Die Zeit berichtete über
eine Praxis für Kinder- und Jugendrheumatologie, in der um 3000 Infusionen pro
Jahr durchgeführt werden. Der Artikel beschäftigt sich mit der Frage, ob es in
seinem Einzugsgebiet überhaupt so viele Kinder mit entsprechend schweren
Verläufen gibt, also ob es nicht zu Fehldiagnosen gekommen ist.
Mich
interessiert ein anderer Aspekt. Wenn die Praxis 3000 Infusionen pro Jahr
durchführt, müssen für jeden Arbeitstag 12-14 Infusionen angesetzt werden. Ich
meine, dass dies nicht zu verantworten ist.
Biologika oder Biopharmazeutika sind Arzneistoffe, die mit
Mitteln der Biotechnologie in gentechnisch veränderten Organismen (also
Zellkulturen) hergestellt werden. Es handelt sich bei den Wirkstoffen, die in
der Rheumatologie eingesetzt werden, meistens um monoklonale Antikörper oder
Fusionsproteine. Das sind Stoffe, die im Körper allergische Reaktionen und auch
Zytokin vermittelte Reaktionen auslösen können. Und solche Reaktionen können
von leichtgradig bis lebensbedrohlich ausfallen. Die muss man behandeln können.
Das Negativbeispiel ist immer noch TGN1412; da kam es bei sechs Probanden im
Rahmen einer Phase 1 Studie zu einem Multiorgan-versagen.
Die meisten Praxen scheuen
deshalb gleichzeitig mehrere Infusionen durchzuführen. Die Logistik einer
Praxis gestattet das in der Regel nicht. Anders ist das an einem Rheuma
Zentrum / Krankenhaus. Da arbeite ich nämlich. Ich könnte im Notfall auf 10
Rheumatologen (also Internisten, die für Notfälle ausgebildet sind) sowie 2-3
Anästhesisten (die das ebenso können) zurückgreifen. Dazu kommt natürlich ausgebildetes Fachpersonal –
und für diese Notfälle hat das Krankenpflegepersonal die sinnvollere Ausbildung
als die Medizinschen Fachangestellten. Wir haben in der letzten Woche 40
Infusionen durchgeführt. Das entspricht in etwa 2/3 der Anzahl, die in der
Arztpraxis in Schleswig-Holstein durchgeführt werden.
Wenn alles gut geht, ist
die Infusionstherapie eine einfache Angelegenheit. Da aber Notfälle möglich sind,
muss man diese Situationen auch für jeden anvertrauten Patienten beherrschen
können. Wir können das an unserem Zentrum. Und ich bin mir sicher, dass dies für
1-2 Patienten gleichzeitig von rheumatologischen Praxen geleistet werden kann. Genauso
sicher bin ich mir, dass 3000 Infusionen in einer Praxis (auch mit vier Ärzten)
zu viel sind.
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