Wednesday, September 4, 2013

Kokosöl bei Demenz vom Alzheimer Typ


Im Internet fängt sich so allerhand. Ich bin kürzlich gefragt worden, wie es denn um Kokosöl bei Alzheimer-Demenz bestellt sei. Ich musste mein Unwissen bekunden. Aber dann lässt mir das keine Ruhe und ich muss nachforschen, was es denn darüber gibt.


Ein „Zentrum der Gesundheit“ preist Kokosöl so an: „Neben all seinen Vorteilen für die Gewichtsreduktion, für einen gesunden Cholesterinspiegel, einen aktiven Stoffwechsel und ein starkes Immunsystem kann Kokosöl sogar die Symptome von Alzheimer lindern. Dies belegen nicht nur wissenschaftliche Studien, sondern auch Fallbeispiele wie das von Alzheimer Patient Steve Newport.“
Vorteile bei der Gewichtsreduktion wären noch zu beweisen. Gesättigte Fettsäuren, und daraus besteht Kokosöl, lassen die Cholesterinwerte steigen. Was steckt hinter der Idee eines aktiven Stoffwechsels? Was ist ein starkes Immunsystem? Wie wird es gemessen? Und was soll das im Zusammenhang mit Alzheimer-Demenz? Es ist schon eine Schande, dass mit dem Leid von Alzheimerkranken und deren Angehörigen Geschäfte gemacht werden.

Wenn man weiter nachschaut, dann geht der ganze Hype auf das Fallbeispiel von Steve Newport. Diese Hypothese, die von seiner Gattin entwickelt wurde, dient nun als Grundlage für alle Anbieter, die Kokosöl an den Mann bzw. die Frau bringen wollen. Wenn es so effektiv wäre, dürfte es in Deutschland keine Alzheimer-Demenz geben, jedenfalls nicht in Haushalten, in denen mit Palmin gebraten wird, denn das besteht aus Kokosöl. Kokosöl besteht insbesondere aus gesättigten Fettsäuren wie Capryl-, Caprin-, Laurin-, Myristin-, Palmitin-, Stearinsäure. Mehrfachfach ungesättigte Fettsäuren fehlen in nennenwerter Menge. Es finden sich bis etwa 8% Oleinsäüre (Ölsäure, der Hauptbestandteil von Olivenöl).

Schauen wir aber nach den Studien. Zu Kokosöl und Alzheimer-Demenz gibt es natürlich keine.
Aber immerhin gibt es Studien bei Mausmodellen der Alzheimer-Demenz (OT: es tut mir in der Seele weh, von Mausmodellen zu sprechen!). Y. Kashigawa und Kollegen fanden z.B. bei Mäusen unter einer Ketonester-Diät Verbesserungen bei Testen zum Lernen und Gedächtnis (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23276384). Aber es wurden besondere Mäuse benutzt, die Gruppengröße war mit N=15 für jede Gruppe sehr niedrig und es wurden direkt Ketonkörper verfüttert (D-β-Hydroxybutyrat und (R)-1,3-Butanediol), so dass die Studie nicht direkt auf den Menschen übertragbar ist. 

Nun ist es so, dass Kokosöl/-fett nicht besonders teuer sein muss. Sie werden Preise von € 20 pro Kilogramm für Bio-Kokosöl oder € 5 für Kokosfett finden. Ich halte weder von dem einen noch von dem anderen etwas. Schon gar nicht als Prophylaxe gegen Demenz.

Wenn Sie mehr über Alzheimer-Demenz wissen wollen und was man tun kann, kann ich Ihnen die Seite der Deutschen Alzheimer Gesellschaft empfehlen:
http://www.deutsche-alzheimer.de/die-krankheit.html.
Ich habe einmal versucht, bei allen Unzulänglichkeiten zusammenzutragen, was an diätetischen Maßnahmen gegen Alzheimer/Demenz helfen könnte: http://rheumatologe.blogspot.de/2012/05/pravention-von-alzheimer-demenz-durch.html.


06.11.2016:
In der Zwischenzeit hat sich die Wissenschaft des Themas angenommen. 


Die Kokosnuss wird in ihren verschiedenen Formen in vielen Teilen der Welt genutzt, in der westlichen wurde jedoch wg. des Gehaltes an gesättigten Fettsäuren die kulinarische Nutzung beschränkt. Professor R. N. Martins und Kollegen haben sich dem Thema „Kokosnuss in der Ernährung zur Prävention und Behandlung der Alzheimer-Erkrankung gewidmet. Ketonkörper, die aus den mittelkettigen gesättigten Fettsäuren entstehen, sind eine wichtige alternative Energiequelle für das Gehirn, und könnten vorteilhaft für Menschen sein, die bereits Gedächtnisstörungen entwickeln, wie es bei der Alzheimer-Demenz der Fall ist. Eine der unbeantworteten Fragen ist: sind Kokosnuss und Kokosnussöl gleichzusetzen, oder haben Vitamin, Mineralien und Belaststoffe noch einen wesentlichen Effekt?

Weitere Untersuchungen sind notwendig, um die Einflüsse einer ketogenen Diät (also die Gabe von mittelkettigen gesättigten Fettsäuren) auf β-Amyloid-Ablagerungen und einen Schutz vor Alzheimer-Demenz nachweisen zu können. Auch müssen Dosierung und Dauer der Anwendung von Ketonen auf die Alzheimer-Demenz untersucht werden. „Zu diesem Zeitpunkt ist es nicht klar, ob die aus Kokosöl entstandenen Ketonkörper eine direkte Wirkung auf die Alzheimer-Erkrankung hat, und zwar in Bezug auf eine Verlangsamung oder Clearance von Aß und τ Pathologien - und wenn ja, unter welchen Bedingungen.“

Die Autoren schließen mit folgenden Worten: „It must be emphasised that the use of coconut oil to treat or prevent AD is not supported by any peer-reviewed large cohort clinical data; any positive findings are based on small clinical trials and on anecdotal evidence; however, coconut remains a compound of interest requiring further investigation.” [Es muss betont werden, dass die Verwendung von Kokosnussöl zur Behandlung oder Prävention der Alzheimer-Erkrankung nicht durch Peer-Review von klinischen Daten an einer großen Kohorte gestützt wird; alle positiven Befunde sind basierend auf kleineren klinischen Studien oder anekdotischen Berichten nicht hinreichend belegt; jedoch bleibt die Kokosnuss eine Verbindung von Interesse für weitere Untersuchungen].



Wahrscheinlich schadet man sich nicht mit den üblichen Verzehrsmengen an Kokosnuss, aber ein Nutzen in der Behandlung oder Prävention der Alzheimer-Erkrankung kann aktuell nicht belegt werden. Ich hoffe, dass es jetzt nicht bei einem so wichtigen Thema bei einer theoretischen wissenschaftlichen Veröffentlichung bleibt, sondern dass nun entsprechende Studien durchgeführt werden.





Link:


.
 
 

3 comments:

  1. Wir nutzen Kokosöl bei Alzheimer seit über einem Jahr! Wir können es nur jedem empfehlen. Es ist kein Heil oder Wundermittel, aber es unterstützt sehr gut.

    Grüße

    Uli und Hans

    ReplyDelete
  2. Danke für die Zuschrift!
    Sie hat mich bewogen, nachzuschauen, ob es in den letzten drei Jahren eine Studie gegeben hat. Das zwar nicht, aber eine interessante Diskussion zu potentiellem Nutzen im British Journal of Nutrition (Prof. R. N. Martins und Kollegen), über die ich oben berichten werde.
    Gruß LMK

    ReplyDelete
  3. Es erreichte mich folgende Zuschrift:
    „Ja es gibt jetzt sogar einige mehr Studien zum Thema Kokosöl. Fand diese Seite ganz interessant und informativ XXX.com Vielleicht kann dies für dich hilfreich sein? Grüße Uli“
    Die Werbung habe ich entfernt.
    Die angesprochenen Studien beziehen sich nicht auf die Alzheimer Demenz. Immerhin hat Uli sich die Mühe gemacht, nach Studien zu suchen, denn er hat nicht auf sich sondern auf eine Werbeseite als Herkunft der Zuschrift verwiesen.
    Z.B. beschäftigt sich eine nigerianische Studie in-vitro mit Candida albicans. Allenfalls interessant sind Eigenschaften von extern aufgetragenem Kokosöl gegen Ixodes ricinus (Zecken), allerdings auch keine in-vivo Studie: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/18397516

    ReplyDelete