Sunday, February 26, 2017

Fasten und Heilfasten


Nun steht wieder die Fastenzeit an. Wahrscheinlich haben alle Religionen Fastenzeiten. Hierbei dient das Fasten einer spirituellen Erfahrung. Ja, auch glücklich kann man während des Fastens werden (Ausschüttung von Serotonin). Wahrnehmungen können intensiviert werden. Die gerne hervorgehobene Entschlackung findet allerdings nicht statt.

1. einige neue Erkenntnisse zum Fasten
Mitte 2016 wurde eine interessante Studie von V.D. Longo und S. Panda vorgestellt (1). Bei Menschen wie auch Tieren fallen Phasen von Fasten und Schlaf oft zusammen. Die Forschen fanden heraus, dass man die Nahrungsmittelaufnahme auf bestimmte Stunden des Tages beschränken kann, so dass dadurch die tägliche Fastenzeit über 12 Stunden andauert und es nachfolgend Prävention und auch Behandlung von Krankheiten verbessert wird. Aktuell wird aber erst in Tierstudien Grundlagenforschung betrieben.
Kalorienbeschränkung allein ist es sicherlich nicht, denn Affen scheinen hungrig doch nicht länger zu leben (2).
Wahrscheinlich sind dinner canceling und Verlängerung der Hungerphase bis zur breakfast (Frühstück oder Fastenbrechen) sinnvolle Maßnahmen. Beim sogenannten Heilfasten habe ich weiterhin Bedenken.

2. religiös motiviertes Fasten
In fast allen Religionen wird gefastet, um Gott näher zu sein, um sich zu stärken oder der inneren Einkehr. Bei den Sikhs übrigens fastet man nicht. Im Buddhismus fasten die Mönche/Nonnen nach dem Mittagessen bis zum nächsten Morgen; wobei dies schon nicht in allen Klimazonen üblich ist. Bei den Jains kann das Fasten sogar bis zum Tod gehen. Die Muslime haben den Fastenmonat Ramadan.
Ab Aschermittwoch gilt im Christentum die 40tägige Fastenzeit, die an die 40 Tage erinnert, die Jesus Christus in der Wüste verbrachte. Neben Fasten bette Jesus dort, und wurde vom Teufel versucht. Nach Matthäus 4:9 bot Satan Jesus an: „… haec omnia tibi dabo si cadens adoraveris me. [Dies alles werde ich dir geben, wenn du vor mit niederfällst und mich anbetest.]“ Die Fastenregeln sind sehr unterschiedlich. In der Zeit der Reformation aß Zwingli Wurst am ersten Fastensonntag (3). Und obgleich Martin Luther fastete, wies er daraufhin, der Mensch werde „nicht durch das Fasten angenehm bei Gott, sondern allein durch die Gnade, allein durch den Glauben“ (3). In evangelischen Kreisen gibt es  die Aktion 7 Wochen ohne (4). 2017 steht unter dem Motto: Ohne sofort (5) – „Augenblick mal! Sieben Wochen ohne Sofort! Was soll denn das? Genau! Pause. Und dann? Mal durchatmen. Die Ungeduld gilt als ein Symbol der Moderne. Man darf vieles verlieren – nur nicht die Zeit. Gut also, dass ich meine Post nicht mehr zu Hause am Tisch lesen muss, nachdem ich – gefühlt stundenlang! – auf die Briefträgerin gewartet habe. Nein, die Mails lese ich an der Ampel auf meinem Smartphone. Und antworte noch auf dem Parkplatz vor dem Haus. Sofort!“
Bei den Katholiken ist das Fasten Teil der Bußpraxis. Als strenge Fastentage gelten aber nur noch Aschermittwoch und Karfreitag – „einmalige Sättigung und morgens und abends je eine kleine Stärkung“. Das klingt nun nicht sehr asketisch. In der Ausprägung und Auslegung aber ist man ja frei.

3. Heilfasten
Heilfasten ist ein nicht religiös motiviertes Fasten und wird oft mit Entschlackung begründet. Ich halte Heilfasten für Unsinn. Beim Fasten treten unbestritten Effekte auf. Es geht vielmehr darum, ob diese Effekte einen Nutzen darstellen oder nicht. Medizin und Ernährungswissenschaft lehnen das Fasten ab. Der Körper gerät in einen Nährstoffmangel, der die Gesundheit schädigt und nicht fördert. Die Liste von Personen, denen ganz eindeutig vom Fasten abgeraten wird ist lang. Chronisch Erkrankte sollten nicht fasten. Aus der Rheumatologie weiß man aufgrund von Studien, dass ein akuter Schub durch Fasten unterbrochen werden kann, aber irgendwann muss man wieder essen und dann kommt auch der Entzündungsschub zurück. Während des Fastens wird der Körper nachhaltig geschädigt. Fasten kann Gichtanfällen auslösen. Fasten kann eine Essstörung verstärken. Bei Kindern, Schwangeren, stillenden Müttern, Personen mit Untergewicht ist es offensichtlich, dass Fasten schadet.
Selbst der strenge Koran schließt Kranke eindeutig vom Ramadan-Fasten aus.

In der ersten Phase des Fastens wird mehr Wasser ausgeschieden, wodurch man schnell einen Erfolg sieht, und es wird Eiweiß abgebaut. Dadurch dabei steigt die Harnsäure an (Stichwort: Gichtanfall). Der Eiweißabbau (Eiweißkatabolismus) ist eine sinnvolle Maßnahme des Körpers, denn Muskelzellen (Eiweiß) verbrauchen etwa 35mal mehr Energie als Fettzellen. Während des Fastens steigen Triglyzeride, Cholesterin und Fettsäuren, also die Blutfettwerte, an, denn die werden aus dem Fettgewebe zur Energiegewinnung freigesetzt. Die Endprodukte des Fettabbaus, die so genannten Ketonkörper, reichern sich im Blut an und übersäuern es. Auch dies überlastet den Körper.

Mit Fasten kann man nicht dauerhaft Übergewicht reduzieren, denn es kommt zu keiner dauerhaften Verhaltensänderung. Durch die Anpassung des Körpers, z.B. wird der Grundumsatz durch Umstellung der Schilddrüsenhormone reduziert, wird nur erreicht, dass nach dem Fasten der Körper umso besser Fettspeicher aufbaut. Sie kennen das als Jojo-Effekt.
Ein weiterer Punkt ist die Speicherung von Schadstoffen im Fettgewebe (PCB, DDT, weitere fettlöslich Gifte). Diese Gifte überfluten bei der schnellen Abnahme durch Fasten den Körper.

Fazit
Man kann auch anders Fasten, z.B. keine Süßigkeiten, keine Luxusspeisen, kein Fernsehen, kein Alkohol. Die Liste ist lang, wenn es darum geht, etwas Verzicht in unserer konsumorientierten Welt zu üben.
Wie wäre es mit dem umgekehrten Ramadan-Fasten? Was das sein soll? Nur im Hellen essen und in der Dunkelheit fasten. An Aschermittwoch wäre das die Zeit zwischen 07:17 Uhr und 18:12 Uhr (Sonnenauf- und Untergang). Im Laufe der Zeit wird es aber leichter, an Ostersamstag wäre das die Zeit zwischen 06:35 Uhr und 20:28 Uhr.

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