Wednesday, December 5, 2012

Gicht und Hyperurikämie


Hyperurikämie nennt man die erhöhte Harnsäurekonzentration im Blut. Die Hyperurikämie ist nicht gleichzusetzen mit Gicht, aber sie verursacht sie. Eine Hyperurikämie entsteht durch Überproduktion von Harnsäure oder einer verminderter Ausscheidung durch die Nieren; die Mehrzahl ist aber auf eine verminderte Ausscheidung zurückzuführen. Von einer erhöhten Harnsäurekonzentration spricht man bei Werten von über 6 mg/dl, wobei ich der Meinung bin, dass dieser Wert viel zu hoch angesetzt ist. Diuretika, insbesondere Thiazide, erhöhen die Harnsäure im Blut. Bei hohen Harnsäurekonzentrationen lagern sich Harnsäurekristalle im Gewebe ab, z.B. Gelenken, im Weichteilgewebe oder lebenswichtigen Organen. In Gelenken lösen diese Kristalle sehr schmerzhafte Entzündungsreaktionen aus (Arthritis / Gichtanfall), im Weichteil tauchen sie als Tophi auf und in Organen führen sie zur Uratnephropathie (Nierenschädigung). Risikofaktoren für die Gicht sind genetische Faktoren, Bluthochdruck. Fettleibigkeit und Insulinresistenz. Die Gicht tritt häufiger bei Männern auf. Die Prävalenz der Gichtarthritis beträgt in Deutschland um 1,4 % und liegt damit höher als die rheumatoide Arthritis.

Die Behandlung der erhöhten Harnsäure, d.h. ohne Gichtanfall, ist umstritten, aber es könnte sein, dass im Rahmen von Risikominimierung eine Behandlung sinnvoll ist (Arthrose, Herzinfarkt, Niereninsuffizienz).

Bei einem Gichtanfall ist eine Akutbehandlung, aber auch eine Dauerbehandlung notwendig. Die Akutbehandlung erfolgt mit NSAR (nicht-steroidale Antirheumatika wie Diclofenac oder Ibuprofen), Colchicin und/oder Kortikosteroiden (z. B. Prednisonolon); es werden gleichzeitig Entzündung und Schmerzen behandelt.

Bei der Dauerbehandlung wird der Serum-Harnsäurespiegel unter 5 bis 6 mg/l höchstens angestrebt, denn dadurch werden Harnsäureablagerungen im Gewebe verhindert und sogar rückgängig gemacht. Es sollen überdies zukünftige Gichtanfälle verhindert werden. Dafür stehen Urikostatika zur Verfügung. Diese arbeiten nach dem Prinzip der Xanthinoxidase-Hemmung. Purine werden durch das Enzym Xanthinoxidase über Xanthin und Hypoxanthin zur Harnsäure abgebaut; Link: http://de.wikipedia.org/wiki/Harns%C3%A4ure. Das etablierte Medikament zur Xanthinoxidase-Hemmung ist das Allopurinol, aber es steht noch ein neuerer Wirkstoff, nämlich Febuxostat, zur Verfügung. Falls diese nicht ausreichen oder wegen Nebenwirkung oder Begleiterkrankungen nicht möglich sind, können Urikosurika, wie zum Beispiel Benzbromaron, eingesetzt werden (sie bewirken eine bessere Ausscheidung von Harnsäure). Da Harnsäure das Endprodukt des Purinstoffwechselsist, können auch diätetische Maßnahmen eingesetzt werden; man kann in der Ernährung die Zufuhr von Purinen beschränken. Für Patienten, die nicht mit Urikostatika oder Urikousika behandelbar sind, gibt es kaum Alternativen; z. B. ist die Pegloticase in Deutschland nicht zugelassen.

Was löst aber Gichtanfälle aus? Meistens steckt ein plötzlicher Anstieg des Harnsäurespiegels dahinter. Aber auch durch das genaue Gegenteil, nämlich einen raschen Abfall des Harnsäurespiegels, kann ein Gichtanfall ausgelöst werden. Als Erstmanifestation einer Gichterkrankung ist die sehr schmerzhafte Gelenkentzündung (Arthritis) des Großzehengrundgelenkes (Podagra) häufig zu sehen.

Was kann man tun? Nun, es können die Lebensgewohnheiten geändert werden. Die harnsäuresenkende Therapie muss auch lange genug, unter Umständen unter Schutz von NSAR durchgeführt werden. Nicht nur die purinreiche Kost (z.B. Innereien und Meeresfrüchte) sollte reduziert werden, sondern auch der Genuss von fruktosehaltigen Getränken (also Colagetränke und Limonaden), sollte eingeschränkt werden; Fruktose vermindert die Harnsäureausscheidung. Wichtig ist die Einschränkung des Alkoholkonsums, insbesondere von hochprozentigen Alkoholika und natürlich Bier, das man wegen seines hohen Puringehaltes meiden sollte. Eine Reduktion von Übergewicht ist sinnvoll, aber Vorsicht! Durch eine zu schnelle Gewichtsabnahme kann ein Gichtanfall ausgelöst werden.

Hier steht mehr über Gicht:
http://rheumatologe.blogspot.de/2012/04/ein-streifzug-in-die-welt-der-gicht.html
und auch noch hier:
http://rheumatologe.blogspot.de/2012/05/einige-ideen-zur-gicht.html
und natürlich in meinem Vortrag über Gicht vom 16.10.2012:
http://rheumatologe.blogspot.de/2012/10/vortrag-gicht-und-hyperurikamie.html


4 comments:

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    1. Der Kommentar enthielt leider eine Sprungmarke. Ist unten aber ohne Sprungmarke aufgeführt. Mir ist übrigens unklar, wie diese Sprungmarke im normalen Text für die Redaktion unterdrückt wird.

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  2. Michaela has left a new comment on your post "Gicht und Hyperurikämie":

    Hallo ein schöner Artikel über die Gicht, wie ich finde. Für die Betroffenen sind sie sicher ein Segen. Ich kenne jedoch Betroffene, die lieber Tabletten nehmen, als ihre Essgewohnheiten umzustellen.

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