Gestern war ich beim Friseur. Frech brüllt es mich aus der
Zeitschrift an: „Versuchen Sie es einmal mit Pflanzen – statt Pillen …“. Aber
dann geht es gar nicht um Phytotherapie (Pflanzentherapie) sondern um
Homöopathie – und zwar um Gelencium.
Gelencium wird mit „Die Gelenktropfen mit der 7fachen
Naturkraft“ angepriesen. Warum 7 und nicht 6 oder 8? Sieben ist eine Zahl mit
hohem Symbolwert. Sie gilt als Glückzahl und wird in psychologischen
Experimenten am häufigsten als Lieblingszahl erwähnt [1]. Kein Wunder, dass
diese Zahl gewählt wurde. Von den sieben Heilpflanzen werden allerdings nur
drei in dem Erklärungskasten erwähnt.
Weniger Nebenwirkungen als Medikamente. Ja, wenn man
Schmerzmittel mit Homöopathika vergleicht, schneidet das, was wenig bis nichts
enthält auch besser ab. Wenn Sie aber Phytotherapeutika und Schmerzmittel in
wirkungsgleicher Dosis vergleichen, haben die Phytotherapeutika unter Umständen
mehr Nebenwirkungen. Wenn man Salizylsäure aus der Weidenrinde nimmt, dann hat
sie mehr Nebenwirkungen als etwa Acetylsalicylsäure, die daraus entwickelt
wurde; man suchte nach einem verträglicheren Medikament. Oder wenn man
Johanniskraut in antidepressiv wirksamer Dosis nimmt, dann macht es z.B.
Nebenwirkungen an der Leber.
Dann werden auch Studien aufgeführt. Ich habe diesen Teil
einmal abfotografiert, um mir die Studien anzusehen.
Die Studie von O. Tetik bezieht sich auf 25 Ratten, die auf
vier Gruppen aufgeteilt wurden [2]. Man wollte herausfinden, mit welcher
Spüllösung bei einer Arthroskopie Schäden am Knorpel am besten heilten. Das
Ergebnis war, dass Diclofenac oder Colchicin in der Spüllösung zu einem
dickeren Knorpel führten.
Auch die Studie von Liu ist eine Studie an Ratten [3]. S.C.
Liu schlugen vor, Berberin als eine neuartige therapeutische Strategie in der
Behandlung von Arthrosen zu prüfen.
Aran und Kollegen untersuchten Frauen nach der Menopause
[4]. Es wurden 2x0,5 mg Colchicin gegen Placebo untersucht. „The efficacy end points were: patients' global assessment
and physician's global assessment, recorded on a VAS (visual analogue scale).” Das war aber auch
schon 2011 nicht Weisheit letzter Schluss, den nur nach dem Schmerz zu fragen
ist heute nicht mehr ausreichend. Besonders, da Das bereits 2002 nachwies, dass
Colchicin einen zusätzlichen Nutzen hat [5].
Keine der Studien benutzte aber Homöopathika! Und keine das
Kombinationsprodukt.
Das Produkt ist nicht ganz preiswert. Der Hersteller [6]:
„Die GELENCIUM 30 ml Packung reicht bei täglicher Einnahme von 6 x 5 Tropfen
ungefähr 5-6 Wochen. / Die unverbindliche Herstellerpreisempfehlung ist 19,95
€, das heißt zirka 3,60 € pro Woche.“ Ich meine, dass dies nur stimmt mit der
empfohlenen Reduktion der Dosis. Übrigens in dem Web-Auftritt steht auch ein
Mann mit Stethoskop – wahrscheinlich will er Kniegelenke abhorchen.
Ich halte ein solches Produkt für überflüssig und deshalb
auch für Abzocke. Ich gebe zu, dass man bei 50 ct Tageskosten geteilter Meinung
sein kann. Aber trotzdem:
Sicilium, Gelencium! (Ruhe, Gelencium!)
Links:
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