Saturday, July 11, 2020

Die Eickser Waldkapelle


Wenn man die Eickser Waldkapelle sucht, kann man unterwegs weitere interessante Dinge finden. Ich mußte in der letzten Zeit häufiger durch Eicks fahren und mir fiel die Waldkapellenstraße auf. Jetzt habe ich sie besucht und ging den Weg neben den Pferde- und Ziegenweiden entlang, fand die Kapelle aber nicht. Da fragte ich eine Frau, die einen Hund ausführte, nach der Waldkapelle. Sie erklärte mir, dass ich am besten zum Park-platz VIA / Mansio fahre und von dort aus losgehe. Das war auch besser so, denn es wäre zwar etwa gleich weit aber ungleich komplizierter gewesen. Man kann am Ende der allgemein befahrbaren Waldkapellen-straße ein altes Kreuz anschauen. 


Der VIA Parkplatz war mir auch schon einmal aufgefallen, aber ich hatte aus der ferne eher einen Begräbiswald vermutet. Der kleine Parkplatz liegt vor Eicks, wenn man von Kommern aus kommt. Er gehört zum System VIA, das die Wege der Römer verbindet, denn sie unterhielten bereits vor fast 2000 Jahren ein Fernstraßensystem [1]. Hier befand sich früher eine Mansio oder Rasthaus. Man findet am Parkplatz den Hinweis auf die Kapelle. 


Der Weg führt durch den Wald, aber wieder auch an Weiden vorbei. Wenn man den Weg an der der nächsten Kreuzung geradeaus geht, so erschließt sich einem ein Forst, wie er nicht gewöhnlich ist. Dieser Umweg ist aber sehenswert. Ich kehrte wieder um, denn man muß an der Kreuzung nach rechts, also jetzt nach links (die Kapelle liegt südwestlich vom Parkplatz etwa bei N 50.6173892 O 6.6204577). 



Die Waldkapelle liegt aktuell hinter einem Stapel von Holzstämmen. Es handelt sich um einen offenen Bau, mehr wie ein chine-sischer Pavillon. Die Kapelle stammt aus dem Jahr 1782 [2] und wurde von Clemens August von Syberg errichtet. Sie ist seit langer Zeit Ziel von Prozessionen und Pilgerwan-derungen. In der Mitte steht eine Madonnen-figur. Sie war wie die Kapelle und das Grab von Hans Geyr von Schweppenburg 2003 geschändet worden [3]. Die 200 Jahre alte Statue war nicht mehr zu reparieren. Man fand weiße Boden-Markierungen und eine Flasche Ketschup, so daß okkulte Hinter-gründe nicht auszuschließen waren. Im Jahr 2004 wurde eine neue Madonnenfigur aufgestellt [4]. Rechtlich gehört die Wald-kapelle dem Eickser Burgherrn Achim Bacher, aber die Anschaffung der neuen Madonna und die weiteren Reparaturen an der Wall-fahrtskapelle wurden durch Spenden der Eickser Bürger ermöglicht. Verweilen Sie eine Weile in der Ruhe des Ortes. 

Vielleicht Votivgaben 
 


Ein Pilgerkreuz?

 Und dann sehen Sie sich auch das Grab von Prof. Dr. Hans Freiherr Geyr von Schweppenburg an. Als ich an dem Grab stand, dachte ich noch: „Ganz schön titellastig“, was mich aber nicht davon abhielt, später ein wenig nachzuforschen, wer dies denn war. Hans Freiherr Geyr von Schweppenburg (03.10.1884-24.08.1963) war ein deutscher Ornithologe und Forstwissen-schaftler [5]. Er veröffentlichte zwischen 1901 und 1963 etwa 250 Schriften zur Ornithologie. Von 1907 bis 1914 nahm er an Expeditionen teil bzw. er bereiste z.B. Spitzbergen, die Bäreninsel, den Sudan und Südalgerien.


Nach Wikipedia verlor er seine Beine in der Marneschlacht 1914. Das ist nicht ganz korrekt. Geyr von Schweppenburg wurde am 8. September 1914 schwer verwundet, so daß ein Bein amputiert werden mußte; er schwebte monatelang in Lebensgefahr [6]. Fünf Jahre später versuchte man eine Nervenentzündung des verbliebenen Beines mittels Röntgenbestrahlung zu behandeln, musste dann aber das Bein bis zum Knie ebenfalls amputieren. Er überwand diese Lebenskrise, wurde promoviert, habilitiert und zum außerordentlichen Professor für Ornithologie, Forstschutz und Waldbau ernannt. Im November 1933 unterzeichnete er das Bekenntnis der deutschen Professoren zu Adolf Hitler. Er lehrte an der Forstlichen Hochschule Münden bis 1938 (eigener Antrag auf Entpflichtung).

Er zog dann ganz nach Eicks (als Vetter des damaligen Besitzers der Burg Eicks und der Wälder), um den Wald von einem Niederwald in einen Hochwald umzuwaldeln. Er hatte bereits seit 1922 den Waldbau dort maßgeblich beeinflußt, nach 1938 tat er es alleinverantwortlich bis zu seinem Tode [7].

Er bewegte sich auf Prothesen und mit einfachen Spazierstöcken durch den Wald. Seine Art des Forstumbaus berücksichtigte ökologische Gesichtspunkte und er wurde damals deswegen belächelt. Wahrscheinlich waren mir Douglas-Fichten und Kalifornische Küstentannen aufgefallen, da mir die Bäume anders vorgekommen waren als ich sie sonst von den Wäldern hier gewohnt bin.


Hier kann man ein Bild von Hans Geyr von Schweppenburg ansehen [8]; ich finde, er kommt etwas grimmig rüber. 


Wenn Sie jetzt Lust auf eine Wanderung bekommen haben, können Sie noch eine gruselige Geschichte zum Weitererzählen gebrauchen. Zwei Reiterinnen hatten bei einem Ausritt in der Nähe der Eickser Waldkapelle die unbekleidete Leiche eines etwa 30-jährigen Mannes im Unterholz entdeckt [9]. Auch wenn es sich um einen mysteriösen Todesfall handelte, hatte die Obduktion keinen Hinweis auf ein Gewaltverbrechen erbracht. Der Fall liegt nun schon 17 Jahre zurück. Aber Sie können eine Belohnung für die Entdeckung einer nackten Leiche ausloben. Ich verspreche Ihnen eine schöne, weit weniger makabre Wanderung. 





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