Ich lese gerade einen Artikel,
der mir zugeschickt wurde: „Ernährungstipps:
So können Ärzte Vegetarier und Veganer beraten“. Prof. Dr. Jörg-Dieter
Schulzke berät in diesem Artikel. „Weitgehend sicher sei jedoch, dass es bei
einer absolut pflanzlichen (veganen) Ernährung ohne Substitution bestimmter
Mikronährstoffe mittel- bis langfristig zu teilweise gravierenden Mangelerscheinungen
komme.“ Stimmt das wirklich so? Wahrscheinlich nur für Vitamin B12. Allerdings
muss bei veganer Ernährungsform umsichtiger als bei anderen Ernährungsformen
ausgewählt werden.
Vitamin B12
Vitamin B12 ist ein Vitamin, das
von Mikroorganismen wie Bakterien produziert wird. Vielfach wird es im Dickdarm
produziert und kann dort nicht aufgenommen werden, sondern wird ausgeschieden.
In früheren Zeiten war die natürliche Verunreinigung von Wasser eine Quelle für
Vitamin B12, allerdings auch eine Quelle für Cholera und andere Infektionserkrankungen.
In Fleisch und tierischen Produkten ist genügend Vitamin B12 vorhanden. Nur bei
der veganen Kostform muss es zugefügt werden. Es gibt angereicherte
Nahrungsmittel oder aber man nimmt das Vitamin als Tablette.
Vitamin D3
Cholecalciferol oder Vitamin D3
ist nicht nur für Veganer von Bedeutung. Deutschland liegt so hoch im Norden,
dass im Winter die Sonne zu tief steht und deshalb die notwendigen sehr
kurzwelligen UV-Strahlen nicht durch die Atmosphäre gelangen. Paradox, aber man
kann auch im Winter Farbe im Gesicht durch die UV-Strahlung bekommen, die
durchkommt, aber diese führt nicht zur Produktion von Vitamin D3. In den USA
werden Milch und milchartige Produkte wie Soja- oder Reismilch mit Vitamin D2
angereichert. Hier bei uns ist das nicht üblich. Deshalb gilt generell (egal ob
sich omnivor, vegetarisch oder vegan ernährt wird), für eine Zufuhr von außen
zu sorgen.
Eisen
Frauen haben häufiger als Männer
Eisenmangel bzw. einen niedrigeren Eisenspiegel bzw. Eisenspeicher. Das ist
vielleicht auch der Grund für die etwas längere Lebensspanne von Frauen
gegenüber Männern. Über 90% der Veganer haben keinen Eisenmangel. Man kann als
Veganer auch dafür sorgen, dass genügend Eisen aufgenommen wird, indem man
keinen Kaffee oder Schwarztee zu den Mahlzeiten, dafür aber ein Vitamin C
haltiges Getränk trinkt. Zum einen wird weniger Eisen gebunden und zum anderen
das verfügbare Eisen aufnahmefähiger für Körper.
Zink
Zink kann problematisch sein,
wenn die Umstellung von der einen zur anderen Kostform zu rasch vollzogen wird,
z.B. plötzlich sehr viel mehr phytinhaltigen Speisen genossen werden. Gute
Quellen für Zink sind z.B. Hefe, Linsen,
Pekannüsse,
Pilze,
Walnüsse
oder Weizenkeime.
Unter Umständen ist es sinnvoll in der Umstellungsphase eine kurzfristige
Substitution durchzuführen.
Selen
Es gibt Erkrankungen bei Selenmangel,
die aber nicht spezifisch für Veganer wären. Gerade vegetarische Nahrungsmittel
sind reich an Selen, wie Nüsse (insbesondere Paranüsse), Zerealien und Pilze. Einen
Nutzen von einer Selen Substitution ohne nachgewiesenen Mangel konnte in
Studien nicht nachgewiesen werden.
Kalzium
Es stimmt schon, dass Pektine,
Zellulose, Oxalsäure oder Phytinsäure Kalzium binden. Aber andererseits sind
Milch und Milchprodukte reich an Eiweiß. Phosphaten und Natrium, so dass viel
Kalzium auch wieder ausgeschieden wird. Man kann beim Mineralwasser darauf
achten, dass es viel Kalzium enthält; z.B. enthält Steinsieker 620 mg Kalzium
pro Liter. Es lohnt also beim Wasserkauf auf das Etikett zu schauen. Nüssen,
Samen, dunkelgrünes Gemüse und weitere mehr enthalten sehr viel verfügbares
Kalzium. Man braucht sich also nicht verrückt machen zu lassen.
Eiweiß
Ein immer wiederkehrendes Thema.
Wer sich ausgewogen und kaloriengerecht ernährt, hat keinen Eiweißmangel zu
befürchten. Punkt.
Wenn man sich nur von geschältem
Reis oder Maniok ernährt, ja dann kann man Eiweißmangel bekommen. Macht aber
hierzulande kein Veganer. Und die Menschen, die so eine Ernährung durchführen,
machen das nicht freiwillig, sondern die Armut oder andere Umstände zwingen sie
dazu.
„Zwar sind auch in Pflanzen
Eiweiße, aber dabei nicht immer alle essenziellen Aminosäuren enthalten,
weshalb hier eine ausgewogene Mischung pflanzlicher Nahrungsmittel wichtig ist,
die verschiedene Getreide, Soja und Mais enthält“, erzählt mir Prof. Dr.
Jörg-Dieter Schulzke. Er scheint noch nicht von Frances Moore Lappé gehört zu
haben. Sie hatte den Mythos, man müsse dauernd Eiweißquellen geschickt mischen,
in ihrem Buch „Diet for a Small Planet“ in die Welt gesetzt. Das ist falsch. Es
müssen nicht laufend alle Aminosäuren in optimaler Verteilung vorliegen, aber
es sollten schon alle essentiellen Aminosäuren innerhalb einiger Tage zur
Verfügung stehen. Übrigens hat das Eiweiß der Kartoffel eine biologische Wertigkeit
von 96 (Vollei 100, Rindfleisch 87).
Omega-3-Fettsäuren
Omega-3-Fettsäuren sind
allerdings ein Problem bei Veganern. Durch Nüsse und Saaten werden mehr Omega-6-Fettsäuren
aufgenommen, so dass sich das Verhältnis der beiden Fettsäuren zu Omega-6-Fettsäuren
verschlechtert. Leinöl ist sehr reich an Omega-3-Fettsäuren. Daneben auch Chiasamen.
Rotalgen haben auch einen hohen Gehalt an Omega-3-Fettsäuren, denn irgendwoher
müssen die Fische es ja bekommen. Edamame
Bohnen enthalten auch Omega-3-Fettsäuren. Auch Grünkohl, Portulak, Rosenkohl, Spinat
enthalten Omega-3-Fettsäuren, wenn auch nur in geringen Mengen. Ggf. kann man auf eine vegane
Substitution aus Algen zurückgreifen.
Zusammenfassend hat der Artikel nicht sehr zu meiner Beratung
beigetragen und lässt mich vermuten, dass andere Ärzte dadurch eher zu
Bedenkenträgern als zu Beratern werden. Eine vegane Ernährung ist heute
möglich und auch sinnvoll.
Link:
Hallo, warum leben Frauen ihrer Meinung nach länger, weil sie einen niedrigeren Eisenwert haben als Männer? Lebt man mit hohem/normalen Eisenwert kürzer? LG
ReplyDeleteOMG! Ich sehe gerade erst beim Löschen meiner Emails, dass ich nicht geantwortet hatte. Eisen ist reaktionsfreudig. Schnell entstehen freie Radikale. Aber es meines Wissens keine Studie, die eine klare Antwort liefern würde.
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