzHaus auch eine Buchbesprechung ist. Das Buch haben Ingrid Schindler und Winfried Heinze geschrieben und gestaltet [2].   

Auf der Rückseite des Buches lesen wir: „Berghütten und Almen sind Sehnsuchtsorte. Hier findet der Mensch gewaltige und gleichzeitig wunderbar schöne Natur, in der er sich erholen kann. Dieses Buch stellt ganz private, einfache und auch moderne Hütten vor, deren Besitzer sich dauerhaft oder für eine kurze Auszeit aus dem Alltag dorthin zurückziehen.“ Wir gehen diesem Text nach, aber ich werde hier nicht 19 Porträts referieren, denn alle haben sie nicht mit dem Thema WinzHaus zu tun, aber vom Prinzip des Rückzugs in die Natur und einzelnen Beispielen sehr wohl. Der Begriff Hütte ist im Buch sehr weit gefaßt; wahrscheinlich ist das WinzHaus ebenso ein sehr umfassender Begriff.


Seit etwa 20 Jahren fahre ich regelmäßig im Winter für ein bis zwei Wochen in den Schweizer Jura und besuche Freunde dort. Dies hatte sich entwickelt, weil wir früher gemeinsame Reisen dort organisiert haben. Einen Tag waren wir in den Bergen mit Schneeschuhen unterwegs und den nächsten Tag haben wir an unserer nächsten Reise getüftelt. Bei den Schneewanderungen habe ich auch einsame Gehöfte gesehen und besucht; die konnte man im Winter nur mit Schneeschuhen oder Langlauf Skiern erreichen. Wenn der Schnee so hoch lag, war normales Wandern oder auch Hinfahren mit dem Auto nicht mehr  möglich. Diese Höfe stehen Im Winter leer. Die Tiere sind ins Tal getrieben worden. Und oben steht einsam der Berghof. Darüber hinaus wird man viele  Steinhäuschen, vielleicht mit Schindeln gedeckt, finden. Manchmal stehen auch einsam und versteckt Scheunen oder andere Bretterbuden. Und an solchen Orten in den Alpen erfüllen sich Menschen ihren Wunsch nach Einsamkeit.    
   
Und zur Zeit das Buch Meer Bergbauernhöfe. Als WinzHäuser allerdings sind auch einige Hütten von bescheidenem Ausmaß mit dabei. Sie alle verbindet eine grandiose Landschaft und sie sind ist im Buch grandios fotografiert.  
 
Manchmal dachte ich allerdings beim Durchblättern des Buches mehr an einen Tourismus-Katalog für Hotellerie, B&B oder Restauration, wie es dargestellt ist, weiß man direkt, daß es dort teuer sein muß, denn Preise werden nicht genannt. Was wäre ein besseres Indiz, daß man im High-end-Tourismus gelandet ist?! Allerdings handelt es sich um einen Tourismus mit extrem individuellem Charakter. Menschen, die einen Rückzug vom Alltagstrott und -stress suchen, werden hier etwas finden. Ich nenne es einmal forsch: gehobenes Wander-Milieu.

Außerdem zeigt das Buch modernes Natur-Design. Innen will man auf die Errungenschaften der Moderne nicht verzichten, während es außen urig-traditionell sein darf. Die gezeigten Lösungen verbinden organisch Tradition und Moderne. Teilweise rettet sich die bäuerliche Atmosphäre in das Innere. Da dürfen auch Holztische mit rauer Oberfläche stehen. Hier haben sich Menschen Träume erfüllt, aus der Vision einen Plan erstellt und teilweise in jahrelanger Arbeit Wirklichkeit werden lassen.
   
Wenn dann aber Waren mit dem Hubschrauber (S. 8) gebracht werden müssen, dann will ich aufschreien: „Aber ehrlich?! Muß das denn sein?“ Aber ehrlich ist es schon, wenn man dazu steht. Und wahrscheinlich bliebe mir auch nichts anderes übrig.

Peter Zumthor ist ein bekannter Architekt und im Wikipedia-Artikel [3] über ihn werden u.a. die Therme Vals in Graubünden, das Kolumba Museum in Köln und die Feldkapelle Bruder Klaus in Wachendorf erwähnt. Die Feldkapelle Bruder Klaus liegt nicht weit von meinem Wohnort entfernt und ich habe sie auch schon mehrfach besucht und erwähnt [4] und mit Bild gezeigt. Bei dem Projekt in Vals [7] hat er sich in die Landschaft dermaßen verliebt, daß er dort Land gekauft hat und seine Ideen zum WinzHaus umgesetzt hat. Es handelt sich um kleine Gebäude, aber sie zeigen mit riesigen Fenstern die Landschaft auch bei Regen. In einem der Bilder im Buch sieht man aus einem Wohnbereich hinaus auf ein Stein bedecktes Häuschen. 300 m oberhalb des Dorfes Vals enstanden  in einem Weiler die Leiserhäuser, in die sich Peter Zumthor und seine Familie zurückziehen. Er besucht den Ort sechs- bis achtmal im Jahr und wird zitiert: „..., und hier die Natur mit ihrer Ruhe, Kraft und Konzentration.“ Ich kann gut nachvollziehen, daß dies ein Ort für Inspiration ist.

Unter dem Titel „A Family Affair“ (S. 20ff.) [8] wird über ein umgebautes Mazot im Wallis berichtet. Le mazot ist die französische Bezeichnung für Hütte, Almhütte und ein solche wurde dort umgebaut. Das kommt schon dem WinzHaus recht nahe.

„Immer dem Bach nach“ (S. 150ff.) erzählt die Geschichte von Marietta Kobalds, deren Vater die Hütte in die Einsamkeit als Ferienhaus gebaut hatte. Sie dichtet in der Mundart. Das Holzhaus ist  etwas größer, geht aber als Hütte problemlos durch. Die Hütte liegt einsam in den Heubergen. „Ich gehe auf die Hütte hinauf, um runterzukommen,“ liegt genau auf meiner Linie.
    
Brunos Refugium (S.186/187) auf 1.850 m Höhe in der Einsamkeit kommt meinem Ideal am nächsten. Es heißt im Text zum Bild: „Der Bergwald setzt sich hier aus Fichten, Lärchen, Bergföhren und Zirben zusammen.“ Die Zirbe oder Zirbelkiefer kommt in den Zentralalpen über 1.600 m vor [5]. Mit oder ohne Zirben lohnt eine Wanderung in der Gegend.


Das Baumhaus (S. 204) ist mehr ein Bett auf einem Jägerhochsitz. Hier kann man schlafen und im Morgengrauen in den Wald schauen, wie er erwacht. Oder man legt sich mit einem Buch bei Regen dort aufs Bett und läßt sich vom Dampf im Wald überraschen, wenn die Sonne wieder hervorkommt. Eine phantastische Idee!
    
Nähern wir uns der Buchbesprechung [6]. Lohnt sich das Buch? Ich meine: auf jeden Fall. Man kann viele Anregungen finden und vielleicht gelingt es einem nach der Lektüre, Klarheit darüber zu bekommen, ob man ein ähnliches Projekt angehen will, wenn nicht in den Alpen, wieso nicht in der Eifel, dem Hunsrück oder einem anderen Mittelgebirge? Es gibt genügend einsame Stellen, wenn man sich auf die Suche macht. Ein Caveat gibt es jedoch – man kann nicht einfach Häuschen in die Landschaft setzen.
    
Für das WinzHaus haben sich bei der erneuten Lektüre doch mehr Gesichtspunkte ergeben, als ich zunächst („Katalog“) erhofft hatte. Anders als meine Brüder interessiert mich mehr die Funktion als das Design, aber schön aussehen darf es trotzdem.



Links und Anmerkungen:
[1] Hinweise auf das Projekt finden sich in der Einleitung: https://rheumatologe.blogspot.com/2024/01/das-winzhaus-einleitung.html
[2] Ingrid Schindler und Winfried Heinze: Eine Hütte zum Glück: Die schönsten Hideaways in den Bergen. Knesebeck, München 2017.  ISBN: 9783868739299.
[3] Peter Zumthor wurde 1943 in Basel geboren. https://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Zumthor   
[4] Schon bei: Das WinzHaus – Rückzugsorte https://rheumatologe.blogspot.com/2024/01/das-winzhaus-ruckzugsorte.html und bereits 2012 in: Auferstehungskirche (Köln-Buchforst)  https://rheumatologe.blogspot.com/2012/12/auferstehungskirche-koln-buchforst.html
[5] Das lassen Sie sich am besten vom Alpenverein erklären: https://www.alpenverein.de/artikel/die-zirbe_0e8c97de-5e32-48a1-b8cc-dac9e0d1689d  
[6] Ich habe auch den Online-Artikel von Julia Stanek „Aufgemotzte Alpenhütten Einsames Glück“ und hoffe, daß ich nichts unbewußt übernommen habe: https://www.spiegel.de/reise/europa/eine-huette-zum-glueck-aufgemotzte-berghuetten-in-den-alpen-a-1144954.html
[7] Ja, erst bei Korrekturlesen fiel mir auf, daß Vals Spanisch für Walzer ist und das gar nichts mit dem Thema zu tun hat, denn Vals kommt aus dem Italienischen Valles, einerseits der italienische Name des südtiroler Ortes und andererseits der Plural von valle – Tal. Und Vals kommt in dem Lied El último vals der Gruppe La Oreja de Van Gogh vor.
[8] Auch erst im Nachgang erinnerte ich mich an den R&B-Song von Mary J. Blige Family Affair aus dem Jahr 2001. https://de.wikipedia.org/wiki/Family_Affair_(Lied). Der Text zeigt aber, obwohl die Assoziation wahrscheinlich gewollt ist, sie uns aber überhaupt nicht weiter führt. https://genius.com/Mary-j-blige-family-affair-lyrics


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