Sunday, February 9, 2025

Altargesteck für den 08./09.02.2025 – Vierter Sonntag vor der Passionszeit


Der vierte Sonntag vor der Passionszeit beschäftigt sich mit Sturm, Panik, Angst, Seenot, Einsamkeit Ruhe, Stille [1] … und dazu noch eine Taufe – wie schön. Übrigens könnte man den Sonntag auch Oktagesimä nennen, macht man aber gewöhnlich nicht.

Der Wochenspruch lautet: „Kommt her und sehet an die Werke Gottes, der so wunderbar ist in seinem Tun an den Menschenkindern.“ Und der nächste Vers beginnt: „Er verwandelte das Meer in trockenes Land, ...“. [2] Und damit sind wir schon in einem der Themen dieses Wochenendes! See, Meer, Schifffahrt, Sturm, Angst und Rettung – oder -: Sturm und Stille.

Wir sangen Lieder, die etwas damit zu tun hatten:

  • Es kommt ein Schiff geladen [3]
  • Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt [4]
  • Wie ein Wind der leise weht [5]


Für die Kinder bei der Taufe waren Vorlagen zum Ausmalen von Schiffen und Meer bereit gestellt worden.


Am Rande des Gottesdienstes unterhielten wir uns über hängende Schiffe im Kirchenschiff. Ich hatte dies noch nicht gesehen, aber entgegnete, daß ich im letzten Jahr in Lübeck in einem Restaurant dies gesehen hatte. Mein Gegenüber, so stellte sich heraus, hatte auch schon einmal in der  Schiffergesellschaft [6] gespeist.


Evangelium und Predigttext sind im Markusevangelium zu finden [7] und wird genannt: Die Stillung des Sturmes. Da fahren Jesus und die Jünger über den See Genezareth [8]. Jesus schläft hinten im Boot auf einem Polster oder hat nur den Kopf auf einem Kopfkissen [9]. Ein Sturm wütet, das Schiff nimmt Wasser und droht zu sinken. Die Jünger haben Angst, die Panik steht ihnen ins Gesicht geschrieben. Sie wecken entsetzt (wie kann er schlafen?) Jesus und der „bedrohte den Wind und sprach zu dem Meer: Schweig! Verstumme! Und der Wind legte sich und es ward eine große Stille.“ Die Jünger kommen vom Regen in die Traufe. Nach der Angst vor dem Sturm fürchten sie nun die Stille. Bevor wir uns mit den Einzelheiten beschäftigen, hier noch der Abschluß: Jesus stellt den Jüngern (und uns) zwei Fragen. „Was seid ihr so furchtsam? Habt ihr noch keinen Glauben?“ Eine Antwort gibt die Textstelle nicht, aber die Jünger fragen: „Wer ist der, dass ihm Wind und Meer gehorsam sind!“

Der Wochenpsalm steht im Psalm 107 [10]. Hier finden wir:

  • Schiffe auf dem Meere
  • Sturmwind, der die Wellen erhob
  • ihre Seele vor Angst verzagte
  • der HERR führte sie aus ihren Ängsten / und stillte das Ungewitter.

Das paßt schon wieder hervorragend.

Ob Stille oder Einsamkeit als Himmel oder Hölle erlebt wird, hängt mit unseren Gedanken zusammen. Mir fällt eine Zen-Geschichte dazu ein:
Zwei Mönche stritten sich über eine im Wind flatternde Fahne. Der eine  Mönch sagte: „Die Fahne bewegt sich.“ Der andere Mönch antwortete: „Nein, es ist der Wind, der sich bewegt!“ Der Meister bemerkte: „Es sind eure Gedanken, die sich bewegen.“
In der Kindheit fuhren die Eltern mit uns im Sommerhalbjahr gerne am Wochenende ins Bergische Land. An zwei Orten waren wir besonders häufig, ich nannte sie: Tal der Bäche und Tal der Einsamkeit. Auch durch das Tal der Einsamkeit lief ein Bach und ein Feldweg, den man entlang gehen konnte, da war eine Wiese, da ein Nadelgehölz, hier ein Buchenwald, dort standen einige Kühe auf der Weide und kein Mensch weit und breit, kein Radfahrer, kein Wanderer und schon gar kein Auto. Das ist kontemplative Einsamkeit. Andere Kinder hätten es langweilig gefunden. Meine beiden jüngeren Brüder spielten am Bach und zu ihnen und den Eltern konnte ich mich auch noch gesellen, dann wandelte sich  Einsamkeit in GemEinsamkeit.

Es gibt noch andere Formen der Einsamkeit, die der Armut oder der sozialen Einsamkeit, wie wir sie im Lied „Eleanor Rigby“ [11] finden können, die den Reis sammelt, der in der Kirche auf das Brautpaar geworden wurde. „All the lonely people / Where do they all belong?“ Hoffentlich in die Kirche!

„Was seid ihr so furchtsam? Habt ihr noch keinen Glauben?“ fragte Jesus die Jünger und uns. Keine Angst, hier kommt nicht DIE Antwort, denn die muss sich jeder selber gebe. Es war übrigens nicht Arroganz, wie man meinen könnte. Der hat gut Schlafen, der kann ja auch über das Wasser gehen. Nein, Jesus glaubte und konnte deshalb schlafen.

Die Frage der Jünger: „Wer ist der?“ ist eine rhetorische Frage wie auch die Frage von Pontius Pilatus: „Was ist Wahrheit?“

Kommen wir noch einmal auf Schiffe in Seenot zurück. Da war doch Jona auf dem Weg nach Tarsis und ließ sich über Bord werfen, damit nicht alle auf dem Schiff zugrunde gingen. Jona war dann drei Tage im Bauch des großen Fisches. Vor etwa 12 Jahren überlebte der Koch eines Schiffes, Harrison Okene (29 Jahre alt), drei Tage im Bauch des ca. 20 km vor der Küste Nigerias untergegangenen Schiffes in einer Luftblase [12], bis er schließlich von Tauchern gerettet wurde. Er meditierte über Psalmen in der Zeit. In den Psalmen finden sich alle Höhen und Tiefen des Lebens, dort wird geklagt, gedankt, es ist von Not, Rache und Verfolgung die Rede, aber die Höhepunkte sind doch der Dank.

Die liturgische Farbe ist Grün. In Köln mußten wir weiterhin im Gemeindesaal feiern, ohne Altargesteck, aber auch nicht bei 4° C Raumtemperatur [13], die in der Kirche herrschten. Das Klavier stellten wir anders auf, so daß die Rückseite in den Raum zeigte. Die sieht nicht so besonders aus, allerdings ist der Ton um ein Vielfaches klarer. In Kall stand ein prächtiges, aber doch schon bekanntes Gesteck mit vielem Weiß auf der rechten Seite des Altars.


Inspiriert vom täglichen Blumenstrauß
auf einem Fahrrad von Ai Weiwei (艾未未).

Links und Anmerkungen:
[1] https://kirchenjahr-evangelisch.de/4-sonntag-vor-der-passionszeit/   
[2] Ps 66,5.6 - „Kommt her und sehet“, m.E. müßte es heißen „Kommet her und sehet“ oder „Kommt her und seht“.
[3] EG Nr. 8: Text Daniel Sundermann, um 1626
[4] EG Nr. 604: Text und Melodie Martin Gotthard Schneider, 1960
[5] Nr. 459): Text und Melodie Wolfgang Vorländer, 1984. In: Lieder zwischen Himmel und Erde. Strube Verlag, München 2023. ISBN: ‎978-3899122356.
[6] „Die Schiffergesellschaft in Lübeck („Schiffergesellschaft zu Lübeck“) bezeichnet einen seit der Frühen Neuzeit existierenden Kapitäns- (Schiffer-) verband und gleichzeitig ein historisches Gebäude, das heute eine Gaststätte beherbergt.“
https://de.wikipedia.org/wiki/Schiffergesellschaft_(L%C3%BCbeck)
[7] https://www.die-bibel.de/bibel/LU17/MRK.4 Mk 4,35–41
[8] Der See Genezareth mißt etwa 21x12 km und ist nach seiner Fläche nicht ganz halb so groß wie der Bodensee.
[9] Ich weiß, es ist völlig unerheblich! Mich interessierte, ob es im Original eindeutiger wäre: προσκεφάλαιον. Nicht wirklich! Ich fand: „[Seite 769] τό, Kopfkissen; Ar. Ach. 1090; Plat. Rep. I, 328 c; Lys. 12, 18; Sp., wie Luc. Asin. 3; auch Sitzkissen, προσκεφαλαίων θέσις, Aesch. 2, 111; Cratin. bei Poll. 10, 40; vgl. Plut. Alex. 58 u. Theophr. char. 2.“
https://lsj.gr/wiki/%CF%80%CF%81%CE%BF%CF%83%CE%BA%CE%B5%CF%86%CE%AC%CE%BB%CE%B1%CE%B9%CE%BF%CE%BD (Danke %Wiki%pedia%!) Etymologisch steckt κεφαλή darin und das kenne selbst ich: Kopf!
[10] https://www.die-bibel.de/bibel/LU17/PSA.107 Ps 107,1–2.23–32
[11] „Eleanor Rigby“, Lied von The Beatles (1966). Text und Lied: https://genius.com/The-beatles-eleanor-rigby-lyrics
[12] https://www.theguardian.com/world/2013/jun/12/nigeria-sailor-survive-air-pocket
[13] Das nenne ich liturgisch ROT! Aber die Temperatur im Gemeindesaal lag im GRÜNEN Bereich, deshalb: „Denn groß ist der HERR und hoch zu preisen“. Ps 96,4a

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