Monday, January 29, 2024

Tee und Salz – Storm in a Teacup

 



Dieser Tage bekam ich einen Link zu einem Artikel der FAZ von Johannes Leithäuser  Briten verärgert über US Tipps Salz in den Tee. Das ist kein neuer Hinweis, nur jetzt hat es eben zu einen  diplomatischen Eklat geführt. Wie Tee zu trinken ist, sollte jeder selbst bestimmen. Der Tee-Ratgeber der amerikanischen Chemikerin Michelle Francl in englischen Zeitungen hatte also ganz andere Effekte. Leithäuser: „Die Amerikanerin behauptete in wissenschaftlichem Ernst, dass zu einem perfekten Teeaufguss eine Prise Salz gehöre.“ [1]

Zum Thema Tee und Salz hatte ich schon einmal vor zwei bis drei Jahren geschrieben [2]. Anlaß war damals ein Artikel in der Zeitschrift GALA [3]. Dort schrieb man z.B.: „Laut der "Teebibel", dem ersten Handbuch über diese spezielle Trinkkultur, gehört zu der perfekten Zubereitung von Tee unbedingt eine Prise Salz.“ Prinzipiell ist das schon richtig, denn damals trank man den Tee mit allen möglichen Zutaten, und dazu gehörte auch Salz. Tatsächlich aber schreibt Lu Yu (
陸羽) auch: 初沸則水合量,調之以鹽味,謂棄其啜餘,無乃而鍾其一味乎! [Nehmen sie nicht zu viel Salz, sondern der Wassermenge angemessen, sonst bleibt nur der Salzgeschmack übrig!] [4]

Man kann das Thema in Geschmack, Tradition und Gesundheit aufteilen.

Geschmack
Die Geschmäcker sind verschieden und ein Argument von Frau Francl war schließlich, daß die Bitterkeit dem Tee durch eine Prise Salz genommen werden soll. Dann muß man sich allerdings fragen lassen, warum man überhaupt Tee trinkt. Ich pflege da einen Purismus -: Salz, Milch, Zucker, Zitrone und weitere Stoffe haben meiner Meinung nach nichts im Tee zu suchen und ehrlich gesagt auch nicht im Kaffee. Aber manchmal verfährt man wegen des Geschmacks ganz anders – besonders wenn man den Verkauf eines Produktes plant. Trotzdem, wenn Sie Tee nur trinken können, wenn Geschmacksstoffe beigegeben sind, trinken Sie meinetwegen auch Schwarztee mit Bubblegum-Geschmack, aber dann sind sie für mich als Connoisseur unten durch.

Tradition
Zur ostfriesischen Tradition gehören Kluntje und Rahm [5] und zur britischen Tradition gehört Milch. Salz wird im tibetischen Buttertee verwendet, so wie ich es auch erwähnt habe [6]. Überhaupt im Himalaya oder auch in der Mongolei. Aber die britische Tradition sieht kein Salz vor.

Gesundheit
In einem Gespräch mit Dr. Wilayat Khan in Gulmit (Hunza, Pakistan) erfuhr ich vor fast 20 Jahren, daß sein Hauptproblem Gefäßerkrankungen durch hohen Salzkonsum war [7]. Ich muss zugeben, daß ich damals Zweifel hegte, denn Befürworter der Salz-Reduktion und ihre Gegner konnten für beide Ansichten entsprechende Studien vorlegen. Das aber hat sich mittlerweile geändert.
In der SsaSS-Studie [8] wurde ein Teil von NaCl (Kochsalz, Natriumchlorid) durch KCl (Kaliumchlorid) ersetzt. Man kann nur einen Teil ersetzen, da KCl zusätzlich bitter schmeckt. Die Autoren: „Bei Personen, die einen Schlaganfall in der Vorgeschichte hatten oder 60 Jahre oder älter waren und Bluthochdruck hatten, waren die Schlaganfälle, schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse und Todesfälle jeglicher Ursache mit dem Salzersatz niedriger als mit normalem Salz.“ Das Schöne an Studien aus China ist ihre hohe Zahl an Teilnehmern (hier N=20.995), so daß die Ergebnisse auch statistisch stabil sind. Ich weiß nicht, wie viel Fertigprodukte in China verwendet werden, denn die sind bei uns für etwa 70-75% der Kochsalzzufuhr verantwortlich. Aber auf jeden Fall zeigt die Studie, daß es sich lohnt, Salz einzusparen. Es gibt darüber hinaus noch weitere Studien und Metaanalysen [9], die ähnliche Ergebnisse aufweisen.
Natrium (Na) ist der schuldige Anteil von Natriumchlorid (Kochsalz) und deshalb wird auch vor dem Natrium in Natriumbikarbonat gewarnt, denn das ist der Stoff, der Brausetabletten zur Auflösung / zum Sprudeln bringt [10].

Frau Michelle Francl wird zitiert, daß man nur eine Prise Salz nehmen soll. Wenn man aber mehrere Tassen Tee trinkt, dann werden es schon mehrere Prisen. Früher wurde um Kochsalz gekämpft, heute müssen wir den Gebrauch bekämpfen. Salz im Tee? Vor meiner Seite aus ein klares Nein.


Links und Anmerkungen:
[1] Johannes Leithäuser: Briten verärgert über US-Tipp: Salz in den Tee?
https://m.faz.net/aktuell/stil/essen-trinken/diplomatischer-eklat-gehoert-salz-in-den-perfekten-tee-19475708.html
[2] Tee und Salz - https://rheumatologe.blogspot.com/2021/12/tee-und-salz.html
[3] https://www.gala.de/lifestyle/food/tee--warum-sie-ihn-oefter-mal-mit-salz-aufpeppen-sollten-22561116.html
[4] Ich sinne noch ein wenig nach, warum der Text ein Fragezeichen im Original aufweist und ich dies nicht übersetzt hatte. Und schon habe ich es herausgefunden. 乎 ist eine Partikel, die für Frage und Ausruf stehen kann. Ich habe deshalb jetzt das Fragezeichen in ein Ausrufezeichen geändert.
[5] Tee in Ostfriesland –  https://rheumatologe.blogspot.com/2022/02/tee-in-ostfriesland.html
[6] https://rheumatologe.blogspot.com/2021/12/tibetischer-buttertee.html
[7] https://rheumatologe.blogspot.com/2013/01/kritische-bemerkungen-zum-himalaya-salz.html
[8] Neal B, Wu Y, Feng X, Zhang R, Zhang Y, Shi J, Zhang J, Tian M, Huang L, Li Z, Yu Y, Zhao Y, Zhou B, Sun J, Liu Y, Yin X, Hao Z, Yu J, Li KC, Zhang X, Duan P, Wang F, Ma B, Shi W, Di Tanna GL, Stepien S, Shan S, Pearson SA, Li N, Yan LL, Labarthe D, Elliott P. Effect of Salt Substitution on Cardiovascular Events and Death. N Engl J Med. 2021 Sep 16;385(12):1067-1077. doi: 10.1056/NEJMoa2105675. Epub 2021 Aug 29. PMID: 34459569.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34459569/
[9] Hier sind zwei dieser Studien:
[9a] Zhang JY, Zhang B, Tang J, Gao C, Dong J, Ren J, Guo X, Xu A. [Deaths and life expectancy losses attributed to high-salt diet in Shandong province]. Zhonghua Liu Xing Bing Xue Za Zhi. 2021 Mar 10;42(3):527-530. Chinese. doi: 10.3760/cma.j.cn112338-20200306-00268. PMID: 34814424.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34814424/
Es handelt sich um das „Shandong-Ministry of Health Action on Salt and Hypertension Project (SMASH)“, bei der 32.987 Todesfälle bei einer Diät mit hohem Salzkonsum untersucht wurden. U.a. fand man eine Reduktion der Lebenserwartung von 0,58 Jahren aufgrund der salzreichen Ernährung.
[9b] He FJ, Campbell NRC, Woodward M, MacGregor GA. Salt reduction to prevent hypertension: the reasons of the controversy. Eur Heart J. 2021 Jul 1;42(25):2501-2505. doi: 10.1093/eurheartj/ehab274. PMID: 34117487. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34117487/
Die Autoren fassen zusammen: „Selbst eine bescheidene Reduktion der Salzaufnahme in der gesamten Bevölkerung wird zu einer erheblichen Verbesserung der öffentlichen Gesundheit und zu enormen Kosteneinsparungen im Gesundheitswesen führen.“
[10] https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Brausetabletten-foerdern-Bluthochdruck-292718.html


.

 

No comments:

Post a Comment