Saturday, January 4, 2025

LYRIK-Taschenkalender 2014 03. KW 04.01.2024


Michael Braun hat den LYRIK-Taschenkalender 2014 herausgegeben. 17 Dichterinnen und Dichter stellten jeweils zwei Lieblingsgedichte mit Kommentar vor. Von diesen wählte der Herausgeber je ein exemplarisches Gedicht aus und kommentierte es. In diesen Taschenkalender habe ich nun wieder Annotierungen und Assoziationen geschrieben. Vielleicht so ein wenig wie Daniel Spoerris: An Anecdoted Topography of Chance (1966 Something Else Press, New York / Cologne). Diese Annotationen stammen aus den Jahren 2023-2025.

03. KW
Christian Hofmann von Hofmannswaldau: Auff ihre schultern


„schnee kan nicht flammen führen“ -: Fire and Ice, Bogner, bzw. Feuer und Eis [1].

SchwanenGefieder
So weiß wie das SchwanenGefieder
Fiel der Schnee
Dann wurde er blutRot
Nur diese Farbe
Kennt das SchwanenGefieder nicht
Dafür kennt man
Den schwarzen Schwan
So schwarz wie der Tod
Wurde der Schnee dann doch

Der Dichter vergleicht das Weiß der Schulter mit Schnee, Elfenbein, Schwan, Wolle, Alabaster, Lilien. Mit kommt eine Erinnerung an Japan in den Sinn. Zunächst war Weiß die Farbe der Trauer, aber sie symbolisiert ebenfalls Reinheit, Wahrheit, Göttlichkeit, Einfachheit und weitere. Weiß schreibt sich auf Japanisch
und interessant 面白い, wobei Fläche und weiß bedeuten. Im Japanologie-Studium wurde es mit der weiß geschminkten Schulter-Rücken-Partie der Geisha erklärt, die interessant und anziehend ist.

Erst gestern hatte ich, weder an Christian Hofmann von Hofmannswaldau noch an Japan denkend, bei Recherchen zu Zhang Jiuling [2], einem Dichter der Tang-Dynastie, einen Text entdeckt, den dieser aufgezeichnet hatte:
肅肅白羽,穆如清風,縱秋氣之移奪,終感恩於篋中。[Die ehrwürdigen weißen Federn, so ruhig wie die leichte Brise; als die Herbstluft hereinströmt, lege ich sie dankbar in die Schatulle.] Gemeint ist ein Fächer aus weißen SchwanenFedern.
 
 
03. KW
Kommentar: Ron Winkler


Keck -: Ron Winkler formulierte es so: „Die keck schöne, äquilibride Stimmung … .“ Ich nahm vor einem Dreivierteljahr an einem Treffen von Studenten und Dozenten der Sinologie Köln der 1970er / 1980er Jahre teil. Wir versuchten, einen Begriff aus dem Chinesischen zu übersetzen. Keck war eine der Möglichkeiten und uns fiel auf, wie lange wir dieses Wort nicht mehr benutzt hatten. Und kurz da drauf stieß sich auf diesen Kommentar von Ron Winkler. Das Wort „äquilibride“ fand ich nicht. Es ist schon verständlich, aber recht ungewöhnlich. Erinnert mich natürlich an einen Film: Equilibrium [3].

Dichtergespräche im Elysium von Arno Schmidt.

Elysium – Film  mit Matt Damon [4].    

GeHäutet
    das geHäutete
Meer
Liegt
Als
Teppich
Auf
Dem
Land
Niemand
Wirft
Sich
Nieder
Für
Eine Weile
    Gleißt
Der Schnee

Schwäne
    drei Schwäne
Weiß
Ziehen
Furchen
Durch
Den
See
Ihre
Bahnen
Kreuzen
Sich
Nicht
Doch
Auf
Den
Mustern
Der Wellen
    Spiegelt
Sich die Sonne



Links und Anmerkungen:

[1] Feuer und Eis ist ein Sportfilm des Regisseurs Willy Bogner aus dem Jahr 1986. https://de.wikipedia.org/wiki/Feuer_und_Eis
[2] Zhang Jiuling (
張九齡) lebte in der mittleren Tang-Dynastie, wahrscheinlich von 678 bis 740. Unter Kaiser Xuanzong (唐玄宗) war er Kanzler.
[3] Equilibrium ist ein US-amerikanischer Science-Fiction-Film von Kurt Wimmer mit Christian Bale, Angus Macfadyen und Emily Watson aus dem Jahr 2002. https://de.wikipedia.org/wiki/Equilibrium_(Film)
[4] Elysium ist ein gesellschaftskritischer US-amerikanischer Science-Fiction-Film mit Matt Damon und Jodie Foster aus dem Jahr 2013. https://de.wikipedia.org/wiki/Elysium_(2013)   

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