Thursday, July 16, 2015

Inflectra


Ich lese gerade das Werbematerial zu Inflectra. Auch wenn ich mich bereits gegen den Einsatz von Biosimilars vor einem Nachweis zusätzlichen Nutzens (Preis z.B. unter den Rabatten des Originalherstellers) ausgesprochen hatte, ich informiere mich natürlich weiter. Auch und gerade zu Material der Pharmaindustrie.

Der Titel des Interviews ist: „Die Zulassung eines ersten Anti-TNF-α-Biosimilars eröffnet eine neue Ära der Therapie für Ärzte und Patienten.“ Das ist einigermaßen großspurig für ein Präparat, dass den Nachbau eines bereits vorhandenen monoklonalen Antikörper darstellt. Oder hat der Generikum-Hersteller xyz seine Acetysalizylsäure (Original Aspirin) als Anbruch einer neuen Ära der Therapie angepriesen?

Zur Infusion von Infliximab bei ankylosierender Spondylitis lese ich in einem Interview: „Ein schneller Effekt wird oft von den Patienten berichtet, obwohl subkutan applizierbare Präparate nicht viel schlechter wirken – man könnte beinahe sagen, dass es sich zum Teil um einen „Lazarus-Effekt“ handelt.“ Was wollen uns diese Worte sagen? Denn als Lazarus-Effekt bezeichnen wir das Wiederauffinden von Tierarten, die als ausgestorben galten. Als Lazarus-Phänomen bezeichnet man in der Medizin scheinbare Lebenszeichen von hirntoten Patienten. International bezeichnet man damit auch das Wiedereinsetzen der Kreislauffunktion von für tot erklärten Menschen. Auch der Film „The Lazarus Effect“ hilft uns nicht weiter, denn dort werden die Toten mittels eines Serums – bestimmt nicht Inflectra! – ins Reich der Lebenden zurückgeholt.
Ich weiß wirklich nicht, was mir der Lazarus-Effekt in diesem Zusammenhang sagen soll.

Im weiteren Text wird darauf hingewiesen, dass es Verläufe mit Infliximab über 10 Jahre bei Patienten gibt. Das ist richtig für das Original, stimmt aber nicht für die Kopie.

Man meint, mehr Pat. mit einem preiswerteren Präparat behandeln zu können. Dass wir eine Reduktion der Preise erhoffen, ist verständlich, aber bislang hat dies noch nicht in dem Ausmaß stattgefunden, dass es zu Änderungen von Leitlinien und Empfehlungen gekommen wäre. Wieso aber mehr Patienten? Das ist Marketing-Gezwitscher; wir haben in der Rheumatologie bislang keinem Patienten, der ein Biologikum benötigt, dieses aus wirtschaftlichen Gründen versagt. Vielmehr ist man in Deutschland sehr Leitlinien konform vorgegangen, was zur Folge hatte, dass wir weniger Hochpreismedikamente einsetzen als der europäische Durchschnitt.

Mich hat das Werbematerial zu Inflectra nicht überzeugt, es sofort einzusetzen, sondern weiterhin kritisch zu bleiben.


Links:
Infliximab – Biosimilars (Deutsch) http://rheumatologe.blogspot.de/2015/02/infliximab-biosimilars.html
Biosimilars are not a revolution (Englisch) http://rheumatologe.blogspot.de/2015/07/biosimilars-are-not-revolution.html



22.07.2015
Noch ein Zusatz, da ich noch eine interessante Notiz gefunden habe. Inflectra und Remsina sind bioidentisch, dürfen aber auch nicht vom Apotheker ausgetauscht werden, "denn welche Biologika in der Apotheke substituiert werden dürfen, ist in § 4 Abs. 1 des Rahmenvertrags zur Arzneimittelversorgung nach § 129 Abs. 2 SGB geregelt. Die untereinander wirkstoffgleichen und damit substituierbaren Biologika sind in Anlage 1 des Apothekenrahmenvertrages aufgeführt." (Siehe Link)


Link: 
http://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/pharmazie/news/2015/02/26/inflectraR-und-remsimaR-sind-identisch-aber-nicht-austauschbar/15155.html 


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