Thursday, January 3, 2013

Positiver und negativer Stress



Gern wird von Fibromyalgie- oder z.B. auch Burn-out-Betroffenen eine Unterscheidung in positiven und negativen Stress vorgenommen. Diese Unterscheidung kennt unser Körper aber nicht. Stress ist Stress und darum ist der „positive“ Stress sogar noch gefährlicher, da er nicht wahrgenommen wird.

Ich komme darauf, da ich gerade einen Bericht im Kölner Stadt-Anzeiger zu Ralf Hergarten lese, der bis Juli 2012, also etwa acht Jahre lang, Bürgermeister der Stadt Schleiden war. Der Amtsarzt diagnostizierte Burn-out-Syndrom und bescheinigte Berufsunfähigkeit. Nun macht er eine Ausbildung zum ehrenamtlichen Rettungssanitäter: „Hier erlebe ich einen anderen, positiven Stress.“ (Bericht von G. Klinkhammer im Teil Eifel des Kölner-Stadt-Anzeigers vom 32.12.2012/01.01.2013, S. 7)

Ich sehe das anders, Stress sollte abgebaut werden und nicht ein Sorte Stress durch eine andere Sorte Stress ersetzt werden. Der Rettungsdienst bietet nun reichlich Möglichkeit für Stress, der nicht kalkulierbar und ziemlich sicher auch sehr negativ ausfallen kann. Ich spreche von psychisch auffälligen Personen mit Zwangseinweisungen, Aggressionen von Kranken und insbesondere mit Angehörigen, Toten (inklusive Babys und jungen Menschen, wie zum Beispiel Motorradfahrer, die im Kreis Schleiden sehr viel unterwegs sind), Schwerverletzten, Reanimationen, die tödlich enden, Bandopfern.

Zusammenfassend gilt es, bei stressbedingten Erkrankungen Stress abzubauen, egal, ob wir ihn positiv oder negativ bewerten.

2 comments:

  1. Als Betroffener kann ich hier aushelfen: Da Lothar M. Kirsch mich hier erwähnt, kann ich ein wenig gerade rücken:

    Es geht hier nicht darum, negativen Stress durch positiven Stress zu ersetzen. Was jedoch in einem Zeitungsartikel systemimmanent nicht berücksichtigt werden kann, war die im Interwiew verkürzt wiedergegebene Darstellung:

    Als Bürgermeister der Stadt Schleiden war ich einem nahezu permanenten Stress ausgesetzt, der keine oder nur sehr wenig Zeit liess, Regenerationsphasen einzubauen.

    Das ist im Rettungsdienst insofern anders, dass ich hier nur hin und wieder ehrenamtliche Schichten fahre, also zwischen den Einsätzen lange Rekreationsphasen bleiben. Insofern gibt es, das ist zutreffend, zwar stark belastende, auch hektische Momente, die jedoch zeitlich begrenzt sind, während der Stress in einem politisch verantwortlichen Amt keine Zeitliche Begrenzung kennt, sondern sich auch weit in das Privatleben hineinzieht (ständige Ansprechbarkeit, Ausbreitung des Privatlebens in der Öffentlichkeit, ständige Beobachtbarkeit). Ich schließe aus, dass ich im Rettungsdienst als Angestellter mit regelmäßigen Schichten arbeite. Dann wäre nämlich die Einschätzung von Herrn Kirsch korrekt, dass hier ein nicht rekreativer Ersatz vorläge.

    Das eben ist der Vorteil des Ehrenamtes, dass man keine zeitlichen Verpflichtungen hat! Ich hoffe, ich konnte ein klein wenig zur Aufklärung beitragen.

    PS: Nach meiner laienhaften (und medizinisch nicht fundierten) Interpretation bezieht sich positiver Stress auf den zeitlich gedrängten, u. U. hektischen Einsatz, der Belastung hervorrufen kann. "Negativer" Stress entsteht, wenn diesem keine Erholungsphasen folgen, und zusätzlich das Arbeiten unter den stressenden Faktoren einer nicht reflektierbaren Kritisierbarkeit ausgesetzt ist. Will heissen: Als Politiker hat man nur selten die Chance, Berichterstattungen von der anderen Seite fachlicher Korrektur oder auch einer zweiten Sicht gemäß darzustellen.

    Liebe Grüße, Ralf Hergarten

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    1. Herzlichen Dank, Herr Hergarten!
      Vielleicht wird positiver Stress auch für die Anforderungen benutzt, die der Mensch zum Leben und zur Entwicklung benötigt. So könnte die Herausforderung, am 5000 m Volkslauf teilzunehmen in dieser Definition als positiver Stress aufgefasst werden, während es ziemlich offentlich ist, dass der Marathon im negativen Stress und gesundheitlicher Schädigung enden wird. Übrigens ist der erste Marathonläufer nach Überbringung der Nachricht auch tot umgefallen.
      Ich werde Ihre Zuschrift zum Anlass nehmen, nochmals auf Stress und Anforderung einzugehen. Wie wir Anforderungen nutzen können und wir Stress abbauen müssen. Auch das Thema Unterforderung gehört dazu.
      Mit freundlichen Grüßen nach Schleiden!
      PS. OT: Ich hoffe, der Frost hat nicht auch bei Ihnen zugeschlagen.

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