Neuerer Text unter: http://rheumatologe.blogspot.de/2012/10/arthrose-definition-diagnose-und-dilemma.html
Materialien zum Vortrag für die RheumaAkademie
Mit Arthrose bezeichnen wir den Verschleiß von Gelenken und dabei ist insbesondere der Knorpel betroffen. Da sich die Veränderungen langsam entwickeln, sind vorbeugende Maßnahmen bereits für jüngere Erwachsenen sinnvoll. Im Alter von 35 Jahren ist bereits jeder zweite von erstem Verschließ betroffen, ab 60 Jahre fast alle. Die Arthrose wird international und durch das Internet auch vermehrt bei uns Osteoarthritis genannt. Die Endung –itis in medizinischen Begriffen bezeichnet Entzündung; warum dies richtig, aber unglücklich ist, wird später erklärt.
Weitere Bezeichnungen sind Polyarthrose, wenn viele Gelenke betroffen sind (poly – viel), Gonarthrose (Knie), Coxarthrose (Hüfte), Heberdenarthrose (Fingerendgelenkbefall), Bouchardarthrose (Fingermittelgelenkbefall), Rhizarthrose (Daumensattelgelenk), und weitere.
Die Arthrose ist eine degenerative Gelenkerkrankung und keine Autoimmunerkrankung – wie kommt nun die Entzündung ins Spiel? Es kann auch bei fortgeschrittenen Arthrosen zu regelrechten Entzündungsschüben, nicht über ein Autoimmungeschehen (wo sich die Körperabwehr gegen den eigenen Körper richtet) sondern als mechanische Entzündung. Deshalb ist der englische Begriff Osteoarthritis nicht falsch, aber er trifft in der Realität nur für wenige Patienten und auch nur zeitweise zu.
Nun zu einigen Beispielen. Wichtig sind immer Gelnkspaltverschmälerung und Knochenaufbau im Rahmen von Abstützvorgängen.
Das letzte Bild ist eine Fotografie von einer Mumie, die man im Museum von Yverdon besichtigen kann. Man hatte von der Mumie Röntgenaufnahmen des gesamten Körper gemacht. Wir sehen neben einer Arthrose auch deutlich eine Chondrokalzinose.
Die Entwicklung der Polyarthrose vollzieht sich zunächst langsam, so dass Betroffene es kaum verspüren. Warnende Schmerzen sind häufig zu Beginn überhaupt nicht vorhanden. Irgendwann einmal sind die Veränderungen an Knorpel und Knochen so weit fortgeschritten, dass sie die Beweglichkeit des Gelenks beeinträchtigen; Mühe beim Aufstehen morgens oder nach längerem Sitzen oder Anlaufschmerzen treten dann regelmäßig auf. Dieses Stadium mündet in einen Teufelskreis: weniger Bewegung, weniger Zufuhr von Sauerstoff und Nährmittels, aber auch weniger Abstrasport von Abbaustoffen und freien Radikalen, das führt zu stärkeren Verändferungen, und damit zu noch weniger Beweglichkeit.
Seltene Stoffwechselerkrankungenwie z.B. Hämochromatose, entzündliche Erkrankungen der Gelenke wie die Lyme-Arthritis oder die rheumatoide Arthritis, aber auch hormonelle Störungen, Verletzungen, angeborene Entwicklungsstörungen und Gelenkdeformitäten, Gelenkerkrankungen im Wachstumsalter, altersunabhängige Gelenkerkrankungen, systemische, metabolische und endokrine Erkrankungen, neurologische Erkrankungen, Überlastungsschäden durch Beruf und Sport, posttraumatische Veränderungen (Unfälle!), und weitere mehr können die Entwicklung von Arthrosen begünstigen.
Eine Assoziation zwischen Arthrose (Osteoarthritis) und Chondrokalzinose war z.B. auf Röntgenbildern aufgefallen (nicht erst im Rahmen der Untersuchung der Mumie, die man in Yverson besichtigen kann). Es handelt sich bei der Chondrokalzinose und die Pseudogicht. Kalziumpyrophophatkristalle sind für Schübe verantwortlich zu machen.
Ein weiterer Faktor ist die Gicht. Hierbei sind Harnsäurekristalle verantwortlich zu machen. Hier lohnt sich besonders, mit der Therapie anzusetzen. Nicht nur Alkohol ist schädlich, wobei das Bier so schädlich zu sein scheint, dass es analog zum Rauchen einen Warnungsaufkleber haben sollte, sondern auch Fruktose, also Fruchtzucker, der als Süßungsmittel benutzt wird. Es lohnt sich darüberhinaus, eine purinarme Kost einzuhalten. Zu meiden sind: Innereien, Ölsardinen, Sprotten, Sardellen, Fertigsaucen, Fertigsuppen. In geringer Menge erlaubt: Fleisch oder Fisch einmal täglich. Erlaubt: Milchprodukte, Käse, Gemüse außer Hülsenfrüchte, Kartoffeln, Obst, Teigwaren. Reichliches Trinken nicht-alkoholischer Getränke Alkohol meiden, auch und insbesondere Bier.
Kommen wird aber nun zu Möglichkeiten, die Arthrosen zu behandeln oder aber ihr Fortschreiten zu verhindern.
K.M. Jordan und andere hatten 2003 Untersuchungen zur Toxizität bei der Behandlung von Arthrosen durchgeführt. Besonders hoch rangieren dabei Medikamente oder operative Verfahren.
Die symptomatische Therapie der Arthrose sieht vor allem physikalische Maßnahmen vor. Die regelmäßige Bewegung ist unerläßlich für die Gesunderhaltung der Gelenke. Besonders geeignet sind Wandern, Nordic Walking, Radfahren, Langlauf und Schwimmen. Unterstützt werden kann dies durch Krankengymnastik, Wärmeanwendungen oder Kältepackungen (bei Entzündung). An Medikamenten sind reine Schmerzmittel oder auch entzündungshemmende Mittel (die NSAR – nicht steroidale Antirheumatika) wie Diclofenac, Ibuprofen oder auch Celecoxib und andere Coxibe möglich. Diese Mittel wirken schnell. Man möchte auch ähnlich wie bei entzündlich-rheumatischen Erkrankung langsam wirkende Mittel einsetzen, jedoch sind die bisherigen Versuche nicht besonders überzeugend. Mittel wie Chondroitin, Glucosamin, Diacerein zeigen in unabhängigen Studien keinen Nutzen.
Hyaluronsäure- und Hylan-Derivate (Adant, Arthrum H, Artz [Artzal, Supartz], Durolane, Fermathron, Go-On, Hyalgan, Hylan G-F 20 [Synvisc], NRD-101, Orthovisc, Ostenil, Replasyn, SLM-10, Suplasyn, Synject und Zeel compositum) zeigen sich überlegen gegenüber Placebo und haben auch einen längeranhaltenden Effekt als intraartikuläre Kortikosteroide bei der Behandlung der Gonarthrose. Aber erinnern wir uns, Kortikosteroide sind nicht der Goldstandard in der Therapie der Gonarthrose und nur erfolgreich, wenn auch Entzündung im Gelenk vorhanden ist. In einer Studie zur Gonarhtose wurden zwar doppelt so viele Patienten schmerzfrei als mit Placebo, aber man erreich gerade einmal 25% der Patienten, d.h. 75% behielten ihre Schmerzen. Ich selbst habe die letzte solcher Injektionen auf Wunsch ca. 2006 durchgeführt.Bei der Radiosynoviorthese wird radioaktives Material mit geringer Eindringtiefe in betroffene Gelenke gespritzt. Die Methode ist bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen sehr erfolgreich. Bei degenerativen Veränderungen ist die Methode nicht erfolgversprechend.
Die Arachidonsäure ist der Ausgangsstoff für Eicosanoide (Thromboxan A2, Prostaglandin E2, Leukotrien B4), wobei die Prostaglandine der 2er Gruppe Entzündung und Schmerz verursachen. Sie gehört zu den omega-6 Fettsäuren, wie auch die Linolsäure. Der Körper kann aufgenommene Arachidonsäure nutzen oder sie selbst aus Linolsäure herstellen. Linolsäure ist besoonders vorhanden in Distelöl, Sonnenblumenöl, Sesamöl. Für den Menschen sind Linolsäure und alpha-Linolensäure essetiell; er kann sie selbst nicht herstellen. Die alpha-Linolensäure ist eine omega-6 Fettsäure und direkter Gegenspieler. Wenn man die Zufuhr von alpha-Linolensäure erhöht sind die Desaturasen und Elongasen beschäftigt Eicosapentaensäure herzustellen und können nicht aus der Linolsäure Arachidonsäure herstellen. Die Arachidonsäure ist nur in tiereischen Nahrungsmitteln vorhanden. 100 g Schweineschmalz enthalten ungefähr 1700 mg. Einer Empfehlung zufolge sollte man nicht mehr als 60 mg Arachidonsäure täglich aufnehmen, die hat man aber schon mit etwa 5 g aufgenommen. Man kann die Aufnahme von Arachidonsäure reduzieren durch Meiden von tierischen Produkten (besonders schlecht z.B. Schweineschmalz, Schweineleber, Eigelb, Thunfisch) und gleichzeitig könnenten die Zufuhr omega-3-Fettsäuren erhöhen über Leinsamen, Leinöl, Hanföl, Walnüsse, Brokkoli, Spinat, Blattsalat, Portulak, Bohnen, Erbsen und weiter. Leinöl ist besonders geegnet, verdirbt aber schnell. Es hält sich besser in dunklen Flaschen und unter kühler Lagerung.
Eine weitere Entzündungshemmung ist möglich durch Ingwer (Ginger), Gelbwurz (Turmeric), Galgant, Nelken / Nelkenöl, Kreuzkümmel (Cumin) oder auch Tee, insbesondere Grüner Tee ist reich an Epicatechin (EC), Epicatechingallat (ECG), Epigallocatechin (EGC) und Epigallocatechingallat (EGCG).Eine dauerhafte Gewichtsreduktion ohne Jojo-Effekt ist möglich und sollte versucht werden.
Neben der Ernährung ist die Bewegung ausschlaggebend, denn sonst kommen die guten Stoffe nicht an den Ort, wo sie benötigt werden. Die Kost soll reich sein an ß-Karotin / Lykopin (Karotten/Möhren, Spinat, Feldsalat, Tomaten), Vitamin E (z.B. Öle, Nüsse, Samen), Vitamin C (z.B. Paprika, Kiwi, Zitrusfrüchte) und wahrscheinlich auch an omega-3-Fettsäuren (siehe oben), Selen und Zink.
Die Problematik mit alternativen Methoden und dem Internet – viel liest man im Internet und laufend werden neue (mit dem Zusatz Erfahrungsmedizin getarnte) Methoden angeboten. Was ist davon zu halten? Meistens sehr wenig. Gehen Sie davon aus, dass man es auf ihre Geldbörse abgesehen hat. Nützliche Methoden werden auch von den gesetzlichen Krankenkassen vergütet; manchmal gehen die Kassen sogar über dies hinaus. Bleiben Sie kritisch! In Foren tauchen regelmäßig Befürworter von Methoden auf, die einen Erfolg bei sich vermelden, aber doch nur Angestellte der Vertreiberfirma sind.
Wie kann nun ein praktisches Vorgehen aussehen?
Zur Diagnostik
• Welche Gelenke sind betroffen?
• Wie stark sind sie betroffen?
• Gibt es andere Erkrankungen, die einen Einfluss haben?
• Fragen zur Funktionsfähigkeit / Gehstrecke
Zur Therapie
• Welche Medikamente benötige ich? Benötige ich überhaupt Medikamente?
• Muss ich Tätigkeiten unterlassen?
• Fragen der Operation
Zur Schmerztherapie
• Schmerzmedikamente
• z.B. Paracetamol
• NSAR z.B. Diclofenac, Ibuprofen
Zu weiteren Möglichkeiten
• Kost reich an ß-Karotin, Vitamin E+C,
• Gewichtsreduktion
• Arachidonsäure-arme Kost
• Viel trinken / Brennesseltee
Zur Bewegung
• Bewegung / auch Kräftigungsübungen
• Gehen auf ebenem Boden
• Übungen für Finger und Zehen / Beweglichkeit
• Wärme allgemein
• Kälte bei Aktivierungen
• Ergotherapie / Geschicklichkeit
Vorsicht
• Treppensteigen ist üngünstig bei Gonarthrose
• Gehen auf unebenem Boden
• Gehen auf hartem Untergrund
• Wringen
Zu Lösungen vor OP
• Ein künstliches Gelenk ist ein künstliches Gelenk.
• „Kortison“, z.B. Triamcinolon
• Hyaluronsäure (sehr enge Indikation!!!)
• Radiosynoviorthese (nur bei Entzündung, Indikation vom Rheumatologen überprüfen lassen)
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