Warum haben wir einen Geschmackssinn für süß? Warum haben wir Zucker aus
verschiedenen Pflanzen wie Zuckerrohr und Zuckerrübe extrahiert und
konzentriert? Das letztere war zwar raffiniert, aber war es auch sinnvoll?
Die Geschmacksqualität süß wird nicht nur durch Zucker, sondern auch
durch einige Aminosäuren, Eiweiße oder Alkohole (z.B. Süßstoffe) ausgelöst [1].
Wir essen gerne süß, weil es uns an die Muttermilch erinnert. Bitter wird eher
als Warnung angesehen. Die Konditionierung auf bestimmte Geschmacksqualitäten
erfolgt bereits im Mutterleib und später besonders in frühester Kindheit. Das
hat die Industrie aufgegriffen und macht die Fertignahrung immer süßer.
Weißer Zucker. Zucker kann süchtig machen und das Risiko für Diabetes Typ
2 und Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen [2]. Auch entzündlich-rheumatische
Erkrankungen werden im Zusammenhang mit Zucker sikutiert, aber ich habe noch
keinen Nachweis dafür gefunden. Ich glaube kaum, dass noch jemand weißen Zucker
(Saccharose) als Quell der Gesundheit ansieht. Aber wie steht es mit
eingedicktem Fruchtsaft aus? Mit Vakuumverfahren kann der Saft von Äpfeln,
Birnen, Granatäpfeln, Trauben und Agaven zu einem dickflüssigen Sirup
konzentriert werden, wodurch Mineralstoffe, Spurenelemente und ein Teil
sekundärer Pflanzenstoffe erhalten bleiben. Im Rheinland sind das Rübenkraut
(Zuckerrübensirup) oder Apfelkraut, aber auch aus Birnen und Pflaumen wird
Sirup gewonnen. Oder gehen Sie einmal in einen türkischen Supermarkt, da finden
Sie z.B. eingedickten Granatapfelsaft. Sind diese Dicksäfte nun gesünder? Nein!
Ich möchte davon abraten, denn sie enthalten einen höheren Anteil an Fruktose. Fruktose
kann die Insulinresistenz fördern, bei manchen Menschen abführend wirken und,
das interessiert mich als Rheumatologen besonders, kann Gicht fördern [3],
indem sich die Harnsäurekonzentration durch Steigerung der körpereigenen Synthese
von Purinen erhöht. Dabei sind neben den Dicksäften besonders Nahrungsmittel
und Softdrinks anzuführen, die mit High-fructose corn syrup (HFCS) gesüßt
worden sind. Sie brauchen jetzt nicht völlig auf Früchte verzichten, nur
reduzieren.
Vielleicht noch ein paar Worte zum Ahornsirup. Der wird um das 40fache
eingedickt und besteht dann hauptsächlich aus Saccharose, Fruktose und Wasser; durch
den hohen Wasseranteil enthält er weniger Kalorien. Da er mittels Wärme
eingedickt wird, ist er eine ökologische Katastrofe.
Zusammenfassend heißt das bis hierhin:
·
Verzichten Sie auf Zucker
·
Verzichten Sie auf gefärbten Zucker (raffinierter Zucker mit etwas
Melasse)
·
Verzichten Sie auf Kokos- und Palmzucker (ist auch im wesentlichen Saccharose)
·
Verzichten Sie auf Honig
·
Verzichten Sie auf Dicksäfte / Sirups
·
Verzichten Sie auf HFCS gesüßte Speisen
·
Essen Sie Obst, aber eben auch nicht zu viel davon
Kommen wir zu den Süßstoffen. Einige Süßstoffe haben eine bittere
Geschmackskomponente; dazu gehören Natriumsaccharin, Natriumcyclamat, Steviosid
und Acesulfam-K [4]. Bei Mäusen wurden durch Saccharin, Sucralose oder Aspartam
Störungen von Darmflora und Glukosestoffwechsel nachgewiesen. Eine israelische
Studie fand 2014: „Teilnehmer, die Süßstoffe benutzten, wogen mehr, hatten
höhere Werte bei Nüchtern-Blutzucker und HbA1c sowie eine gestörte orale
Glukosetoleranz; die Untersuchung der Faeces ergab eine Veränderung der
Darmflora [4].“
Ich habe in heroischen Selbstversuchen Xylit und Stevia getestet. Beide
schmeckten nicht so süß wie Zucker.
Stevia wird nicht als Naturprodukt sondern als Extrakt von
Steviolglykosiden verkauft, dem dann ein anderer Zucker mangels Menge beigemischt
wird. 10 mg werden als unbedenklich eingestuft – werden aber z.B. bei Cola
schnell überschritten. Mir sagte das geschmacklich nicht zu.
Xylit ist ein Zuckeralkohol. Er gilt als zahnfreundlich. Er kommt in
geringen Mengen auch in der Nahrung vor. Mir hat er eine beschleunigte
Darmpassage beschert.
Ich halte die Idee mit dem Süßstoff für Stuss.
Es kann nicht darum gehen, Alternativen für Zucker zu suchen, die sich
dann auch als problematisch herausstellen. Dicksäfte oder Süßstoffe verändern
nichts. Sie erhalten die Sucht nach Süßem. Viel besser für die Gesundheit wäre
es, den Geschmack umzutrainieren. Lassen Sie aber Zeit dabei. Viel Erfolg!
Links:
[3] http://rheumatologe.blogspot.de/2012/05/einige-ideen-zur-gicht.html
und http://rheumatologe.blogspot.de/2012/10/vortrag-gicht-und-hyperurikamie.html
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