Bei Prüm denken wahrscheinlich viele Menschen noch an einen alten Witz mit Bundeskanzler Helmut Kohl [1]. Manfred Lang hat in seiner Rubrik „Manni kallt Platt“ des WochenSpiegels [2] gerade auch eine Anekdote zu Prüm veröffentlicht. Aber mich hatten nicht Witze nach Prüm geführt, sondern ich wollte die Sankt Salvator Basilika besuchen und in ihr wollte ich mir insbesondere das Hochgrab von Lothar I. ansehen. Hier werde ich mich neben der Sankt-Salvator-Basilika also auch mit Lothar I. etwas beschäftigen, denn immerhin heiße auch ich Lothar [3].
Prüm ist eine hübsche Kleinstadt im Eifelkreis Bitburg Prüm. Mit etwa 5500 Einwohnern. Die Prüm ist ein Nebenfluss der Sauer am Fuße des Schneifel-Höhenzuges [18]. 720 wurde Prüm erstmals als villa prumia erwähnt. 721 gründeten Bertrada und Charibert mit Mönchen aus dem Kloster Echternach ein Kloster in Prüm. 799 erfolgte die Weihe der Klosterkirche St. Salvator. „Etwa in den Jahren 891–919 entstand hier das Liber aureus von Prüm, die bedeutendste Urkundensammlung aus der Karolingerzeit.“ [4]
Gehen wir kurz auf die Gründung des Klosters ein. Die fränkische Adlige Bertrada hatte 721 da Kloster gegründet, aber es erfolgte eine zweite Gründung im Jahr 752 durch Pippin III., einem Sohn von Karl Martell, der mit Bertrada verheiratet war, wobei diese Bertrada die Enkelin der erstgenannten Bertrada war. Zu diesem Zeitpunkt kamen Benediktiner aus Meaux bei Paris in das Kloster [5]. Lothar I. gehörte zum Geschlecht der Karolinger und war u.a. römischer Kaiser und König des Mittelreiches, das später Lothringen genannt wurde. Er dankte 855 ab und teilte das Reich unter seinen Söhnen auf, zog sich als Mönch in das Kloster Prüm zurück, wo er nur sechs Tage später verstarb [6]. Das klingt überraschender und dramatischer, als es war. Lothar I. war bereits schwer erkrankt, als er abdankte, das Reich teilte und sich ins Kloster zurückzog.
Kommen wir zur Geschichte des heutigen, barocken Sankt-Salvator-Basilika; sämtliche Daten wurden aus [5] extrahiert. Bei Ausgrabungen im Jahr 2017 entdeckte man nördlich der Basilika Fundamente der alten Abteikirche (erste Hälfte des 16. Jahrhunderts). Der heutige Nordturm war der Südturm der alten Kirche. Die Klosterkirche wurde 1721 gebaut. 1794 wurde das Kloster im Rahmen der Säkularisation aufgelöst, aber bereits 1802 wurde aus der Abteikirche eine Pfarrkirche. „Im Jahr 1860 entdeckte man beim Abbau des alten Hochaltars die Gebeine Kaiser Lothars und die Reliquien der Märtyrer Primus und Felicianus.“ Beschleunigen wir diesen Exkurs. Die Basilika litt schwer unter Bombenangriffen während des 2. Weltkrieges; „Heiligabend 1945 kurz vor der Christmette stürzte jedoch plötzlich das Gewölbe des rechten Seitenschiffes und des gesamten Langschiffes ein“. Der Wiederaufbau erfolgte originalgetreu und war 1950 vollendet.
Für die Gebeine Lothars und die Reliquien der Märtyrer wurde ein Hochgrab errichtet, das von Kaiser Wilhelm I. finanziell unterstützt wurde. Der Barockaltar stammt aus der Karmeliterkirche St. Nikolaus in Bad Kreuznach und wurde erst im Jahr 1927 in die Basilika gebracht. Das Grabmal liegt auf der rechten Seite. Da es im Altarraum liegt und man es auch aus der Entfernung gut sehen kann, muss der Altarraum für eine Besichtigung nicht betreten werden.
Die Klais-Orgel aus dem Jahr 1973 ist in das Gehäuse der Nollet-Orgel von 1786 gearbeitet worden [7]. Im Zuge dieses Umbaus erhöhte sich die Zahl der Register von 31 auf 43. Ein Beispiel kann hier abgerufen werden [8].
Die Glasmalerei in der Basilika ist unspektakulär. Ich habe im Verzeichnis der Forschungsstelle Glasmalerei des 20. Jh. e.V. gesucht, aber keinen Eintrag gefunden. Ein Fenster hat mir doch gefallen, aber ich weiß nicht, wer darauf abgebildet ist, vielleicht doch Lothar I.?
In der Basilika ist ein Teppich zur Apokalypse aus dem Jahr 1918 zu sehen, der von Frauen des Paramentenvereins in zehnjähriger Arbeit hergestellt wurde, wahrscheinlich nach Plänen des Aachener Künstlers Franz Wirth. Es werden Motive aus der Antik mit Elementen des Jugendstils verbunden. Ein näherer Text dazu steht hier [10].
Wir kommen nicht umhin, Reliquien zu erwähnen. Die sind zunächst die Reliquien der Heiligen Drei Ärzte – Marius, seine Gattin Martha, sowie die Söhne Abachum und Audifax [11]. Das sind zwar vier Personen und wahrscheinlich sind noch mehr Gefährten von Marius im Jahr 268 zu Märtyrern geworden, aber drei klingt einfach besser. Sie waren Ärzte aus Persien.
Als weitere Reliquien sind die Sandalen Christi zu erwähnen. Stehe ich jetzt alleine – vor ein paar Jahrhunderten stünde ich jetzt auf dem Scheiterhaufen –, wenn mich die Sandalen an die Sandale im Film „Das Leben des Brian“ [12] erinnert? Ganz so einfach ist es mit dem Ablehnen von Reliquien nicht, denn: „Die Sandalen Christi zählen zu den bedeutendsten Reliquien des Mittelalters.“ [13] Solche Reliquien hatten im Mittelalter nicht nur eine religiöse Funktion, sondern in der damaligen Zeit konnten die weltlichen Herrscher so ihre Legitimation durch die Kirche erfahren. Diese politische Bedeutung besteht nicht mehr, aber wie ist es um die religiöse Bedeutung bestellt? Vielleicht denkt jetzt jemand an das Turiner Grabtuch [14], an dessen Echtheit viele Gläubige nicht zweifeln. Das Grabtuch ist übrigens keine Reliquie, sondern wird von der römisch-katholischen Kirche als Ikone eingestuft. Die als Reliquie geltenden Stoffschuhe stammen aus der Merowingerzeit, aber in sie seien Reste der Sandalen Christi eingearbeitet worden. Verehre sie, wer sie verehren will, aber wenn Sie mich fragen: warum denn nicht gleich zu Gott beten?
Man kann sich die Votivtafeln anschauen. Ich kenne sie sonst aus Kapellen, besonders Marienkapellen. Vielleicht kennt man sie aus Altötting. Ich habe sie in Rom (Trastavere) auf der Straße gesehen oder aber in der Waldkapelle von Erkensruhr [15]. Man findet in Kirchen oder Autobahnkapellen Bücher, in die Menschen ihren Dank schreiben. Das Schreiben dieser Mitteilungen oder das Aufhängen einer Tafel ist nur die äußere Handlung eines inneren Gefühls von Dankbarkeit. Mittlerweile gibt es wissenschaftliche Belege, daß sich Dankbarkeit positiv auf die Gesundheit auswirkt [16].
Wer nicht beten will, der kann sich mit Sankt-Salvator-Basilika und Prüm [17] ein sehr schönes Besichtigungsprogramm zusammenstellen.
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So wird das allerdings nichts mit dem UNESCO-Weltkulturerbe.
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Links und Anmerkungen:
[1] Bundeskanzler Kohl ist auf Staatsbesuch in Großbritannien und trifft die damalige Premierministerin Margaret Thatcher. Neben dem offiziellen Teil geht es bei Thatchers Zuhause weiter. Thatcher Hund springt ihn an und er ruft: „ Prüm! Prüm!“ Alle gucken ganz verwundert und der Hund springt weiter an ihm hoch. Da befiehlt Margaret Thatcher und befiehlt dem Hund: „Down! Down!“ und sofort lässt der Hund von Helmut Kohl ab, der daraufhin sagt: „Ich wußte doch, es hatte etwas mit der Eifel zu tun.“
[2] Manni kallt Platt: „Böss du och us Prüm?“ (Manfred Lang) in WochenSpiegel Scheiden, 11. Woche | 15.03.2023, S. 1 und 2. https://wi-paper.de/show/4325b8e7bffb/epaper
[3] Ich bin übrigens nicht nach Lothar I. benannt, sondern nach meinen beiden Onkeln, die selbst nach Manfred und Lothar von Richthofen ihre Namen bekommen hatten. Aber gerade erfahre ich, daß Lothar früher auch Hlothar oder Chlothar geschrieben wurde und sich der Name aus althochdeutsch hlut ‚laut, Lärm‘ und heri ‚das Heer, der Krieger‘ zusammensetzt. https://de.wikipedia.org/wiki/Lothar_(Vorname)
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Pr%C3%BCm
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Sankt-Salvator-Basilika_(Pr%C3%BCm)
[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Lothar_I._(Frankenreich)
[7] https://organindex.de/index.php?title=Pr%C3%BCm,_St._Salvator
[8] BWV 547, Präludium C-Dur https://youtu.be/ABr_54hiRLc via @YouTube
[9] https://www.glasmalerei-ev.net/pages/de_ueber.shtml
[10] https://himmlischesjerusalem.de/2021/06/12/franz-wirth-apokalypse-tapisserie-in-pruem-1918/
[11] https://de.wikipedia.org/wiki/Heilige_Drei_%C3%84rzte sowie
https://www.heiligenlexikon.de/Stadler/Marius.html
[12] https://de.wikipedia.org/wiki/Das_Leben_des_Brian und https://dosenfischer.de/folgt-der-sandale/
[13] https://de.wikipedia.org/wiki/Sandalen_Christi
[14] https://rheumatologe.blogspot.com/2022/07/die-pfarrkirche-st-michael-in-losheim.html
[15] https://rheumatologe.blogspot.com/2022/04/kapelle-st-hubertus-in-und-waldkapelle.html
[16] https://www.liebertpub.com/doi/abs/10.1089/act.2013.19609?journalCode=act und
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27786519/ und https://www.heart.org/en/healthy-living/healthy-lifestyle/mental-health-and-wellbeing/thankfulness-how-gratitude-can-help-your-health
[17] https://www.stadtpruem.de/tourismus-und-freizeit/sehenswertes
[18] Gibt es immer noch Menschen, die meinen Schneifel wäre eigentlich Schnee-Eifel? Nein, Schneifel kommt von Schneise.
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