Der Karfreitag hat das Leiden und die Kreuzigung von Jesus Christus zum Thema. Er ist für evangelische Christen einer der höchsten Feiertage, streng genommen der höchste Feiertag [1].
Ich möchte mit ein wenig Abschweifung beginnen. Ich erzählte einmal im Familienkreis von dem Koan: „Höre das Klatschen der einen Hand!“ Koans (公案) werden im Zen-Buddhismus genutzt, aber dabei geht es um die Auseinandersetzung zusammen mit einem Lehrer. Mein Vater, damals schon dement, sagte: „Da hört man nichts.“ Das ist eine völlig legitime Antwort und sie paßt zum Karfreitag: so soll Stille sein. Die Stille des Karfreitags.
Glaubensbekenntnis heißt es: „Gekreuzigt, gestorben und begraben“. Eine schlichte Beschreibung der Ungeheuerlichkeit, auf die sich diese Zeile bezieht.
„Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Die unendliche Verlassenheit am Kreuz, ein Wort voller Zweifel, so wie es menschlich ist. Hätte er denn nicht gehen können? Nein, auch Sokrates ist nicht gegangen. Er hätte sich dem Schierlingsbecher entziehen können. Und Jesus Christus hätte sich nach Galiläa zurückziehen können. Mir kommt die Geschichte „Die Einsamkeit des Langstreckenläufers“ [2] von Alan Sillitoe in Erinnerung. Der Protagonist zieht „die Rolle des Außenseiters einem Verlust an Freiheit vor“. Jesus Christus aber behält die Rolle des Außenseiters und nimmt den Verlust an Freiheit hin, denn er übergibt diese der Welt. Gott mußte sterben in seiner Schöpfung und natürlich auferstehen. Mit dem Zerreißen des Vorhangs im Tempel war das Allerheiligste zugänglich.
Der Wochenspruch lautet: „Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“ [3]
Vor zwei Jahren berichtete ich noch über die Altarentkleidung [4] und jetzt stand der Altar inklusive des Altargestecks noch voll? Das hat seinen guten Grund, denn Altarentkleidung erfolgte nach dem Gottesdienst, in dem noch Abendmahl gefeiert wurde. In der Liturgie wurde jedoch durch das Ausblasen der Altarkerzen ein Zeichen gesetzt. Es war ein emotional aufgeladener Moment. In der Pauluskirche wurde nachmittags ein weiterer Gottesdienst zur Sterbestunde von Jesus Christus gefeiert.
Aus dem Johannesevangelium hörten wir den Abschnitt über „Jesu Kreuzigung und Tod“, die man einfach selber lesen muss [5]. Ich las über eine Herleitung des Wortes Golgatha oder Golgota vom hebräischen Wort galal, das wälzen oder abrollen bedeutet; daher käme auch unser Köpfe rollen lassen. Ich meine aber, daß die Erklärung, die in Wikipedia genannt wird, schlüssiger ist, denn dort heißt es, daß „für Golgota die etymologische Bedeutung Schädelhöhe von aramäisch gûlgaltâ, welches dem hebräischen gulgulet vorausgeht, angenommen“ wird [6].
Was nach dem Tod von Jesus Christus geschieht, beschreibt Lukas so: „Und es war schon um die sechste Stunde, und es kam eine Finsternis über das ganze Land bis zur neunten Stunde, und die Sonne verlor ihren Schein, und der Vorhang des Tempels riss mitten entzwei.“ [7] Aber „so wäre auch Finsternis nicht finster bei dir, und die Nacht leuchtete wie der Tag. Finsternis ist wie das Licht.“ [8]
Inspiriert vom täglichen Blumenstrauß
auf einem Fahrrad von Ai Weiwei (艾未未).
Links und Anmerkungen:
[1] https://www.kirchenjahr-evangelisch.de/article.php#1307
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Einsamkeit_des_Langstreckenl%C3%A4ufers_(Erz%C3%A4hlung)
[3] Joh 3,16
[4] https://rheumatologe.blogspot.com/2022/04/altargesteck-am-15042022-karfreitag.html
[5] https://www.bibleserver.com/LUT/Johannes19 Joh 19,16–30
[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Golgota
[7] https://www.bibleserver.com/LUT/Lukas23 Lk 23,44.45
[8] https://www.bibleserver.com/LUT/Psalm139,12 Ps139,12
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