K. wachte in in einem Gang auf. Er lag in einer Nische auf einem primitiven Bett und schaute in das Dämmerlicht. Es war ein KellerGang. Neben ihm stand etwas zu Essen und ein Krug mit Wasser. Er aß und trank; ja erst dann war er wirklich wach und schaute sich noch einmal genauer um. K. fand Anweisungen für seine Aufgabe durch Gänge und über Treppen jeweils eine Tür zu suchen, diese aufzuSchließen, durchGehen und abSchließen, dann den Schlüssel einWerfen und einen Strich auf einer Tafel zu hinterLassen. Danach sollte er einen neuen Schlüssel nehmen und wiederum so verFahren. Das sollte nicht zu schwer sein.
Am ersten Tag ging K. durch den KellerGang, in dem er aufGewacht war. Er hatte einen glatten BetonBoden, aber die Wände waren aus BackStein geFertigt. Die KellerLampen ließen ein schwaches Licht in Kegel zu Boden fallen. Die Räume hinter den BacksteinMauern waren durch rohe BretterTüren
mit VorhängeSchlössern gesichert. Es gab weder Spalten noch Licht, um hinter diese Türen zu blicken.
Nach einer Zeit findet K. die für ihn bestimmte Tür, schließt sie auf, geht in den nächsten Gang, schließt ab, wirft den Schlüssel und sieht sich die Tafel an. Es ist eine weiße Tafel, auf der bereits Striche grau markiert sind: ᚎ – K. zeichnet nun den ersten Strich mit einem schwarzen Stift, der an einem Band befestigt ist, nach. Dann nimmt er den neuen Schlüssel mit dem BestimmungsOrt. Es geht durch ein Labyrinth von KellerGängen. Schließlich findet er seinen Platz zum Essen und Schlafen.
Am zweite Tag kommt K., ohne eine Treppe hochgestiegen zu sein, in einen Gang wie in einer billigen Pension und das geht so eine Weile, da wechseln sich BretterBoden und Linoleum ab. Die Tapete ist alt und verblichen. K. stößt auf unVerschlossene Türen. Er öffnet sie und kommt so in Kammern mit Bettwäsche, die er nicht benötigt, aber auch Toiletten mit fließend Wasser. So verGeht Tag um Tag.
Nach einer Weile hat K. eine gewisse Routine mit dem Gehen durch die Gänge, dem Suchen der Türen sowie Trinken & Toilette und Speisen & Schlafen erreicht. K. wagt eine erste Analyse. Die Gänge verLiefen durch unterschiedliche Keller (alt, fast verFallen, BackStein und HolzTüren, bis neu mit StahlTüren), durch Pensionen, manchMal lagen auf dem Boden Sisal- oder KokosFaser-Teppiche, durch Hotels unterschiedliche Klasse, mit TeppichBöden,
auch Bildern, Spiegel oder BlumenTöpfen. Nie konnte K. ein Fenster ausMachen oder eine Tür nach draußen. Meist ging es ebenErdig, dann wieder über Treppen, treppAuf, treppAb, auch über Wendeltreppen. Lange Geraden wechselten sich mit verWinkelten Gängen. Neben den bereits genannten Lokalitäten gab es MietsHäuser, BüroHäuser, AmtsStuben. Die Beleuchtung wechselte von der blanken Birne zu Lampen, NeonRöhren und KristallLüstern.
Die Tafeln waren bislang ohne andere schwarze Striche. Bislang gab es keinen Hinweis auf andere Menschen. Niemandem war K. begegnet, keine Stimmen oder andere menschliche Geräusche waren hinter den Türen zu erLauschen. Wenn K. zu lange in einer Kammer oder Toilette verBlieb, dann verTrieben ihn anSchwellende, unAngenehme Geräusche oder auch pestilenzArtige Gerüche. Wenn er trödelte, dauerte es länger bis zu Speise & Schlaf. Wenn er sich beEilte, wurde die Strecke länger. Weg und Zeit standen also in einem Verhältnis, aber K. sah keine Möglichkeit, Weg oder Zeit zu messen. Die Strecke war vorGegeben und das Ende erReichbar – so schloß K. seine Analyse ab.
Nun ist einige Zeit für K. in den Gängen verGangen. Da hat er eine Idee. Er macht nun einen Strich mit einem Punkt wie ein „i“. Nach zwei bis drei Tagen hält er es nicht mehr für eine so gute Idee und macht seinen Strich mit einem Punkt wie ein AusrufeZeichen (!). Dann findet K. hinter einem „i“ einige |||| und jetzt setzt K. ein „!“ – wenn er hier wieder einmal vorbeiKäme, wüßte er bestimmt mehr. Dann folgen aber wieder Tage mit leeren Tafeln, dann findet er
z.B |||, sein „!“ und einen Strich mit zwei Punkten. Da weiß er mit Bestimmtheit, daß noch jemand in diesen Gängen unterWegs ist. K. will eine Botschaft schreiben, aber diese wird vor seinen Augen gelöscht. Für eine Weile kommt K. nur noch zu leeren Tafeln. Dann können er und der andere wieder ihre Striche markieren. Nie treffen sie sich. Nie können sie mehr ausTauschen als das BewußtSein über ihr gemeinsames DaSein in den verSchlossenen Gängen.
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Blog von Dr. med. Lothar M. Kirsch / 祁建德 // Rheumatic Diseases / Fibromyalgia / Travels / Languages / Poetry
Thursday, April 24, 2025
K. und die verSchlossenen Gänge
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