Thursday, June 8, 2023

Ist Ahornsirup eine gesunde Alternative?

Ich war wieder einmal im Bioladen einkaufen und da liegen Zeitschriften aus, die man mitnehmen kann [1]. Meine Wahl fiel auf eine Ausgabe der Zeitschrift „natürlich“. Ich lese da über Ahornsirup [2], daß dies eine gesunde Zuckeralternative wäre. Und: „Für ein Liter Sirup benötigt man etwa 40 Liter Baumsaft. Es handelt sich hierbei um ein naturbelassenes Produkt, dem Nichts weiter zugefügt wird. [...] Zudem ist Ahornsirup eine wunderbare Zuckeralternative, die wertvolle Mineralstoffe wie Calcium [3], Kalium, Magnesium und Eisen mitbringt.“ Soweit „natürlich“.

Ist Ahornsirup eine Zuckeralternative? Natürlich nicht. Der Hauptbestandteil ist Zucker! Der nächste wesentliche Bestandteil ist Wasser. Ahornsirup ist konzentriertes Zuckerwasser. Er enthält 67% Kohlenhydrate, wovon 60,5% auf Zucker entfallen [4]. „Der Zuckeranteil im Ahornsirup besteht etwa zu 88 bis 90 % aus Saccharose und zu etwa 11 % aus Glucose und Fructose.“ [5] Zucker durch Zucker ersetzen, ist für mich keine Alternative.

Ist Ahornsirup gesund? Ich halte sämtliche Zucker und Zuckeraustauschstoffe für ungesund [6]. Das Argument in „natürlich“ ist „wertvolle Mineralstoffe“. Schauen wir einmal nach, was Ahornsirup so bietet. Riboflavin (Vitamin B2 ist nennenswert in 100g vorhanden – das allerdings ist ein Unterschied zu Kristallzucker, aber nicht zu anderen Lebensmitteln, denn wir decken unseren Bedarf mit der durchschnittlichen Ernährung. Außerdem enthält Ahornsirup eine nennenswerte Menge an Mangan, aber wir benötigen keine zusätzliche Zufuhr; ich habe dies vor etwa 10 Jahren bereits in einem anderen Zusammenhang angemerkt [7]. Kommen wir nun zu den „wertvolle Mineralstoffen“. Der bereits zitierte Wikipedia-Artikel [4] sagt uns: „Maple syrup is generally low in overall micronutrient content“ [Ahornsirup weist im Allgemeinen einen geringen Mikronährstoffgehalt auf ]. Um seinen täglichen Bedarf an Kalzium zu erreichen, müßte man einen Liter Ahornsirup trinken. Für das ausgelobte Eisen sogar 10 Liter! Ich kann kein Argument entdecken, daß Ahornsirup zu einem gesunden Nahrungsmittel machen würde.

Bei der Herstellung werden für einen Liter Ahornsirup 40 Liter Ahornsaft benötigt. Das schafft ein Baum in 14 Tagen, der nach Wikipedia durch das Anbohren keinen nennenswerten Schaden erleidet [8]. Traditionell wurde das Einkochen mit Holzfeuern durchgeführt. Um dieselbe Menge an Zucker von Zuckerrüben zu bekommen, benötigt man nur ein Zehntel der Menge. Man könnte also mit einer besseren Umweltbilanz auch Zuckerrübensaft nehmen, wobei einer der Hersteller in Meckenheim sitzt [9]. Meckenheim ist etwa 40 km Luftlinie entfernt, deutlich näher als die 5500 km nach Quebec. Oder man nimmt Honig. Oder man nimmt überhaupt nichts davon: es ist gesünder und für die Ökobilanz deutlich nachhaltiger.

„Aber auf American pancakes muss man einfach Ahornsirup gießen“ – Ja! Aber in diesem Blogpost geht nicht um kulinarische Verirrungen, denn die ungesunden pancakes werden um keinen Deut gesünder durch den Ahornsirup.



Links und Anmerkungen:
[1] Spötter könnten anmerken: warum tut der Mann sich das an? Die Anwort ist einfach: ich kann mich dem gedruckten Wort nicht entziehen.
[2] „natürlich“, Ausgabe 3/2023, S. 18.
[3] Eigentlich müßte es Kalzium heißen, aber vielleicht meint man, daß Calcium wissenschaftlicher aussähe.
[4] https://en.wikipedia.org/wiki/Maple_syrup  
[5] https://www.oekotest.de/essen-trinken/Ahornsirup-Wie-gesund-ist-der-Zuckerersatz_11275_1.html
[6] Und darüber habe ich auch schon geschrieben: https://rheumatologe.blogspot.com/2017/06/su-suer-sustuss.html und kürzlich zu: Mögliche Risiken bei Erythritol / Erythrid - https://rheumatologe.blogspot.com/2023/05/mogliche-risiken-bei-erythritol.html
[7] „Die durchschnittliche Manganversorgung ist deutlich besser als der Bedarf. Der Bedarf wird mit 1 mg Mangan täglich angegeben, die Versorgung beträgt aber 2,5 mg.“ In: RosaXan - https://rheumatologe.blogspot.com/2013/04/rosaxan.html  
[8] https://de.wikipedia.org/wiki/Ahornsirup
[9] Jetzt wieder die Spötter: deshalb ist der Verkehr dort auch häufig so zähfließend.


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