Tuesday, February 6, 2024

Das WinzHaus – Survival-Technik

 


Kapitel 5 – Survival-Technik und Hütten in der Wildnis


Dieses Kapitel müssen wir mit ein paar Buchbesprechungen beginnen, denn als ich berentet wurde, haben mir die besorgten Kollegen ein Buch geschenkt, da sie meinten, die Eifel sei nun wirklich die Wildnis und ganz Unrecht haben sie damit ja nicht. Die Eifel ist eines der dünner besiedelten Gebiete Deutschlands. Aber „Überleben ohne Flatrate und Coffee to go“ [2] das ist schon etwas weiter gefaßt als das, was man im täglichen Leben in der Eifel benötigt. Das Buch ist schon interessant, denn es vermittelt sehr viele Techniken für jemanden, der wirklich „abhauen“ und in der Wildnis leben will; aber wo kann man das heute noch? Vielleicht im Süden, in Südlappland, Patagonien oder Australien im Outback, vielleicht auch im Westen von Amerika, jedenfalls dort, wo man sehr weite Strecken zurücklegen muß, um irgendwie mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen und für dieses Szenario wurde das Buch geschrieben. Für das WinzHaus läßt da nicht viel verwenden. Es wird zwar erklärt, wie man ein Blockhaus bauen kann, und welche Arten es gibt, aber das ist für die Zwecke, die ich mit dem WinzHaus verfolge, nicht geeignet. Andererseits habe ich mich natürlich sehr gefreut über Hinweise, wie man irgendetwas lagert, wie man Apfelwein herstellt und weiteres mehr.

Da ich immer schon viel gereist bin, war „The Worst Case Scenario Survival Handbook: Travel“ [3] ein Muß. Da stehen wertvolle Techniken drin, wie man sich am besten verhält, wenn plötzlich die Revolution ausbricht oder wenn man einen Wasserfall hinunterspringen muss. Aber wenn es darum geht, eine Hütte in der Wildnis zu bauen, dann ist in diesem Buch nicht sehr viel zu finden; immerhin, wie man einen Unterstand im Schnee oder wie man sich sonst einen Unterstand baut, das ist schon kurz erwähnt, aber führt für unsere Belange überhaupt nicht weiter.

Da ist schon das kleine Buch „Survival Guide für alle Fälle, Überleben in freier Natur“ [4] viel besser. Da wird auf dieses Problem ausführlicher eingegangen. Insbesondere wie groß so eine Schutzhütte sein sollte, der häufigste Fehler sei, sie zu groß zu bauen. Es wird von Lagerplätzen geredet, wie man eine Folie einsetzt, wie man einen Schrägbau erstellt, eine Hinterwäldlerhütte, eine Rundhütte oder ein Tipi – alles hoch interessant, aber für unsere Belange bringt es leider nichts.

An Rüdiger Nehberg [5] mußte ich erst letzte Nacht denken, als ich von Köln in die Eifel gefahren bin und drei Autos vor mir jemand ein Tier überfahren hatte. Rüdiger Nehberg hätte dieses Tier sofort beiseite gezogen und gehäutet und ein Lagerfeuer mit einem Feuerstein angefacht und das Vieh am Stock gebraten. Er hatte unter anderem ein Buch mit dem Titel „Überleben ums Verrecken“ [6] geschrieben. Das Buch ist sehr kurzweilig und da sind eben alle möglichen Techniken beschrieben, die auch im Alltagsleben nützlich sind. Auf den Seiten 244/245 sind Zeichnungen von Yo Rühmer, wie man irgendwelche Unterstände mit und ohne Hilfsmitteln bauen kann. Da kann man Techniken erlernen, aber für das WinzHaus bringt auch dieses Buch recht wenig, was allerdings nicht das Anliegen des Buches war.

Ich hatte mir schon vor dem Projekt einige Videos angesehen, die mir Facebook in die Timeline gespült hatte. Bei „Bau einer warmen Bushcraft-Überlebensunterkunft in Wildtieren, Kamin, Kochen Am Lagerfeuer“ [7] wird gezeigt, wie so etwas ablaufen kann. Allerdings schauen wir einmal nicht zu genau hin, was da alles in die Wildnis mitgenommen werden muss, daß mehrere Kubikmeter Lehm weg geschaufelt werden müssen und ein Wäldchen abgeholzt wird. Wichtig bei diesen Videos ist immer, daß am Ende Fleisch am Spieß oder in der Pfanne gebrutzelt werden muss und sich der Erbauer in seiner Hütte räkelt.

Ein größeres Projekt ist „Bau einer Überlebensunterkunft im Wald in 7 Tagen - Eine Skulptur aus alten Bäumen“ [8]. Zu schön, wie der Schäferhund alles beobachtet. Immerhin wird hier klar, daß sieben Tage – das ist ja die Schöpfung in nuce – gearbeitet und natürlich auch ausgeruht werden mußte. Der Bau einer solchen Hütte ist nicht im Handumdrehen zu erledigen.

In dem dritten (und hier letzten) Video [9] ist jemand zu beobachten, der realistisch viel eingepackt hat, der sich auch von Dingen ernährt, die er in der Wildnis findet. Vorsicht, nicht jeder Pilz ist eßbar. Er verfügt jedoch über handwerkliche Geschicklichkeit, die er beim Bau seiner Hütte einsetzt. Da könnte er eine Weile bleiben, aber sie ist nicht für längere Dauer zu benutzen, denn der Verfall ist in den benutzten Materialien vorprogrammiert. Und das bringt mich gerade auf eine Idee.

Ich hielt nie sehr viel von Thor Heyerdahl [10] – als Wissenschaftler –, aber er hat der Welt Abenteuer mit ethnologischem Anstrich verschafft und immerhin die ersten Moai auf der Osterinsel wieder aufrichten lassen. Seine auf dem Diffusionismus basierte Theorie der Besiedlung Polynesiens von Südamerika aus ist widerlegt, wie letztlich der Diffusionismus als solcher. In seinem Buch „Fatu Hiva“ berichtet Heyerdahl über seinen Aussteiger-Aufenthalt (zusammen mit seiner Frau) in den 1930iger Jahren auf Fatu Hiva, einer Insel, die zu den Marquesas-Inseln gehört. In dieser Zeit wurde der Pazifik von Menschen besucht, die wie heute als Aussteiger bezeichnen würden. Über die Gebrüder Angermeyer [12] hatte ich bereits – Thor Heyerdahl hatte sie besucht!  – geschrieben, aber zu meinem Bericht über die Familie Wittmer auf Floreana bin ich noch nicht gekommen, obwohl ich schon darüber recherchiert hatte (vor einem halben Jahr). Die Dschungelhütte, die auf einem der Bilder zwischen den Seiten 96 und 97 zu sehen ist, hat etwas mit unserem Thema zu tun, denn das wäre ein WinzHaus unter tropischen Bedingungen. Dann bekommt die Idylle auf S. 151 einen Riß und zwar fällt weißer Staub auf die Bewohner. Das Bambushaus wurde nicht für Dauer erbaut. Auf den Marquesas hatte man damals schon die Möglichkeit, Bambus durch Lagerung in Salzwasser gegen Holzkäfer zu imprägnieren, aber das hatte man unterlassen. Und so könnte man auch eine Hütte im Wald dauerhafter gestalten, als das im dritten Video durchgeführt worden ist.

„Nichts bleibt für die Ewigkeit“ sangen die Toten Hosen [12], aber so lange muß auch das WinzHaus nicht überdauern, aber schon etwas länger, als für Bereich des Survivals notwendig. Was wir für das WinzHaus mitnehmen können, sind einfachere Techniken als für Häuser, die auch noch in 100 Jahren stehen sollen.




Links und Anmerkungen:
[1] Hinweise auf das Projekt finden sich in der Einleitung: https://rheumatologe.blogspot.com/2024/01/das-winzhaus-einleitung.html
[2] Tim MacWelch: ÜBERLEBEN ohne Flatrate und Coffee To Go.Vom Hinterhof-Beet bis zum Bunkerbau. pietsch, Stuttgart 2017. ISBN: 978-3613508507.
[3] David Borgenicht & Joshua Piven: The Worst-Case Scenario Survival Handbook: Travel. Chronicle Books, San Francisco 2001. ISBN: 081183130.
[4] Herbert Rhein & Günter Angermann: Survival-Guide für alle Fälle: Überleben in freier Natur. Gondrom Verlag,  Bindlach 2005. ISBN: ‎3811226010.
[5] Rüdiger Nehberg (1935-2020) war ein deutscher Survival-Experte und Aktivist für Menschenrechte (z.B. für die Yanomami). https://de.wikipedia.org/wiki/R%C3%BCdiger_Nehberg  
[6] Rüdiger Nehberg (Autor) & Yo Rühmer (Illustrator): Überleben ums Verrecken: Das Survival-Handbuch. Piper,  München, Zürich 2005. ISBN: 978-3492244107.
[7] Bau einer warmen Bushcraft-Überlebensunterkunft in Wildtieren, Kamin, Kochen Am Lagerfeuer https://www.youtube.com/watch?v=Kenm35gdqt  
[8] Bau einer Überlebensunterkunft im Wald in 7 Tagen - Eine Skulptur aus alten Bäumen https://www.youtube.com/watch?v=uAcYlKyUgAo  
[9] Aufbau einer warmen Bushcraft-Überlebensunterkunft, eines Hängeofens, einer Ölkerze https://www.youtube.com/watch?v=2NQNPiY8StA  
[10] Thor Heyerdahl (1914-2002) in Colla Micheri, Andora, Italien) „war ein norwegischer Forschungsreisender, Archäologe, Anthropologe, Ethnologe und Umweltaktivist.“  https://de.wikipedia.org/wiki/Thor_Heyerdahl  
[11] Thor Heyerdahl: Fatu Hiva. Goldmann Verlag, München 1988. ISBN:
3442089433. S. 151ff.
[12] Die Toten Hosen:„Nichts bleibt für die Ewigkeit” https://www.youtube.com/watch?v=-V7-nrZaDNU   


.

No comments:

Post a Comment