Ein guter Tee ist besser als eine schlechte Mahlzeit [1]
Als ich in einem Supermarkt sah, daß man in der Mongolei über ein ähnliches Tee Sortiment verfügt, wie wir es aus Deutschland kennen, hätte ich schier verzweifeln mögen, obwohl ich einige Tage zuvor einen Tee bei Normaden getrunken hatte, der eher Ähnlichkeit mit tibetischem Buttertee hatte. Also -: Supermärkte gehören zu den Aimag-Zentren, den Städten oder dem Moloch oder besser dem Kraken Ulaanbaatar [2]. Hier hat der Kulturwandel schon begonnen.
Ich habe verschiedendlich Tee schon in Hinblick auf einen Blogpost getrunken und dazu noch einen Gewährsmann befragt. Und zurück in Deutschlan habe ich noch ein wenig im Internet recherchiert. Eigentlich könnte ich jetzt schreiben, was ich will, denn Tee wird so unterschiedlich zubereitet, daß man DEN mongolischen Tee vergeblich suchen wird. Man kann aber Unterschiede von traditionellen Formen zu modernen Art, Tee zu genießen, herausarbeiten.
Über den englischen Wikipedia Artikel kann man bereits eine Menge erfahren [3], obwohl er sich mit der Bezeichnung selbst schwer tut, denn das Mongolische Сүүтэй цай wird Süütei tsai und nicht Suutei tsai ausgesprochen [4]. Die typischen Zutaten für Süütei tsai sind Wasser, Milch, Teeblätter und Salz.
Milch könnte traditionell die gerade verfügbare Milch, also auch von Yak, Schaf, Ziege oder Kamel sein. Viele Nomaden haben aber auch Kühe und die lassen sich leichter melken [5]. Ich habe hier bewußt Stutenmilch herausgelassen, denn aus der wird Airag (Айраг) gemacht – ein ganz vorzügliches Getränk (den meisten besser als Kumyß bekannt). Stutenmilch ist reich an Vitamin C und antimikrobiell wirksamen Stoffen [6], so daß sie sich besonders gut für die Fermentierung eignet und die Nomaden mit Vitamin C versorgen kann und insbesondere konnte. Auch in den Städten verwendet man eher Kuhmilch, denn die gibt es in Form von H-Milch von unglücklichen Kühen im Rinderknast [7].
Beim Tee wird es nicht weniger reich an Varianten. Traditionell wurde Tee von Teeziegeln abgebrochen oder geschabt und in das kochende Wasser gegeben und dann wurden Milch und Salz zugefügt. Aber mittlerweile nimmt man auch Grüntee und Schwarztee. Teeziegel bestehen aus meistens minderwertigem Tee, der aus Stängeln und Teeresten (wie Staub) und unter Zugabe etwa von Reiswasser zusammengeklebt, komprimiert, geformt und getrocknet wird. Trocken sind diese Teeziegel gut halt- und lagerbar [8].
Was sagte nun mein Gewährsmann? Die Nomaden nehmen meistens Schwarztee oder noch besser Teeziegel [9]. Der Tee wird in Wasser mit Milch sowie Fett („meistens Fettschwanz vom Schaf“) und Salz gekocht. In der Stadt nimmt man Butter. Bisweilen kommt auch Reis in den Tee. Auf keinen Fall Zucker! Aufgüsse von Kräutern, wie wir sie häufig (zu unrecht!) als Tee bezeichnen, sind in der Mongolei unüblich. Kräuter wurden allerdings in der Vergangenheit zum Einsatz gegen Krankheiten gesammelt.
Hirse und Zucker in Butter karamelisiert können aber dennoch im Tee landen. Oder getrocknetes Fleisch und Streifen vom Fettschwanz des Schafes. Und unter der letzteren Variante verstanden die Nomaden [10] einen guten Tee.
In der Jurte einer kasachischen Familie bekam ich Schwarztee.
Links und Anmerkungen:
[1] Mongolisches sprichwort: Сайн цай муу хоолноос дээр (Sain tsai muu khoolnoos deer).
[2] Die Stadt heißt Ulaanbaatar (im Deutschen könnte man es auch als Ulahnbahtar wiedergeben). Verdopplung der Vokale bezeichnet lange Vokale. Mongolisch schreibt die Stadt sich: Улаанбаатар. Die russische Schreibweise – Улан-Батор – hat zwar ein O, aber da es unbetont ist, wird es A ausgesprochen; also tar, nicht tor.
[3] Suutei tsai - https://en.wikipedia.org/wiki/Suutei_tsai
[4] Das kyrillische у und das für das Mongolische geschaffene ү sind unterschiedlich, nämlich u und ü.
[5] Stelle ich fachfremd einfach mal so in den Raum, aber ich könnte mich auch in der Nachbarschaft erkundigen.
[6] Musaev A, Sadykova S, Anambayeva A, Saizhanova M, Balkanay G, Kolbaev M. Mare's Milk: Composition, Properties, and Application in Medicine. Arch Razi Inst. 2021 Oct 31;76(4):1125-1135. doi: 10.22092/ari.2021.355834.1725. PMID: 35096348; PMCID: PMC8790991. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8790991/
[7] So eine Anlage kann man kurz vor Ulaanbaatar auf der Straße von Lyn (Лүн) sehen, siehe Bild. Die Anlage wurde in Kooperation mit einer französischen Firma erbaut. Und zugegeben – Milchwirtschaft in Sicht auf die Mengenbedürfnisse einer Metropole ist unter nomadischer Bewirtschaftung nicht möglich.
[8] Tee und Salz - https://rheumatologe.blogspot.com/2021/12/tee-und-salz.html
Tibetischer Buttertee - https://rheumatologe.blogspot.com/2021/12/tibetischer-buttertee.html
[9] Leider war ich an einer anderen Stelle eines Marktes, auf dem Teeziegel verkauft wurden.
[10] „Die“ Nomaden kann es nicht geben. Ich nehme den Begriff für eine Vielzahl von Ethnien, die nomadisch leben und zur Mongolei gehören. Ich besuchte sind nur Gers sondern auch eine Jurte von Kasachen, der größten Minderheit in der Mongolei.
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