Thursday, October 21, 2021

LYRIK-Taschenkalender 2015 05. KW 20.10.2021

 



Michael Braun hat den LYRIK-Taschenkalender 2015 herausgegeben und zusammen mit Henning Ziebritzki alle am Taschenkalender beteiligten Autoren und Kommentatoren mit je einem Gedicht vorgestellt. Er ist mir jetzt wieder in die Hände gefallen. Auch dieser Kalender lädt ein zum Annotieren und Assoziieren, zum Erstellen von GegenEntwürfen. Vielleicht so auch ein wenig wie Daniel Spoerris: An Anecdoted Topography of Chance (1966 Something Else Press, New York / Cologne). Diese Annotationen stammen aus den Jahren 2014/2015 und 2020/2021.


05. KW
Ursula Krechel: Mit dem Blick allein / Für Felix Philipp Ingold


SchneeSturm
    er kam
Als
Sturm
Und
Fing
Später
Erst an
Zu
Schneien
Kein
Sturm
Mehr, denn
    Alles
Ist verStummt

Gestöber -: PartikelGestöber

Nur in weiße Tücher geHüllt oder auch in einen weißen Sarg?

„wie der vom schnee erhellte platz hinter dem landhaus / hinter den fensterscheiben“. [1].

Wenn der letzte Schnee, der auf einen fällt, erst nach dem Tod fällt, kann er dann wie der erste Schnee sein?

SchneeBedeckung
    denn alles
Was
Der
Schnee
BeDeckt
Wir
Er
Nach
Dem Tauen
    Wieder
FreiGeben


05. KW
Kommentar: Jan Kuhlbrodt


Im SchneeSturm liegt der Same der Lawine -: oder schon in der SchneeFlocke? Das Wort ist wie der Schmetterling in der Chaos-Theorie -: einmal gesagt, macht es, was es will.

„Das Wort führt ein Doppelleben schreibt Welemir Chlebnikow ...“ -: aber sein Leben ist nur in Gemeinschaft von anderen Wörtern möglich. Das einzelne Wort bleibt sonst tot. [2]

Heute könnte man einen Stern nach ihm benennen lassen. Das geht.

Es schneit
    es schneit
Leise
Fällt
Der Schnee
Und
ErStickt
Die
Laute
Und
Der Schritt
Wird
Leiser
Weicher
Und
Wir verSchwinden
    Hinter
Dem VorHang

Ich fuhr einmal im Winter von Köln nach Meerbusch auf der A3. In Köln regnete es. Bei Opladen fuhr ich in eine Wand hinein -: aus Schneeflocken.




Links und weiteres:
[1] „Nacht des ersten Schnees“, in: Gennadij Ajgi: Beginn der Lichtung. Gedichte. Edition Suhrkamp, 448, Frankfurt am Main 1971.
[2] OT: ich erinnere mich nicht mehr an den Nachnamen von Anna, die ihren DPHIL in Oxford über Chelbnikow gemacht hatte.


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