Tuesday, May 31, 2022

Das Geheimnis der Osterinsel – Buchbesprechung und Ärgernis


Das Buch von Jean Prachan Das Geheimnis der Osterinsel / Mysterien um Atlantis und Ufo-Basen ist mir ein Ärgernis [1]. Was sagt uns der Titel? Wenn in einem Buch über die Osterinsel Atlantis und Ufo-Basen auftauchen, sollte man nicht zu viel erwarten. Jedenfalls nicht, wenn man harte Fakten sucht.



Warum habe ich es dann überhaupt gelesen? In der Zeit, in der das Buch entstanden ist, hatte ich mich im Rahmen meines Ethnologie-Studiums sehr intensiv mit der Osterinsel auseinandergesetzt. Ich habe viel dazu gelesen und auch Hausarbeiten angefertigt, unter anderem eine während meines Studiums in Taipei, Taiwan, Republik China [2]. Und so habe ich auch das Buch von Jean Prachan bzw. Franz Kowaks gelesen. Und 1990 habe ich die Insel zum ersten Mal besucht [3].



Wenn man sich das Titelbild anschaut, dann ist das einerseits ziemlich popelig, eine Buntstiftzeichnung zu verwenden. Man hätte sich auch ein Foto dafür dafür einkaufen können. Andererseits sieht es so natürlich viel mysteriöser aus, als es ein realitätsnahes Foto zeigen würde.

Die ersten zwei Kapitel hätten mich fast eingelullt, denn da wurde der Stand korrekt wiedergegeben. Da hat jemand sehr gut die Entdeckungsgeschichte zusammen gefaßt. Aber das Kapitel III. trägt den Titel: Das polynesische Rätsel. Ich will überhaupt nicht mit wissenschaftlichen Erkenntnissen prahlen, denn da sind noch viele offene Fragen, wie schon der Blick in die Wikipedia-Artikel vermuten läßt [4]. Prachan/Kowaks bietet uns drei Thesen:
1. die Polynesier besiedelten den Pazifik von Südamerika aus – ziemlich unwahrscheinlich, wobei ich Kontakte überhaupt nicht ausschließen möchte
2. die Polynesier besiedelten den Pazifik vom Westen aus – wahrscheinlich die wahrscheinlichste These, wobei Prachan sie widersprüchlich findet
3. die Polynesier besiedelten den Pazifik von einem verschollenen Kontinent aus – da ist es wahrscheinlicher, daß ich den Jackpot im Lotto gewinne, während mich ein Blitz im Faraday'schen Käfig trifft.
Unter dem Untertitel „Die polynesische 'Rasse'“ wird die These aufgestellt, daß die Polynesier „höchchstwahrscheinlich“ der „weißen Rasse angehören“. Das stimmt nicht mit dem Forschungsstand überein. Der Ursprung der Polynesier liegt in Südostasien / Taiwan. Leider ist der englische Artikel von Wikipedia korrumpiert – man kann das erkennen, wenn man ältere Versionen aufruft [5].
Die Herstellung, Aufrichtung und der Transport der Moai wird natürlich auch als ungelöstes Rätsel dargestellt. Das Problem ist, daß es verschiedene Möglichkeiten gibt, wie z.B. der Transport auf Schlitten oder Gleisen, oder das Hin- und Herschaukeln an Seilen [6]. Ich favorisiere die letzte Art des Transport, denn sie erklärt alte Sagen und wurde natürlich ausprobiert [7].
Dann folgt noch ein kurzer Abschnitt über den Kult des Vogelmanns.



Und dann wird es immer konfuser. Zunächst der längst widerlegte Vergleich der Schrift auf den  Rongorongo-Tafeln der Osterinsel mit den kurzen Siegelinschriften der Industalschrift [8].



Es wird esoterisch-konfus und ich nehme an, daß es nun auch den gesunden Menschenverstand des Autors Prachan/Kowaks störte, so daß er mehr und mehr fremde Meinungen referiert. Zwischen Industalschrift und Osterinselschrift liegen 3500-4000 Jahre und 20.000 km! Wie kann man das überbrücken? Wir bekommen das so erklärt: „Ja, unmöglich mit natürlichen Mitteln! Was aber, wenn sie über telepathische Kräfte verfügt hätten?“ Hätte, hätte, Fahrradkette. Und dann kommt auch nochmals der verschollene Kontinent Mu. Aber dann könnte man auch den Film Doomsday Prophecy (lief in Deutschland als Prophezeiung der Maya) als wissenschaftliche Quelle ansehen [9].

Das Buch wird für 2,00€ angeboten. Das halte ich für haltlos überteuert. Man müßte für den Kauf entschädigt werden.




Links und Anmerkungen:
[1] Jean Prachan: Das Geheimnis der Osterinsel. Mysterien um Atlantis und Ufo-Basen. O.O., o.J. [1990]. ISBN: 3-485-00040-X. Das Original ist unter dem Titel Le Dosssier Secret de l'Ile de Paques im Verlag Editions Pierre Belfond, Paris 1979 erschienen. ISBN: 2-7144-1239-4. Allerdings wird als Autor Franz Kowaks angegeben. https://excerpts.numilog.com/books/9782714490940.pdf In dieser Datei kann man den französischen Text der Einleitung komplett einsehen und der stimmt mit der deutschen Übersetzung vollkommen überein. Da haben schon hier ein Geheimnis und Mysterium entdeckt.
[2] Kirsch, Lothar M.: KOHAU RONGORONGO. A close look on Cultural Distribution Theory and the semantic value of logographic writing systems in comparison to the Kohau Rongorongo. National Taiwan University, Institue for Archeology and Anthropology. Taipei, April 1979. https://rheumatologe.blogspot.com/2017/11/easter-island-or-rapa-nui-rapanui.html
[3] https://rheumatologe.blogspot.com/2021/10/te-pito-o-te-henua-die-osterinsel.html
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Polynesien Hierbei besonders das Kapitel „Geschichte“ und darin „Erste Besiedlung“. Der Artikel in Englisch ist ausführlicher: https://en.wikipedia.org/wiki/Polynesia. Dort werden auch Studien zitiert, die nach genetischen Analysen eine Besiedlung der Osterinsel für etwa das Jahr 1200 n. Chr. nachweisen. Der Artikel in Spanisch bringt für unsere Fragestellungen keine neuen Aspekte: https://es.wikipedia.org/wiki/Polinesia. Das gilt ebenso für die Artikel auf Französisch und Italienisch. https://fr.wikipedia.org/wiki/Polyn%C3%A9sie. Zugegeben, beim französischen Artikel hat mich das austronesische Erbe in zweifacher Hinsicht fasziniert: sprachlich in einer Ausdehnung im Westen bis Madagaskar und östlich bis zur Osterinsel, sowie die Tatsache, daß die Bergstämme Taiwans, wie die Atayal, die Tau (Yami), Bunun oder Paiwan z.B. auch zu dieser Gruppe gehören.
[5] Der nicht korrumpiert Text muss lauten: „There are multiple hypotheses on the ultimate origin and mode of dispersal of the Austronesian peoples, but the most widely accepted theory is that modern Austronesians originated from migrations out of Taiwan between 3000 and 1000 BC. Using relatively advanced maritime innovations like the catamaran, outrigger boats, and crab claw sails, they rapidly colonized the islands of both the Indian and the Pacific oceans. They were the first humans to cross vast distances of water on ocean-going boats.[14][15] Polynesians are known to have definitely originated from a branch of the Austronesian migrations in Island Melanesia, despite the popularity of rejected hypotheses like Thor Heyerdahl's belief that Polynesians are descendants of "bearded white men" who sailed on primitive rafts from South America.[16][17]“ https://en.wikipedia.org/wiki/Polynesians  
[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Moai
[7] https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0305440312004311 Carl P. Lipo, Terry L.Hunt, Sergio Rapu Hao: The ‘walking’ megalithic statues (moai) of Easter Island. Journal of Archaeological Science Vol. 40 (6), 2013. P. 2859- 2866. https://doi.org/10.1016/j.jas.2012.09.029
[8] https://en.wikipedia.org/wiki/Indus_script
[9] Doomsday Prophecy (Prophezeiung der Maya) war ein B-Movie, bzw. doch eher C- oder D-Movie. Der Film hat nichts mit den Maya zu tun, aber man sucht und findet Moai in British Columbia. „Das Lexikon des internationalen Films nannte Doomsday Prophecy einen „[l]ächerliche[n] Katastrophenfilm.“, der „nur Langeweile“ verbreite.“ https://de.wikipedia.org/wiki/Doomsday_Prophecy_%E2%80%93_Prophezeiung_der_Maya


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