Tuesday, July 28, 2020

Zen in der Kunst Bäume zu köpfen



Mein Freund der Baum
Ist tot
Er fiel im frühen Morgenrot“
Alexandra





Ich dachte ich sehe nicht recht. Da biegt ein Trupp mit mehrere Fahrzeugen und fährt auf die Wiesen zwischen meinem Haus und dem nächsten Dorf in der Eifel. Und was taten diese Leute? Sie dekapitierten Bäume und Büsche. Ich lasse es erst einmal in der Schwebe, was das denn mit Zen zu tun hat. Und es kam nicht ganz so schlimm wie in dem Lied "Mein Freund der Baum".

Mit einem Kranwagen fuhren sie nah genug an die Bäume und schnitten bzw. sägten die Kronen in der Mitte weg. Ein Traktor war mit dabei und schredderte das Grün und die Äste zu Mulch, der seinerseite in einem Anhänger aufgefangen wurde. Innerhalb von einer Stunde war alles vorbei und die Angst ist gegangen, in Sistig oder wo auch immer könnte einmal der Strom wegbleiben, da ein Baum auf eine Überlandleitung gefallen wäre.


Nachher

  


Vorher -
die drohenden Wolken als foreshadowing


Da fiel mir Douglas Edison Harding (1909–2007) ein, dessen Buch “On Having No Head: Zen and the Re-discovery of the Obvious” ich einmal gelesen habe (nein, zweimal) [1]. “ In 1943, he looked back at himself and noticed that from his own point of view he was headless. He was looking not out of two eyes but a 'single eye', a boundless openness – an openness that was self-evidently aware, and was also full of the whole world. Here was direct experience of his central identity, his True Self.” [2] Nun immerhin lebte er danach noch kopflos für 64 Jahre.

Zen in der Kunst von irgendwas ist auf dem Boden eines Missverständnisses entstanden, denn Eugen Herrigel sprach kein Wort Japanisch, als er von einem japanischen Bogenmeister unterrichtet wurde. Herrigel nahm an, dass es sich um einen Zen-Meister handeln würde, was er aber nicht war. Awa Kenzo (1880-1939) war Kyūdō-Meister [3]. Awa Kenzo wollte eine ganzheitliche Veränderung des Bogenschützen im Sinne einer religiösen Erleuchtung erreichen. Er nannte seine Lehre Daishadōkyō (大射道教) - Große Lehre vom Weg des Schießens. Das erklärt das Missverständnis. In der Folge haben sich im Westen alle möglichen Künste mit Zen verbunden. Blödsinn!
Allerdings gibt es ein Buch, das sich zu lesen lohnt: „Zen and the Art of Motorcycle Maintenance: An Inquiry into Values“ von Robert M. Pirsig [4]. Durch dieses Buch habe ich damals Henry David Thoreau und „Walden, or Life in the Woods“ entdeckt – und damit sind wir wieder bei den Bäumen.

Einmal stritten sich die Mönche der westlichen und östlichen Hallen über eine Katze. Nansen hielt die Katze hoch und sagte: „Ihr Mönche! Wenn ihr ein Zen Wort sagen könnt, werde ich die Katze verschonen. Ansonsten töte ich sie." Niemand konnte antworten, also schnitt Nansen die Katze in zwei Teile. Als Joshu an diesem Abend zurückkam, erzählte ihm Nansen von dem Vorfall. Daraufhin zog Joshu seine Sandale aus, legte sie sich auf den Kopf und ging davon. Nansen sagte: "Wenn du dort gewesen wärst, wäre die Katze gerettet worden!"
Tot und vergehen haben auch im Zen ihren Platz. Allerdings sehe ich in dem Koan mehr ein Gedankenexperiment, so wie bei Schrödingers Katze.

Ich hoffe, dass sich Bäume und Büsche bald wieder erholen. Momentan schwingen sie ihre Äste auch ohne Kopf. Perfekte Zen Meditation.


Links and References:
[1] Douglas Edison Harding: On Having No Head: Zen and the Re-discovery of the Obvious. ShollondTrust, 1986. ISBN 978-1-908774-06-4.
[4] Robert M. Pirsig: Zen and the Art of Motorcycle Maintenance: An Inquiry into Values. William Morrow 1974. ISBN 978-0-688002-30-5

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