Tuesday, October 31, 2023

Haiku for National Haiku Writing Month – October 2023 Second Half

 


National Haiku Writing Month has been founded by the well known haiku poet Michael Dylan Welch. The goal is to write at least one haiku a day. National Haiku Writing Month is in its 13th year. [1] I enjoy writing to the prompts on Facebook. Here are some interesting links: [2]. The prompter for October 2023 has been Rick Daddario [3].

前不見古人,後不見來者。
念天地之悠悠,獨愴然而淚下。
登幽州臺歌

陳子昂

Before me, I do not see my ancestors,
Behind me, I do not see my descendants.
When I think about the stability of this world,
Alone and sad I cannot help but weep.
Song on Climbing the Tower at Youzhou
Chen Zi'ang [4]



a crypt appears
in the neighbors' carport
halloween again
~ crypt

the fox on the meadow
hiding its' fangs
blood on the grass, though
~ fang(s)

on the road
again
with the holy howl
~ howl

nothing better
in the parallel universe
no Last Exit
~ exit

bobbing up and down
the silvery ship
starboard above
~ starboard

agast
the third eye opens
and is looking inwards
~ inward

the autumn storm
uproots the trees
bamboo bending backwards
~ backward

frangipani
coconuts and turquoise sea
then homeward bound
~ homeward


The story behind: I've just been reading an old lonly planet travel survival kit on Tonga as I wanted to know the name of the island, where you have to water the pigs befoe taking a shower as they would lick the water from your body. The island's name, where you are alone with the sea, the beach, coconut trees, and the pigs of course, is 'uoleva.

sepia sky
summer fading away
we still look up
~ skyward

pedestrian mall  
listening so street music
no entrance fee
~ entrance

early evening
with a bitter hops tea  
sweet memories
~ bitter

golden october
wind in the trees
itchy feet
~ itchy

morning round
bellow and howl
then treats
~ bellow

sun beams
piecing cold air
jingle-jangle morning
~ jangle

mashed potatoes
no pinch of nutmeg
granny forgot
~ pinch

so much joy
at our anniversary
still salty tears
~salty



Links and Annotations:
[1] https://www.facebook.com/NaHaiWriMo National Haiku Writing Month
[2] „To help with haiku fundamentals, please have a look at "Becoming a Haiku Poet" at https://www.graceguts.com/essays/becoming-a-haiku-poet. And please review the "Haiku Checklist" at https://www.graceguts.com/essays/haiku-checklist.
[3] Rick Daddario https://www.nahaiwrimo.com/meet-the-prompters/rick-daddario
[4] Chen Zi'ang (
陳子昂) lived from 661 (or maybe 656; my old textbook has 661) until 702.) Though only one of his poems appear in the anthology Three Hundred Tang Poems (唐詩三百首), he is considered as an important poet of the Tang dynasty, maybe more because of his influence on poetical theory. Interestingly, the poem is listed among the seven-character poems (seven characters per line), but in this poem two lines have five characters and two lines have the unusual number of six characters.

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Sunday, October 29, 2023

Altargesteck am 29.10.2023 – 21. Sonntag nach Trinitatis

 


Der Gottesdienst, den ich zum 21. Sonntag nach Trinitatis besuchte, fand bereits am Samstag statt und zwar im Rahmen der Kreissynode, die mit diesem Gottesdienst begann. Ich betrat die gotische Kirche von hinten und ging bis nach vorn in die zweite Reihe, in der bereits ein Presbyter aus unserer Gemeinde in Köln Dellbrück/Holweide saß. An einem Marmorportal auf der linken Seite las ich „1393 A.D.“. Vielleicht lag es daran und auch, daß die Atmosphäre so ganz anders war als in de Kirchen in Holweide oder auch der Trinitatisgemeinde, daß ich mich wie in einem Paralleluniversum fühlte, etwa so wie in einer Folge der Serie Fringe [1]. Luther hatte seine Thesen im Jahr 1517 angeschlagen. Wie kommt es also zu der Jahreszahl 1393? Ich sah eine richtig kleine Orgel, die in dem hohen Gebäude viel zu gering dimensioniert wirkte, bis mich jemand darauf hinwies, daß die eigentliche Orgel, nämlich die neobarocke Orgel, hinter mir auf einer Empore stand. Diese Orgel war erst 2011 für 120.000€ restauriert worden, wie ich später recherchierte [2].

Ich fragte nach dem Namen der Kirche, in der ich zuvor noch nie gewesen  war, und erfuhr, daß es sich um die Kartäuserkirche handelte [13]. Über die Kartäuser hatte ich im Rahmen des Blogposts RückzugsOrte erst vor einigen Tagen kurz berichtet [3]. Die Kirche ist 1923 in den Besitz der evangelischen Kirche gelangt als Ersatz für die Pantaleonskirche; die Kartäuser mußten in der Franzosenzeit 1794 aus dem Kloster und die Kirche wurde profaniert und als Lager [14] von 1815 an benutzt. Und so erklärt es sich, daß die evangelische Kirche eine gotische Kirche nutzt, die in ihrer Geschichte bis ins 14. Jahrhundert reicht. Alte Kirchen und insbesondere veraltete Immobilien sind ein ganz aktuelles Thema. Die Kreissynode hatte als Hauptthema die Bildung von Regionen; darunter versteht sich, daß sich verschiedene Gemeinden enger aneinander binden, damit die Probleme der Zukunft lösbar werden. Die Gemeinden benötigen genügend Seelsorger, die einerseits finanziert werden müssen, aber die andererseits auch überhaupt verfügbar sein müssen. Der theologische Nachwuchs ist erheblich geschrumpft. Es gibt nicht mehr so viele junge Menschen, die sich dafür entscheiden, evangelische/r PfarrerIn werden zu wollen. Die Rheinische Landeskirche hat den Vorteil, daß es auch PrädikantInnen [4] gibt, aber auch da hat die Bereitschaft, diese Ausbildung zu machen, nachgelassen. Dazu kommt weiteres Personal wie KüsterInnen oder GemeindesekretärInnen. Und kommen wir zurück zu den Immobilien, wobei nicht nur Kirchen sondern auch Gemeindehäuser und weitere gibt. Wie viele benötigt und kann man erhalten? Interessanterweise hatte es über die Frage (möglicher Abriss einer Kirche) in einer Gemeinde dazu geführt, daß plötzlich viele Kandidaten für die Presbyteriumswahl 2024 zur Verfügung stehen. Kandidaten für das Presbyterium zu finden, stellt sich mittlerweile als großes Problem dar. Meistens ist man froh, wenn die benötigte Anzahl überhaupt gefunden wird. In vielen Gemeinden wird gar nicht mehr gewählt, weil die Anzahl gerade ausreicht. Eine emotional aufgeladene Frage führte dazu, daß plötzlich wieder mehr Kandidaten auf der Wahlliste stehen, aber dadurch wird das Problem eher verschoben als gelöst. Immobilien leer stehen zu lassen, heißt im Moment Kosten anzuhäufen, zum Beispiel über Heizkosten und Instandhaltungskosten. Die gemeinsame Nutzung von Ressourcen wird eine der wichtigsten Aufgaben für die Regionen werden. Die Kreissynode des Kirchenkreises Köln-Rechtsrheinisch war eine lange, lehrreiche, nur wenig leerreiche, interessante Veranstaltung – ich danke den Organisatoren.

Die Geschichte vom Barmherzigen Samariter wurde vorgetragen. Ich bin  vor etwa 11-12 Jahren sehr intensiv im Internet der Frage nachgegangen, ob der Barmherzige Samariter Single war. Man hat mich gefragt, was das denn für eine merkwürdige Obsession wäre [5].

Der 21. Sonntag nach Trinitatis steht dafür, die „Wahrheit beim Namen zu nennen und für den Frieden einzutreten“ [6]. Und genau dazu gehört auch der Wochenspruch: „Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“ [7]

Der Predigttext für den Sonntag sieht die Geschichte von Abram und Lot vor, als sich diese trennen und Abram nach Kanaan zieht [8]. Die Lesung aus der Evangelium steht bei Matthäus [9], es geht um das Vergelten und die Feindesliebe, also eine Präzisierung der berühmten Stelle von „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ [10]. Ohne meinen zu wollen, daß alles mit Allem verbunden [11] sein soll, aber ich habe gerade den Kriminalroman Der sterbende Detektiv von Leif GW Persson [12] gelesen. Die Buchteile werden mit unterschiedlichen Zitaten gerade dieser alttestamentarischen Stelle eingeleitet.



Das Altargesteck ist nicht besonders kunstvoll zusammengesteckt, aber da hilft die Phantasie vielleicht weiter. Manche brauchen Drogen dafür, ich nicht, aber damit niemand meint, Drogen nehmen zu müssen, habe ich einen Ausschnitt bearbeitet und man kann allerlei Figuren darin erkennen, auch ein Kamel, aber das bin wahrscheinlich ich selbst.


Inspiriert vom täglichen Blumenstrauß
auf einem Fahrrad von Ai Weiwei (艾未未).

Links und Anmerkungen:
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Fringe_%E2%80%93_Grenzf%C3%A4lle_des_FBI Fringe bedeutet Randzone, Grenzbreich; die Fersehserie spielte teilweise in einem Paralleluniversum, in dem alles so ist wie hier nur mit kleinen Unterschieden.
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Kart%C3%A4userkirche_(K%C3%B6ln)
[3] „Die Kartäuser gehen auf den heiligen Bruno von Köln zurück [3a]. Wahrscheinlich kennen die meisten das Getränk Chartreuse, das seinen Namen von den Kartäusern hat, denn die haben den Kräuterliqueur erfunden. Die Chartreuse aber ist eine einsame Gebirgsgegend bei Grenoble (Frankreich), in der Bruno den Orden gegründet hat. Die Kartäuser leben in kleinen Häusern, die mit dem Kreuzgang und der Kirche verbunden sind.“ https://rheumatologe.blogspot.com/2023/10/ruckzugsorte.html
[3a] https://de.wikipedia.org/wiki/Kart%C3%A4user
[4] "Prädikantinnen und Prädikanten sind zum "Dienst an Wort und Sakrament" beauftragt und nehmen diesen ehrenamtlich in ihrer Gemeinde oder in ihrem Kirchenkreis wahr." https://www.institut-afw.de/wir-ueber-uns/fachbereiche/praedikantinnen-und-praedikanten/  
[5] Das Wort Obsession kommt auch in einem Lied der Gruppe La Oreja de Van Gogh vor - El Ultimo Vals auf der CD A las Cinco en el Astoria: „Siempre serás bienvenido a este lugar, / A mi lista de obsesiones, que no vas a olvidar.“
[6] https://www.kirchenjahr-evangelisch.de/article.php#1140
[7] Röm 12,21
[8] https://www.bibleserver.com/LUT/1.Mose13 1. Mose 13,1–12(13–18)
[9] https://www.die-bibel.de/bibeln/online-bibeln/lesen/LU17/MAT.5/Matth%C3%A4us-5  Mt 5,38–48
[10] https://www.die-bibel.de/bibeln/online-bibeln/lesen/LU17/EXO.21/2.-Mose-21 2. Mose 21,24
[11] Alles ist mit Allem verbunden ~ Hildegard von Bingen
[12] Leif GW Persson: Der sterbende Detektiv. btb Verlag, München 2011. ISBN: 978-3442753079.
[13] Da hätte ich auch selbst drauf kommen können, denn welchen Namen sollte die Kirche am Kartäuserwall sonst schon haben? Aber es war mir in dem Moment nicht klar.
[14] Das erinnerte mich an die Kloster- und Tempelanlage Zayain Gegeeni Süm in Tsetserleg (Цэцэрлэг) in der Mongolei (16./17. Jahrhundert), die schon früher als Ställe benutzt wurde und dadurch die stalinistische Tempelzerstörung unter Chorloogiin Tschoibalsan überdauert hatte; die Anlage dient heute allerdings nur als Museum. Ich werde später darüber noch berichten.


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Friday, October 27, 2023

FreitagsGedichte / #Kurzlyrik 27.10.2023

 



可憐無定河邊骨,
猶是深閨夢裡人。
隴西行

陳陶

Könnten doch die am mändernden Fluß zurückgelassenen Knochen
In den Träumen ihrer Gattinnen wieder erstehen.
Das Lied von Longxi
Chen Tao


Begegnung
    einmal beGegneten
Sich
Zwei
Herren
Mit
Zylinder
Und
BeGrüßten
Sich
Vor
Dem HutmacherLaden
    Hendrickx
Und Windrickx


Frei nach Paul von Ostaijens Alpenjägerlied


Pappel
    ein WindHauch
Nur
Und
Es
Fallen
Aus
Der
Pappel
Goldene
Taler
Vor dem
    Blauen
Himmel herab

Der unstete Mond
    da lugt
Er
Wieder
Vor
Der
Unstete
Mond
Aber
Der
Hatte
Auch
Sein
Licht
Hinter
Dem Rauch
    Von
Auschwitz verBorgen

Schläfrigkeit
    die anGenehme
Schläfrigkeit
Im
Garten
Des
Sommers
Der
Frost
Hat
Sie
GeNommen und
    Nicht
Einmal beGraben

Gruben
Ich grub dir eine Grube
Du grubst mir eine Grube
Wir fallen beide hinein
Der letzte schüttet sie zu

ÜberFahrt
    der Mond
Hatte
Sich
EinGeschifft
Auf
Silbernen
Bötchen
ÜberQuerte
Er
Den See
    Wie
Gestern auch  

Himmel
    am Himmel
Funkeln
Die
Sterne
Der
VerGißt
Es
Nie
Denn
Er ist
    Blind
Und taub

Leer schöpfen
    in der
Finsternis
Läßt
Es
Sich
Leicht
Denken
Man
Könne
Den ganzen
    Ozean
Leer schöpfen

Tod
    lieber tod
Du
Schlägst
Die
Letzte
Stunde
Mir
Aber
Was
In
Aller
Welt
Hat dir
Die
Stunde
GeTan
Daß sie
    GeSchlagen
Werden muss?

Loch
    du gräbst
Ein
Tiefes
Loch
Und
Findest
Weder
Schatz
Noch
Wasser
Noch
Kohle
Oder
Eine
Leiche
Da solltest
    Du
Froh sein




Chen Tao (陳陶) lebte von 824 bis 885, nach manchen Quellen 882. Er war ein chinesischer Dichter der späten Tang-Dynastie. Eines seiner Gedichte wurde in die Anthologie 300 Gedichte der Tang-Zeit (唐詩三百首) aufgenommen; 110 seiner Gedichte in der Anthologie Sämtliche Tang-Gedichte (全唐詩) aufgenommen - http://www.shixiu.net/wenhua/shici/quantangshi/847.html. Longxi (隴西) besteht seit der Qin-Dynasie und liegt in der Provinz Gansu (甘肅).

Wednesday, October 25, 2023

Haiku – Early Autumn 25.10.2023

 


余亦謝時去,
西山鸞鶴群。
宿王昌齡隱居

常建

It is time to thankfully leave this world
To the Western Mountains, where cranes and phoenixes dwell.
Spending the Night at the Retreat of Wang Changling
Chang Jian


lonely walking
a sudden gust of wind
golden happiness

fallen plums
flies, wasps, and butterflies
gorge on them

politics frozen again
but one or two
could walk on ice

after rain
snow  
then stardust

above the pond
a dragonfly cruises
as shadows dance

vine leaves
in brilliant red
summer leaves

sound of a Harley
in the rural idyll
then disappearing

first cold nights
the tomatoes shiver
hurry, get ripe

ripe plums
birds in the tree
plumps – plumps



Chang Jian (常建) lived around 708 until 765, but the dates are uncertain. Two of his poems appear in the anthology Three Hundred Tang Poems (唐詩三百首). The collection Complete Poems of the Tang Dynasty  (全唐诗) contains 57 of his poems. In the year 727 he was ranked as a Jinshi (進士) on the same list as Wang Changling (王昌齡).
 
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Otto Rheinwalds Reise in die Innere Mongolei von 1931 - eine Buchbesprechung

 


Da ich bereits zweimal die Mongolei besuchen konnte und ich sowieso gerne alte Reiseberichte lese, hat mich die Lektüre von Otto Rheinwalds Reise in die Mongolei im Sommer 1931 [1] besonders interessiert.

Otto Rheinwald lebte von 1902 bis 1941. Er starb in Stuttgart an einer Sepsis. Eine umfangreiche Biographie befindet sich im Buch. Er lehrte Deutsch, Geschichte und Englisch, promovierte 1926 zum Dr. phil. und war ab 1929 in Shanghai tätig. Er sprach 1931 ein wenig Chinesisch, und wenn ich das Buch als Grundlage nehme, lag es auf dem Einsteiger-Niveau [2]. Andererseits sind Chinesen noch heute fasziniert, wenn ein westlicher Ausländer nur ein wenig Chinesisch spricht.

Was hat Rheinwald in den etwa 13 Wochen besucht? Einen Großteil der Reise war er in nordchinesischen Provinzen unterwegs. Die Innere Mongolei (
內蒙古/內蒙古) ist ein chinesischer Begriff, denn vom mongolischen Kerngebiet aus gesehen ist sie das östliche Randgebiet. Allerdings ist die Innere Mongolei mit 1,2 Mill. km² über dreimal so groß wie das heutige Deutschland. In diesem Gebiet war er etwa vier Wochen unterwegs. Je weiter weg Beijing oder Kalgan er kam, desto beschwerlicher wurde die Reise und auch die Planung, da man damals solche Reisen nicht buchen konnte. Gerade durch diese Erfahrungen wird das Buch besonders wertvoll. Wir sind es heute gewohnt, daß alles klappt und wenn die deutsche Bahn eine Stunde Verspätung hat, dann glüht das Internet. Damals mußte man warten können, bis sich wieder eine Transportgelegenheit ergab.

Die Strecke von Otto Rheinwald und seinem Mitreisenden Wilhelm Sacklowski ist mir nicht klar, aber ich muss zugeben, daß ich auch bei eigenen Reisen nicht immer die genaue Strecke festgehalten habe. Immer hin werden z.B
. Dolonor (多伦淖尔镇/多倫淖爾鎮) und Taibusü wird wahrscheinlich heute Taibus-Banner (Taibus Qi / 太仆寺旗) [3] sein. Damit kann man ungefähr die Region abstecken, in der sich die beiden Reisenden befanden. Es handelte sich um eine Studienreise, nicht um eine Forschungsreise. Trotzdem kann der historisch interessierte Leser viel aus den reichhaltigen Fußnoten mitnehmen. Es geht dabei eben nicht um Kartographie, Geologie, Zoologie, Botanik und Ethnographie sonder um Beziehungen, um Menschen, die getroffen wurde.

Otto Rheinwald hat sich mit seinem Reisebericht an die Chinadeutschen in China oder auch in Deutschland gewendet, aber ich meine, sie sind auch für ein größeres Publikum lesenswert. Schade nur, daß es keine Bilder zum Bericht gibt [4].


Links und Anmerkungen:
[1] Otto Rheinwald: Reise in die Mongolei (Sommer 1931) [sowie nach Peking, Kalgan, Yüngan, Peitaho, Jehol und auf den Taischan vom 27. Juni bis zum 18. September 1931]; in: Studien, Quellen und Perspektiven zum Leben der Deutschen in Ostasien Bd.6, Hg. Studienwerk Deutsches Leben in Ostasien (StuDeO), bearbeitet von Dr. Rainer Falkenberg. München 2023. https://studeo-ostasiendeutsche.de/
[2] Über seinen Reisebegleiter Sacklowski schreibt Rheinwald: „... spricht gut chinesisch ...“; a.a.O. S. 9; außerdem war Sacklowski bereits mehrfach in der Inneren Mongolei.
[3] Banner ist eine Verwaltungseinheit.
[4] „Da Rheinwald ein begeisterter Photograph war, hinterließ er auch unzählige Photos. Leider standen mir diese Photos nicht zur Verfügung, so daß eine Aufnahme in seine Reiseberichte nicht erfolgen konnte.“ Dr. Rainer Falkenberg, a.a.O., S. 7.
Das Bild ist in der Republik Mongolei aufgenommen worden und ich wurde von S. 57 inspiriert. Aber ich weiß nicht, ob die Innere Mongolei so aussieht. Da werden Leser wie auch ich doch einmal hinreisen müssen.

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Tuesday, October 24, 2023

Rückzugsorte

 


Ich fahre häufiger aus der Eifel über die A 553 nach Köln. Und wenn man kurz vor der Linkskurve, in der man auf der linken Seite Schloss Falkenlust sehen kann, nach rechts schaut, dann sieht man dort Felder und zwischen Autobahn und der Eisenbahnlinie ein einsames Haus. Dieses Haus hat mich schon seit längerer Zeit fasziniert. Es ist irgendwie ein Rückzugsort. An dieser Stelle gibt es keinen Durchgangsverkehr. Heutzutage muß man lange suchen, um solche Orte so nah an Industrie und Stadt zu finden, wo es kein Durchgangsverkehr gibt und wo ein Haus alleine stehen kann. Um keinen falschen Eindruck zu erwecken - dieser Ort ist nicht romantisch. Um ihn herum sind Felder und die Autobahn im Westen liegt ca. 145 m vom Haus entfernt, im Norden die Bahnlinie zum Greifen nahe – 5 m! Wahrscheinlich hatte das Haus einmal etwas mit der Eisenbahn zu tun. Nochmals, der Ort selbst ist nicht romantisch, aber er hat meine Phantasie angeregt, über Rückzugsorte nachzudenken.


Da wir gerade bei Autobahn sind; mir war früher aufgefallen, als ich zwischen Köln und Meerbusch pendelte, daß zwischen dem Dreieck Langenfeld und dem Rastplatz Reusrather Heide links und rechts neben der Autobahn häufiger Rehe auftauchten, einmal sah ich sogar Muffelwild. Dort bin ich bisweilen gewalkt, denn nachdem ich während des Tages so viel mit Menschen zu tun hatte, brauchte ich auch Zeit ohne Menschen und natürlich auch die Bewegung. Ich lief neben der Autobahn, denn da kamen keine Menschen hin. Man sieht dort bisweilen Wild, weil es ungestört ist. Ich bin z.B auf Füchse oder Rehe gestoßen. Allerdings leben wir in einer unvollkommenen Welt,  man bezahlt in Autobahnnähe mit dem Nachteil des Verkehrs bzw, seinem Lärm. Es ist also auch keine Lösung für Menschen, die Einsamkeit zusammen mit Natur suchen. Andererseits ist so schnell ein Rückzug zu sich selbst möglich.

Kommen wir aber zurück nach Brühl. Dort stehen Schloss Augustusburg und Schloss Falkenlust als Beispiele des Rokoko Stils [1]. Falkenlust ist als Jagdschloß geplant und „liegt am Rande eines abgeschiedenen Wäldchens“, ist also auch als Rückzugsort zu sehen. Jetzt wird man allerdings alle paar Schritte auf Menschen treffen, selbst mitten in der Woche und besonders bei schönem Wetter – anders als auf der gegenüberliegenden Seite der Autobahn. „Ab 1730 entstand im Falkenlustbusch in unmittelbarer Nähe des Jagdschlosses eine der Maria Aegyptiaca geweihte Kapelle, die von Peter Laporterie in Form einer Staunen erregenden Eremitengrotte mit Muscheln, Mineralien und Kristallen ausgestaltet wurde.“ Eremit – gibt es ein besseres Beispiel für Rückzug? Hier muss ich etwas abschweifen, denn Maria Aegyptiaca oder Maria von Ägypten ist so eine Heilige und Wüstenmutter, die es in sich hat [2]. Sie wird als Prostituierte bezeichnet, die in Jerusalem ihre Bekehrung erfuhr. Ging in die Wüste und lebt dort nackt, nur von ihren Haaren bedeckt, erhielt 46 Jahre später die Kommunion von dem Mönch Zosimas zum Osterfest und hatte sich gewünscht, die Kommunion im nächsten Jahr erneut zu erhalten. Zosimas hielt Wort, und Maria wandelte ihm auf dem Jordan entgegen. Nach der Kommunion wandelte sie zurück. Zosimas fand sie ein Jahr später tot. Sie hatte die Bitte in den Sand geschrieben, von ihm begraben zu werden. Der Leichnam war nicht verwest. So weit die Legende.





Ich erinnere mich an die Kindheit, als die Eltern mit uns drei Jungs ins Bergische Land fuhren.  Mein Lieblingsziel war das Tal der Einsamkeit [3], das hatte ich so benannt, weil dort außer uns selten jemand da war. Es war ein Geheimtipp von Freunden meiner Eltern, die dort nur ein oder zweimal gewesen sind, weil sie danach ins Norddeutsche (nach Buxtehude) verzogen sind. Aber wir haben den Ort in der Kindheit oft aufgesucht, da konnte man sich auf eine Wiese legen, Mutter hatte für Picknick gesorgt. Ich spielte mit den Brüdern am Bach, aber dann, auch mit 12 Jahren, sehe ich mich noch, wie ich barfuß über den Feldweg laufe, Dinge entdecke, aber auch die Ruhe zum Nachdenken genieße.

Kommen wir auf die glückseligen Inseln, die mich schon mehrfach beschäftigten. Ich berichtete vor einigen Monaten kurz über einen Aufenthalt auf dem Atoll Aitutaki, wo ich eine Woche allein in einem Haus mit Garten und Strand wohnte [4], was aber mehr durch Zufall geschah. Man sagt ja, wer erst auf eine einsame Insel im Pazifik fahren muß, um Ruhe, Einsamkeit und Erkenntnisse zu gewinnen, der wird dies nie erreichen. Bei der einsamen Insel im Pazifik kam mir heute eine Insel in Erinnerung, die zum Königreich Tonga gehört, 'uoleva,von der ich gelesen hatte, daß man erst die Schweine tränken muß, bevor man sich im Freien Duschen kann, weil sonst die Schweine einem das Wasser vom Körper lecken. Ich habe diese Insel nie besucht, ich bin nur einmal mit der Fähre daran vorbei gekommen. Es war nicht mein Traum vom Pazifik. Und ich habe jetzt nur eine Tagebuchnotiz gefunden [5]. Ich habe den ganzen Führer für Tonga gerade durchgelesen [6], aber die betreffende Stelle nicht mehr gefunden. Ich weiß nicht mehr, woher ich es habe. Aber das Tränken der Schweine vor dem Duschen bringt diese falsche Romantik wieder auf ein normales Niveau zurück. Und das ist notwendig! Wer in Einsamkeit und Rückzug irgendeine Romantik sieht, der wird nichts daraus gewinnen können.

Kommen wir zurück zu den Einsiedlern, Kartäusern, den Wüstenvätern oder auch Wüstenmüttern oder den Mönchen auf dem Athos. Die Eremiten wollten Ablenkungen vermeiden, um so in einfachen Lebensumständen zu beten und zu meditieren [7]. Dies begann im 3. Jahrhundert mit den Wüstenvätern und wurde bis ins Spätmittelalter praktiziert. Es gingen zeitweise so viele Eremiten in die Wüste, daß geregelt werden mußte, wie nah die Zellen (kelliá - κελλιά) untereinander gebaut werden durften [8]. Schon da zeichnete sich ab, daß neben der Einsamkeit auch der Kontakt notwendig war. Die Kartäuser gehen auf den heiligen Bruno von Köln zurück [9]. Wahrscheinlich kennen die meisten das Getränk Chartreuse, das seinen Namen von den Kartäusern hat, denn die haben den Kräuterliqueur erfunden. Die Chartreuse aber ist eine einsame Gebirgsgegend bei Grenoble (Frankreich), in der Bruno den Orden gegründet hat. Die Kartäuser leben in kleinen Häusern, die mit dem Kreuzgang und der Kirche verbunden sind. Auf dem Athos existiert die Siedlungsform der Skiten (griechisch σκήτες), wobei in einer der Formen „Kelliá (griechisch κελλιά ‚Zellen‘), Hütten für einen Bewohner“, rund um einen klösterlichen Zentralbau angelegt sind [10]. Schon früh hatte man also einen Sinn im Wechsel von Umgang und Rückzug von Menschen erkannt.

Mir kommt eine Therapiegruppe in den Sinn, die ich einst zusammen mit dem Klinischen Psychologen betreut hatte. Eine Übung bestand darin, sich einen Ort der der Stille vorzustellen. Nach der Übung befragte eine der Patientinnen eine andere, die beiden hatten sich bereits angefreundet: „Wie war es denn bei dir?“ Vordergründig eine sehr harmlose Frage. Aber die betreffende Person wurde in ein tiefes Loch katapultiert. Was war passiert? Sie hatte sich keinen Ort der Ruhe vorstellen können. Überall war Trubel und sie fand nicht, wo sie sich hätte hin zurückziehen können. Sie hat aber später die Übung dann doch noch zu Ende bringen können. Denn irgendwo kann jeder seinen Ort der Ruhe finden. Und nicht erst im im Grab, denn das ist die letzte Ruhe.

Zusammenfassend braucht man beides, daß Zusammensein mit anderen Menschen und aber auch die Möglichkeit des Rückzuges von anderen Menschen. Das war bei den Wüstenvätern und den Mönchen auf dem Athos, die in den Skiten leben, auch so geregelt. Wie habe ich es für mich geregelt? Wenn ich unter Menschen will, bin ich unter Menschen. Wenn nicht, ziehe ich mich zurück. In meiner Umgebung in der Eifel kenne ich die Wege, auf denen ich sicher auf Wanderer treffe, aber auch die, auf denen ich nur auf Nachbarn treffe, mit denen ich dann auch gerne rede. Oder diese Strecken, auf denen so gut wie nie jemand lang läuft. Wie viel man unter Menschen sein will und wieviel man sich zurückziehen will, muss jeder für sich selbst entscheiden, da gibt es keine generelle Lösungen. Aber einen Ort des Rückzugs sollte man schon finden.



Links und Anmerkungen:
[1] https://www.schlossbruehl.de/jagdschloss-falkenlust/  Seit 1984 in der Liste des Weltkulturerbes der UNESCO.
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Maria_von_%C3%84gypten Wikipedia hat die Kurzversion der Geschichte; sie liest sich bei Hans Conrad Zander aber viel interessanter; siehe unter [8], S, 115 ff.
[3] Es handelt sich um das Kollenbachtal.
[4] Sammelsurium (230) 24.07.2023 https://rheumatologe.blogspot.com/2023/07/sammelsurium-230-24072023.html Da finden sich auch Bilder von diesem Rückzugsort.
[5] https://rheumatologe.blogspot.com/2021/10/polynesische-impressionen-eine-reise-in.html und noch ein Text auf Englisch: https://rheumatologe.blogspot.com/2022/01/tonga-from-my-old-travelogue.html
[6] Deanna Swaney: Tonga, a travel survival kit. Lonely Planet, Hawthorn (Australia) 1990. ISBN: 0-86442-077-3.
[7] https://de.wikipedia.org/wiki/Einsiedler
[8] Hans Conrad Zander: Als die Religion noch nicht langweilig war. Die Geschichte der Wüstenväter. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2001. ISBN: 3-462-02982-7. S. 21 ff.
[9] https://de.wikipedia.org/wiki/Kart%C3%A4user  
[10] https://de.wikipedia.org/wiki/Athos

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Sunday, October 22, 2023

Die Welt wurde am 23. Oktober 4004 v. Chr. um 09:00 Uhr erschaffen

 


Vor einigen Tagen las ich in einem Buch [8], daß die Welt am 23. Oktober 4004 v. Chr. um 09:00 Uhr erschaffen worden ist. Als Quelle wurde John Lightfoot genannt. John Lightfoot lebte von 1602 bis 1675 und war Vize-Kanzler der Universität Cambridge [1]. So weit hatte meine Quelle richtig recherchiert, aber dann muss etwas schief gelaufen sein. Gordon Lightfoot sang in seinem wohl  bekanntesten Lied If You Could Read My Mind: „I don′t know where we went wrong“ [2]. Ich kann  allerdings sagen, wo man in dem Buch falsch gelaufen ist. Lightfoot hatte berechnet, daß die Schöpfung bei Einbruch der Dunkelheit nahe der Herbst-Tagundnachtgleiche im Jahr 3929 v. Chr. begann („Es werde Licht!“). Nun gibt es auch noch weitere Zeitpunkte, die berechnet worden sind [3]:
3761 v. Chr. / Jose ben Halafta  
3949 v. Chr. / Joseph Justus Scaliger
3952 v. Chr. / der Mönch Bede
3992 v. Chr. / Johannes Kepler
ca. 4000 v. Chr. / Sir Isaac Newton

Und nun kommen wir zum exakten Datum: 23. Oktober 4004 v. Chr. um 09:00 Uhr. James Ussher, der Primas von Irland, hatte dieses Datum berechnet [4]. Wikipedia erklärt uns: „Am bekanntesten ist seine Weltgeschichte, die den Schöpfungszeitpunkt auf den 23. Oktober 4004 v. Chr. (Julianischer Kalender) datiert.“ Andererseits sahen die Byzantiner das Jahr 5509 v. Chr. als Jahr der Schöpfung an [5]. Es bleibt kompliziert und nein, ich werde jetzt nicht näher auf die Byzantiner eingehen.

Aber das schöne Kartenhaus, das ich hier aufgebaut habe – übrigens gibt es Sendungen in WDR und BR, bei denen es den Autoren und Redakteuren nicht aufgefallen ist [6] – stürzt zusammen. Der 23. Oktober 4004 v. Chr. entsprechend dem Julianischen Kalender entspricht dem 20. September 4003 v. Chr. im Gregorianischen Kalender, den wir heute benutzen. Aber warum auch Dinge überprüfen?

Was haben die Berechnungen, die man vor einigen Jahrhunderten angestellt hat, mit uns heute zu tun? Ich las kürzlich ein Buch – Genesis Konflikt [7] – in dem jemand versucht nachzuweisen, daß die Erde nur ein paar tausend Jahre alt ist. Die Dinosaurier sind sozusagen erst kürzlich ausgestorben.

Lassen wir uns den Festtag nicht vermiesen und feiern die Erschaffung der Welt, egal zu welcher Zeit, andere Feiertage haben wir schließlich auch willkürlich festgelegt.



Links und Anmerkungen:
[1] https://en.wikipedia.org/wiki/John_Lightfoot
[2] Gordon Lightfoot wurde 1938 geboren und starb vor einigen Monaten; er war ein kanadischer Folk- und Countrysänger sowie Songwriter https://de.wikipedia.org/wiki/Gordon_Lightfoot
[3] https://en.wikipedia.org/wiki/Ussher_chronology  
[4] James Ussher (auch Usher) lebte von 1581 bis 1656. https://de.wikipedia.org/wiki/James_Ussher
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Annus_mundi
[6] 23. Oktober 4004 v. Chr. - Gott erschafft die Welt https://www1.wdr.de/stichtag/stichtag-erschaffung-welt-100.html  
und
23. Oktober 4004 v.Chr. Gott vollendet die Schöpfung der Welt! (das wäre aber der 28.10. und das Kalenderblatt endet auch noch mit: „Es werde Licht!“) https://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/kalenderblatt/gott-vollendet-die-schoepfung-der-welt-100.html  
[7] Veith, Walter J.: Genesis Konflikt - Kreation oder Evolution. Amazing Discoveries, Eckental 2008. ISBN: 9783980910934. Es handelt sich um die Hardcover-Ausgabe, die ich besitze; Hardcover für Hardliner.
[8] Nachtrag: O.A.: Die letzten Geheimnisse unserer Welt. DAS BESTE, Stuttgart, Zürich,Wien 1979. ISBN: 3-87070-109-9. S. 142. Verantwortlich für diesen Abschnitt war May Veber, von der ich im Internet nicht mehr erfahren konnte, aber immerhin hält sie (OT) UFOs für möglich, wenn nicht gar wahrscheinlich.


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Altargesteck am 22.10.2023 – 20. Sonntag nach Trinitatis



Am 20. Sonntag nach Trinitatis fragt nach dem Sinn von Ordnungen [1], und das hatten die KonfimandInnen und ihre Eltern als Vorbereitung auf diesen Gottesdienst getan. Mit etwas Phantasie weist auch der Wochenspruch in diese Richtung: „Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir fordert: nichts als Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.“ [2] Mehr aber war in der Lesung aus dem Ephesebrief zu spüren: „Ihr Kinder, seid gehorsam euren Eltern in dem Herrn; denn das ist recht. »Ehre deinen Vater und deine Mutter«, das ist das erste Gebot, das eine Verheißung hat: »auf dass dir’s wohlgehe und du lange lebest auf Erden« (5. Mose 5,16). Und ihr Väter, reizt eure Kinder nicht zum Zorn, sondern erzieht sie in der Zucht und Ermahnung des Herrn.“ [3]

Auch die Lesung aus dem Evangelium widmete sich diesem Thema: Der zwölfjährige Jesus im Tempel [4]. Der zwölfjährige Jesus pilgerte mit seinen Eltern zum Passafest nach Jerusalem. Es wird seine Bar Mizwa gewesen sein, er wurde religionsmündig. Ohne nachzudenken, wie das Teenager so tun, blieb er im Tempel, als seine Eltern schon wieder auf den Heimweg waren. Schließlich wird er vermißt und die Eltern sorgen sich um ihn, suchen ihn, kehren nach Jerusalem zurück und finden ihn im Tempel, in tiefgründige Gespräche über die Tora vertieft. Der Vorwürfen von Angst und Sorge der Eltern begegnet er mit: „Warum habt ihr mich gesucht? Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meinem Vater gehört?“ Schließlich geht er gehorsam mit den Etern zurück. „Und seine Mutter behielt alle diese Worte in ihrem Herzen“, wie sie das schon nach der Geburt getan hat [5].
Wenn auch der Gehorsam wichtig sein mag, so ist die Abweichung einer der Schritte vom Kind zum Erwachsenen zu reifen. Auf den Wortbeiträgen der  KonfimandInnen und ihrer Eltern konnte man Problembewußtsein und gegenseitige Wertschätzung heraushören.

Das Altargesteck vermochte nicht wesentlich am Geschehen teilzunehmen, wir haben es gewässert, vielleicht sieht es noch einen Gottesdienst, in dem ihm eine größere Rolle zuteil wird.

 



Inspiriert vom täglichen Blumenstrauß
auf einem Fahrrad von Ai Weiwei (艾未未).

Links und Anmerkungen:

[1] https://www.kirchenjahr-evangelisch.de/article.php#1139
[2] Micha 6,8
[3] https://www.die-bibel.de/bibeln/online-bibeln/lesen/LU17/EPH.6/Epheser-6 Eph 6,1-4
[4] https://www.die-bibel.de/bibeln/online-bibeln/lesen/LU17/LUK.2/Lukas-2 Lk 2,41-52
[5] Die Jungfrau Maria als Quelle der Evangelien wäre interessant. Ein Evangelium von Maria Magdalena ist apokryph und ist wegen gnostischer Einflüsse verworfen worden.

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Friday, October 20, 2023

FreitagsGedichte / #Kurzlyrik 20.10.2023

 


城中相識盡繁華,日夜經過趙李家。
誰憐越女顏如玉,貧賤江頭自浣紗。
洛阳女儿行

王维

In der Stadt kennt sie die Reichen und Verschwenderischen;
Tag und Nacht besucht sie einflußreichen und vermögende Familien.
Wer bemerkt das Mädchen aus dem Süden mit jadeweißem Antlitz,
Die demütig, arm und allein am Fluß Seidengarn wäscht?
Ode an ein Mädchen aus Luoyang
Wang Wei


Die Nacht
    die Nacht
Nimmt
Als
Geisel
Nur
Wer
Nicht
Rasch
In einen
    Traum
VerCchwinden kann

Traurig
    wie traurig
Manch
Einer
BeGräbt
Tag
Um
Tag
Ich
Lasse
Sie
Fort fliegen
    Für
Und für

Kümmern
    wenn du
Dich
Zu
Viel
Kümmerst
VerKümmerst
Du
Selbst
Drum kümmere
    Dich
Bitte darum

Seltsam
    wie seltsam
Dieser
Morgen
Mein
Schatten
Stand
Vor
Mir
Auf
Wo will
    Er
Nur hin?

Schwerkraft
    nichts ist
Schwerer
Als
Die
Brocken
Erde
Die
Auf deinen
    Sarg
GeWorfen werden

Jäger
    laß deinen
Adler
Steigen
Jäger
Und
Erwarte
Nicht
Daß er
    Zu
Dir zurückKehrt

Efeu
    es ist
Der
Efeu
Der
Am Schluss
Die
Letzten
Ruinen
Der Menschheit
    Zusammen-
Halten wird

Morsch
    morsch sind
Die
Jahre
Geworden
Und
Frost
Hitze
Regen
Schnee
Und
Wind wechseln
    Sich
Weiter ab

Himmel
    was außer
Den
Himmel
Sollte
Die
Pfütze
Spiegeln?
Was
Aber
VerAnlaßt
Den
Himmel
In schwarze
    Pfützen
Zu steigen

BestenFalls
    das sind
Wir
BestenFalls
Meteore
Am
HimmelsZelt
Die
Wunderbar
Hell
AufGlühen
Und so
    Schnell
VerGlüht sind

Flucht
    die Krähen
Fliehen
Über
Die
VerSchneiten
Wiesen
In
Wirrem
Flug
Sie
Haben
Nichts verbrochen
    Und
Fliehen doch



Wang Wei (王維) ist ein Dichter, Maler, Musiker und Politiker der Tang-Dynastie. Laut Wikipedia lebte er von 699 bis 759 und das deckt sich mit meinem alten Lehrbuch, das ich vor langer Zeit für einen Kurs in Tang-Poesie verwendet habe. Er ist einer der bedeutendsten Dichter der Tang-Dynastie und deshalb finden wir 29 seiner Gedichte in der Anthologie 300 Gedichte der Tang-Dynastie.



Wednesday, October 18, 2023

Sammelsurium (235) 18.10.2023


Herbst?
Es ist schon merkwürdig, im SpätSommer wurden die Birken trocken und seither verlieren sie braune Blätter, aber sie sind im Grunde genommen weiterhin grün. Bei einigen Büschen haben sich die Blätter verfärbt, aber die meisten sind noch grün. Der Wein ist rot geworden und verliert seine Blätter. Aber die Eichen, die PflaumenBäume, die Weide und KirschBäume tragen alle noch Ihre grünen Blätter, wie auch die JohannisBeeren und HaselNussBüsche. Dabei hat es schon Frost gegeben. Ist es nicht merkwürdig, daß der Herbst mit seinen Farben noch auf sich warten lässt.

Herbst
Im Nu war es wieder Herbst geworden -: oder war nicht schon im letzten Glanz des Sommers auch ein VerBleichen, ein VerBlassen, ein FahlWerden des Lichts und der Stimmung zu bemerken? Und sind nicht die grellen Farben der HerbstBlätter ein AufBäumen der Natur vor dem VerGehen? Wer geht schon gerne in den Tod? Gut, das ist jetzt nah an: Wer stirbt schon gerne unter Palmen? [1]

Das feullitonistische Zeitalter

Jedes Angebot eines ZeitVertreibs bringt dich weiter weg vom Wesentlichen. Die Welt zerSplittert in ein Kaleidoskop von Beliebigkeit. Es ist eine Geburt von Chaos aus Chaos.

Sicherheit
In unserer Angst vor dem Leben suchen wir Sicherheit, aber es gibt keine politische Sicherheit, nie hatte sie gegeben, aber mit Krieg und Kampf ist man schon einmal beschäftigt. Die Religion hat sich selbst ins Abseits gestellt. Und Moral? Da ist zu viel Dehnbarkeit, wenn es darauf ankommt.

Weite
Lass uns den Weiten, den Weiden, den Wiesen, den Wäldern, den Auen, dem AbendRot nachTrauern, aber in fröhlichen Gesängen, und der Wein darf in Pokalen glänzen und Trunkenheit sei nicht das Ziel.

Die fremde Welt
Früher einmal mußte ich mich einer kleine Operation unterziehen und war einige Tage krank geschrieben. Ich ging an diesen Tagen zu anderen TagesZeiten durch Straßen, die ich sonst auch benutzte, aber ich tauchte ein in eine fremde Welt. Es war die Welt der HausFrauen und HausMänner, der Rentner, der Schüler und der Arbeitslosen. Sie war nicht da am freien  Samstag und sie war auch nicht im Urlaub da, denn dann verbrachte ich meine Zeit bis zum letzten Tag in fernen Ländern, manchmal auch darüber hinaus.

Mutwillig
Soll ich alles stehen und liegen lassen und auf die Straße eilen, um jeden in meinem Glück und meiner Freude zu umarmen? Mitnichten! Das hieße doch jede Depression mutwillig zu zerstören

Tausch
Ich habe den Spiegel ausGetauscht für ein BücherRegal. Nun stehe ich Auge in Auge nicht mit mir, aber dafür mit der WeltLiteratur.

Felder
Mitte Oktober und schon eine FrostNacht. Da liegen die Felder mit Blühender SenfSaat. Man erntet und noch steht der Kohlrabi auf dem Feld. Am merkwürdigsten kam mir aber heute ein Feld mit Rhabarber vor, rote Strünke und große, grüne Blätter.



GaunerZinken
Ich möchte alle Häuser mit Gaunerzinken, die ich nicht kenne, versehen, nur damit etwas Sinnvolles in dieser Sinn entfremdeten Zeit geschieht.

Achtsamkeit
Schreibe jeden Tag auf, wann du aufgestanden und wann du zu Bett gegangen bist
Die nächste Woche ergänze jede Mahlzeit, die nächste Woche ergänze jedes ZähnePutzen, jedes Rasieren, jedes Waschen.
Die Woche  darauf ergänze jedes Öffnen einer Tür oder eines Fensters.
Die nächste Woche ergänze jedes Telefonat, darauf die Woche jeden Gang zur Toilette.
Du mußt aber alles sofort notieren. Schreibe sorgfältig, am besten mit Feder, Federhalter und AusziehTusche.



Rechts und Anmerkungen:
[1] Heinz G. Konsalik: Wer stirbt schon gerne unter Palmen? Hestia Verlag, Bayreuth 1972. ISBN 3-404-14914-9. 

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Tuesday, October 17, 2023

Saladin Schmitt - Blätter der Erinnerung

 


„Überhaupt: Altistinnen müßten stets in
 dunkelviolettem Samt gekleidet gehen.“ [1]


Ich kann ja an keinem Buch vorbeigehen, also auch nicht an diesen Bücherschränken, die überall aufgestellt wurden. Kürzlich ging ich wieder einmal an so einem Bücherschrank vorbei und ergriff ein Buch. Darin fand ich einen gefalteter Zettel von den Katholisch-Theologischen Seminaren der Universität Bonn, auf dem stand: „Wegen der Ehrenpromotion des Hochw. Herrn P. Sal. Schmidt bleiben die Seminare“ und so weiter wie oben gezeigt. Ich dachte in diesem Moment, ein Pater Schmitt  (Kath.-Theologische Seminare und Hochw. sowie P.) wird mich nicht so sehr interessieren und stellte es wieder weg. Aber da arbeitete es bereits in mir und auf der Fahrt von diesem Bücherschrank nach Hause wäre ich fast schon umgekehrt. Denn ich bin ein bisschen wie der Professor Lidenbrock in Reise nach dem Mittelpunkt der Erde von Jules Verne [2], wenn ich ein Papier in einem Buch finde. Die drastische Beschreibung Jules Vernes Roman habe ich unten herauskopiert. Man kann den das ganze Buch übrigens online lesen. Nun begab es sich, dass ich vielleicht ein bis zwei Wochen später erneut an diesem Bücherschrank vorbeiging. Und niemand hatte das Buch [1] mitnehmen wollen. Da meinte ich, daß Saladin Schmidt schon ein interessanter Name wäre. Es ist eine Art Pseudonym, wie ich später noch näher ausführen werde, aber dann dachte ich wieder: soll ich dieses Buch mitnehmen? Als ich darin blätterte, fand ich heraus, daß es sich nicht um einen Pater handelte, wie ich dachte, sondern um einen Professor und zwar Professor Saladin Schmitt, ein Regisseur und Intendant des Theaters in Bochum. Ausschlaggebend, daß ich das Buch dann doch mitgenommen habe, war das oben abgedruckte Zettelchen der Katholisch-Theologischen Seminare der Universität Bonn vom 11.12.1962. Posthum wurde Saladin Schmitt  die Ehrendoktorwürde verliehen. Ich liebe diesen Zettel, der mit Schreibmaschine für den Aushang geschrieben wurde. Man sieht noch die Löcher von den Reißzwecken. Die Schreibmaschine kommt der Schreibschrift doch recht nahe, denn man sieht verschieden starke Anschläge bei den kleinen Ems oder den Punkten, die teilweise ausgestanzt sind.  

Normalerweise interessiert mich das Theater nicht so viel wie das Kino beziehungsweise der Film. Auch die Oper interessiert mich höchstens, indem ich bisweilen eine Arien höre. Aber hier las ich  dann doch und es wurde interessant. Ich gebe zu, dass ich als junger Mensch Stücke für Kindertheater geschrieben habe - die sind so grausam, daß ich sie aufbewahrt habe. Um einigermaßen die mangelnde Qualität dieser Stücke zu beschreiben -: es ist so ähnlich wie Der Raub der Sabinerinnen im gleichnamigen Film [3]. Ich habe mich dann hingesetzt und das Buch gelesen, je mehr ich las, desto interessanter wurde es.

Saladin Schmitt, eigentlich Joseph Anton Schmitt, lebte von 1883 bis 1951 und war Regisseur und Theaterintendant [4]; der älteste Sohn in dieser Familie hieß immer Saladin und er nahm den Namen an, als sein älterer Bruder gestorben war. Er studierte in Bonn und Berlin Germanistik und promovierte 1905 mit einer Arbeit über Friedrich Hebbel. Die für mich interessante Zeit liegt zwischen 1919 und 1949, denn da war er  Intendant des Schauspielhauses Bochum. Der akademische Grad Professor wurde von Adolf Hitler verliehen [5]. Direkt neben dem Kopf von Saladin Schmitt sieht man in einen Artikel mit einem Bild mit vielen Hakenkreuzfahnen. Schmitt wurde 1944 Ehrenbürger der Stadt, was aber nicht verhinderte, was ihm wohl später peinlich war. 1949 wurde er aus seinem Amt als Intendant entlassen, als er versucht hatte, den früheren, wegen seiner nationalsozialistischen Vergangenheit umstrittenen Chefdramaturgen Walter Thomas wieder einzustellen.

Es wurde bis in den Krieg hinein Theater gespielt in Bochum Die der vorgelegte Spielplan 1939/ 1940  unterschied sich nicht wesentlich, wie man im Buch erfahren kann (Seite 65), jedoch wurden später mehr Komödien und Lustspiele ins Programm genommen. Da Schmitt Präsident der deutschen Shakespeare-Gesellschaft war, fiel es auch nicht schwer, genügende heroische Stücke auf die Bühne zu bringen. Deshalb unterschied sich der Spielplan auch nicht wesentlich. Und gerade dies hat nach dem Krieg dazu geführt, dass bereits 1945 die englische Besatzungsmacht dem Theater beim Wiederaufbau durch Sachzuwendungen geholfen hatte. Während des Krieges kamen immer mehr Urlauber und Verwunderte in Uniform in das Theater, so daß man in wirkliches Bedürfnis für Kulturveranstaltungen annehmen konnte. Dies gilt genauso für die Zeit direkt nach dem Krieg.

Für mich stellen sich natürlich Fragen. Inwieweit hat sich Saladin Schmitt mit dem Dritten Reich identifiziert? Er war ein Vetter dritten Grades Stefan Georges und stand mit diesem auch in Kontakt. George ließ sich nicht für den Nationalsozialismus einspannen, aber er starb auch kurz nach der Machtübernahme. Ich kann mir aber vorstellen, daß man bei George und Schmitt Punkte finden kann, die sie in die Nähe des Nationalsozialismus stellen, ohne daß sie deshalb explizit Nationalsozialisten gewesen wären. Das Buch kann natürlich als Ehrung Saladin Schmitts nicht wirklich kritisch seine Stellung zum Nationalsozialismus hinterfragen. Allerdings setzte sich Saladin Schmitt noch 1939 dafür ein „zwei Schauspielerinnen, die nach Maßgabe der Nürnberger Gesetze als Jüdinnen klassifiziert wurden, im Ensemble zu behalten.“ [6]  Außerdem mußte er wegen seiner Homosexualität sehr vorsichtig sein. Im Artikel weiter: „In Wahrheit lässt sich Saladin Schmitts Haltung zum Nationalsozialismus, die von Anpassung und (begrenztem) Dissens gleichermaßen geprägt war, wie die vieler seiner Zeitgenossen aber wohl nicht auf einen so einfachen Nenner bringen.“

Und ich frage mich natürlich auch, weshalb die (Katholisch-Theologischen) Seminare am 15.12.1962 geschlossen blieben. Die Frage kann ich aus dem dem mir vorliegenden Material nicht sicher beantworten, aber ich darf einmal spekulieren, daß es rein gar nichts mit den Katholisch-Theologischen Seminaren zu tun hat, sondern daß man an der Feier der Vergabe der Ehrendoktorwürde teilgenommen hat. Ein Schwachpunkt ist jedoch, daß auf der Liste „Ehrendoktor der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn“ Saladin Schmitt nicht zu finden ist.

Ich möchte mit einer Anekdote schließen, die Ernst Schröder berichtet (S. 142): Saladin Schmitt saß während der Premiere in der hintersten Reihe im Parkett und als er grollte, da etwas nicht so lief, wie wollte, zischte ihm ein sichtlich gestörter Premierenbesucher zu: „Wenn sie nichts vom Theater verstehen, dann gehen Sie doch ins Kino!“



Links und Anmerkungen:
[1] Stadt Bochum (Hg.): Saladin Schmitt. Blätter der Erinnerung. Nach einer Idee von Kurt Dörnemann. Bochum 1964. S. 99.
[2] Jules Verne: Reise nach dem Mittelpunkt der Erde. „Ein Zwischenfall gab der Unterhaltung eine andere Wendung. Ein schmutziges Pergament fiel aus der Scharteke heraus auf den Boden. / Mit begreiflicher Gier fiel mein Oheim über diesen Quark her. Ein altes Document, das vielleicht seit unvordenklicher Zeit in einem alten Buche lag, mußte unfehlbar in seinen Augen sehr kostbar sein.“
http://www.zeno.org/Literatur/M/Verne,+Jules/Romane/Reise+nach+dem+Mittelpunkt+der+Erde/2.+Capitel
[3] Der Raub der Sabinerinnen – ich meine hier die zweite Verfilmung von Kurt Hoffmann aus dem Jahr 1954. Insbesondere Gustav Knuth als Emanuel Striese ist mir in Erinnerung geblieben.  https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Raub_der_Sabinerinnen_(1954)
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Saladin_Schmitt  
[5] Professor Dr. Saladin Schmitt - Eine verdiente Ehrung des Bochumer Intendanten durch den Führer. In: zeitpunkt.net. Bochumer Anzeiger, 31. Januar 1938, S. 3 und S. 4, abgerufen am 17.10.2023. https://zeitpunkt.nrw/ulbms/5969311  
[6] Saladin Schmitt, der vergessene Ehrenbürger https://www.lokalkompass.de/bochum/c-politik/saladin-schmitt-der-vergessene-ehrenbuerger_a1678612
[7] Kategorie:Ehrendoktor der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
https://de.wikipedia.org/wiki/Kategorie:Ehrendoktor_der_Rheinischen_Friedrich-Wilhelms-Universit%C3%A4t_Bonn und auch nicht auf der „Liste von Persönlichkeiten der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn“ https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Pers%C3%B6nlichkeiten_der_Rheinischen_Friedrich-Wilhelms-Universit%C3%A4t_Bonn


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Sunday, October 15, 2023

Mahnwache für den Frieden und „Kurs: Galapagos“

 



Die „Mahnwache für den Frieden“ findet jeden Samstag um 12:00 Uhr am Mühlenbrunnen in Köln-Dellbrück statt [1]. Sie steht unter dem Motto „Für Frieden in der Ukraine und überall“. Und ich habe darüber auch schon berichtet [2]. Nun nahm ich wieder einmal teil und hörte das Lied „Nein, meine Söhne geb’ ich nicht“ von Reinhard Mey zum ersten Mal. In dem Lied heißt es:
„Und eher werde ich mit ihnen fliehen
Als dass ihr sie zu euren Knechten macht“.

Es geht um den Kriegsdienst, den die Söhne nicht ableisten sollen. Ich aber hatte gerade ein Buch gelesen, in dem es auch um den Schutz der Söhne einer Familie vor dem Kriegsdienst geht – in den 1930iger Jahren. Außerdem handelte das Buch über Galapagos und war wegen meiner gerade beendeten zweiten Reise auf die Galapagos Inseln besonders interessant.

Mich hat besonders die Siedlungsgeschichte der Galapgos Inseln fasziniert, denn die ist noch realitiv jung und überschaubar. Jetzt für diesen Blogpost ist von Interesse, daß die ersten deutschen Siedler Ende der 1920iger Jahre Aussteiger waren, die auf Floreana gelandet waren. Zu diesen gesellte sich die Familie Wittmer, über die ich unbedingt noch einmal ausführlich schreiben möchte, denn ich habe einerseits im Hotel der Wittmers gewohnt und andererseits stammte die Familie aus Köln. Ich will hier aber über die Gebrüder Angermeyer berichten, die dann auf Santa Cruz siedelten, obwohl sie Floreana wegen der Wittmers angepeilt hatten, aber so hatten die ecuadorianischen Behörden entschieden.

Matthias Stolt ist Großneffe der Gebrüder Angermeyer, hat sie besucht und allerdings erst Jahre später sein Material in Buchform veröffentlicht [3]. Die Eltern der Gebrüder Angermeyer waren christlich geprägt und hatten sieben Kinder: fünf Söhne und zwei Töchter. Sie beschlossen Mitte der 1930iger Jahre, die Söhne vor dem Kriegsdienst in einem sich anbahnendem Krieg zu schützen. Die fünf Brüder fuhren los, aber einer der Brüder fuhr aus England aufgrund einer Erkrankung und wegen Heimweh nach seiner Verlobten wieder zurück. Einer der Brüder heiratete unterwegs und zu fünft kamen sie auf Santa Cruz an. Die Eltern, ein Bruder, Schwägerin und Neffe kamen bei einem Bombenangriff auf Hamburg im zweiten Weltkrieg ums Leben. Nun, das ist eine hochinteressante Familiengeschichte und das Buch gibt Auskunft über die Fährnisse der Reise, die sich über zwei Jahre hingezogen hat. Im Wesentlichen hält sich Matthias Stolt an die Erzählungen seines Großonkels Karl Angermeyer.

In den 1950iger Jahren wuchs das wissenschaftliche Interesse an den Galapagos Inseln. Irenäus Eibl-Eibesfeld oder Thor Heyerdahl besuchten die Angermeyers. In den 1960iger wurde die Darwin-Station aufgebaut und dann entwickelte sich zuerst langsam der Tourismus. Matthias Stolt war 1988 das erste Mal zu Besuch dort, so daß ich das einigermaßen mit den Eindrücken von meiner ersten Reise im Jahr 1993 abgleichen konnte [4]. Das Hotel Angermeyer in Puerto Ayora hat den Besitzer gewechselt und schräg gegenüber habe ich vor einigen Wochen gesessen und gegessen und nicht gewußt, wie historisch auch dieser touristische Teil der Galapagos Inseln ist.

Wir saßen nach der Mahnwache noch zu einem Kaffee vor dem Bestattungsinstitut am Mühlenbrunnen in Köln [5]. Da haben wir uns wirklich gefragt, was man tun könnte, wenn der Krieg sich ausweitet. Nur wenigen gelingt die Übersiedlung in die Ferne. Aber vielleicht kümmere ich mich doch einmal mehr um Überfahrten nach Tristan da Cunha. Oder wir halten uns an Hans Magnus Enzensberger [6]:
„lies keine oden, mein sohn, lies die fahrpläne:
sie sind genauer. roll die seekarten auf,
eh es zu spät ist. sei wachsam, sing nicht.“





Links und Anmerkungen:
[1] https://evangelisch-in-koeln-dellbrueck-holweide.de/friendensmahnwache/  
[2] https://rheumatologe.blogspot.com/2023/07/mahnwache-fur-den-frieden-am.html  
[3] Matthias Stolt: Kurs Galapagos: Das abenteuerliche Leben der Gebrüder Angermeyer.  Edition Temmen, Bremen 2012. ISBN-13: 978-3861083818.
[4] Overview of my Two Trips to the Galapagos Archipelago
https://rheumatologe.blogspot.com/2023/09/overview-of-my-two-trips-to-galapagos.html
[5] Das hat sich so ergeben, daß die Tische des Eis-Cafés vor dem Bstattungsinstitut stehen. Ein Bild hatte ich bereits in Sammelsurium (228) 30.05.2023 gezeigt: https://rheumatologe.blogspot.com/2023/05/sammelsurium-228-30052023.html.
[6] Hans Magnus Enzensberger: „ins lesebuch für die oberstufe“
http://heuteundgestern.om-1.de/gedichte/ins-lesebuch-fuer-die-oberstufe/


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Altargesteck am 15.10.2023 – 19. Sonntag nach Trinitatis

 



Der 19. Sonntag nach Trinitatis geht der Frage der Heilung nach [1], ob die körperliche Heilung das Maß der Dinge sein kann bzw. das seelische Heil nicht der wichtigere Aspekt ist. Dafür können ganz unterschiedliche Geschichten aus der Bibel herangezogen werden. Aus dem Neuen Testament die Heilung des Gelähmten am Teich Bethesda („Steh auf, nimm dein Bett und geh hin!“) [2]. Oder die Heilung des Gichtbrüchigen (das Dach wird abgedeckt und der Kranke zu Jesus hinabgelassen) [3]. Oder aber im Alten Testament bei Jesaja: Hiskias Krankheit, Genesung und Danklied [4]. Daraus wurde das Motto des Werkstatt-Gottesdienstes zum Thema „Heilen und heil sein“, der am Vorabend des 19. Sonntags nach Trinitatis in der Versöhnungskirche stattfand, gewählt: „Du aber hast dich meiner Seele herzlich angenommen…“. Auch der Wochenspruch beschäftigt sich mit Heil und Heilung: „Heile du mich, Herr, so werde ich heil; hilf du mir, so ist mir geholfen.“ [5]

Während der Heilung am Teich Bethesda [6] fragt Jesus: „Willst du gesund werden?“ „Ja, selbstverständlich!“ möchte man aufschreien. Aber so absurd ist die Frage nicht. Es geht hier vielmehr um das Heil, was allerdings Umkehr, Veränderung von Einstellung und Leben heißen kann.

Der Predigttext steht im Jakobusbrief [7]. Der betreffende Abschnitt behandelt das Gebet für die Kranken: „Leidet jemand unter euch, der bete; ist jemand guten Mutes, der singe Psalmen. Ist jemand unter euch krank, der rufe zu sich die Ältesten der Gemeinde, dass sie über ihm beten und ihn salben mit Öl in dem Namen des Herrn.“ Und das Heil soll nicht nur die Kranken erreichen sondern alle Welt, das aber machen wir in den Fürbitten – hier ein Auszug vom Sonnabend:
„Gott, wir tragen alles, was wir auf dem Herzen haben zu dir. Nicht nur für uns selbst bitten wir – wir denken auch an andere Menschen. An nahe und ferne.
Wir beten für die Menschen in Israel und Palästina, in der Ukraine und in Russland in den vielen anderen Ländern, in denen Krieg und Terror herrschen. Und wir teilen die Klage der Mütter, Väter und Kinder um die, die sie verloren haben.
Gott wir bitten dich, wirke in diese Welt hinein, damit die Menschen zur Vernunft kommen und anfangen am Frieden zu bauen.“

Beide Gottesdienst waren Abendmahls-Gottesdienste. Ich habe gelernt, und mich darüber sehr gefreut, daß man das Lied Kommt mit Gaben [8] auch mit einer Toccata einleiten kann. In beiden Kirchen wurde das Abendmahl mit Traubensaft gefeiert. Ich weiß, daß dies Puristen nicht gut heißen. Ich tue das aber hier einmal, denn so werden Abstinenzler oder Kinder / Jugendliche nicht ausgegrenzt. Ich bin der Auffassung, daß man es generell so machen sollte. Ich bin gespannt, wie sich diese Diskussion entwickeln wird, insbesondere auch in Hinsicht auf ein ökumenisches Abendmahl – oder bin ich damit jetzt Jahrhunderte zu früh?

Das Altargesteck in Kall ist sehr hübsch arrangiert und würdig auf dem Alter zu stehen. Das Blumengesteck in der Versöhnungskirche hat ein Unten und ein Oben und viele „Leitungen“ dazwischen. Darin könnte man gut den Dialog des Betens sehen. Das rötlich-violette Blatt auf der rechten Seite des Bildes erinnert mich an die Schlange (Naga), die Shakyamuni bei der Meditation schützte – aber die Schlange hat in der biblischen Mythologie eine ganz andere Symbolik.





Inspiriert vom täglichen Blumenstrauß
auf einem Fahrrad von Ai Weiwei (艾未未).

Links und Anmerkungen:
[1] https://www.kirchenjahr-evangelisch.de/article.php#1138
[2] https://www.die-bibel.de/bibeln/online-bibeln/lesen/LU17/JHN.5/Johannes-5 Joh 5, 1-12  
[3] https://www.die-bibel.de/bibeln/online-bibeln/lesen/LU17/MRK.2/Markus-2 Mk 2,1–12    
[4] https://www.bibleserver.com/LUT/Jesaja38 Jes 38,1-20
[5] Jer 17,14
[6] Ich kann mich mich der Schreibweise Betesda nicht anfreunden.
[7] https://www.bibleserver.com/LUT/Jakobus5 Jak 5,13–16, besonders  Jak 5,13.14
[8] EG 229
 

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