ORTHOpress 3/2013
veröffentlicht eine Testaktion zu einem „innovativen Behandlungsgerät gegen
Rückenschmerzen“. Blaues LED-Licht bei
chronisch-muskulären Rückenschmerzen (hier schon die erste Einschränkung) zur Therapie beitragen können (das kann alles und nichts bedeuten). Das Gerät soll
körpereigene natürliche Prozesse zur Schmerzlinderung anregen. Nun werden wir noch informiert, dass dieses Medizingerät das CE-Zeichen trägt.
In einer Testaktion können
Leser das Gerät vier Wochen testen. Was steckt dahinter? Das ist eine
Werbekampagne. Die Hersteller solcher Produkte können mit einem hohen Anteil
eines Placebo-Effektes über die Wirkung bei muskulären Rückenschmerzen hinaus in den ersten Wochen rechnen. Dann wird das Produkt
gekauft und später wundert man sich, dass die Wirkung ausbleibt. Das ist
übrigens bei vielen Medikamenten, die gegen chronische Schmerzen eingesetzt
werden, auch der Fall.
Auf der Internet Seite von Philips BlueTouch
erfahren wir, dass für "Patienten mit milden bis moderaten chronischen
muskulären Rückenschmerzen eine völlig neuartige Therapieoption zur
Verfügung" steht: das Philips BlueTouch. Mit einem Rückenband wird blaues
LED-Licht zur Anregung natürlicher Schmerzlinderungsprozesse eingesetzt.
Außerdem soll es zu wohltuender Wärme kommen. Das Philipps BlueTouch wird in
Deutschland für 279,99 Euro (UVP) in ausgewählten Apotheken angeboten. Der
Hersteller bewirbt sein Produkt mit u.a. den folgenden Aussagen: "natürliche
Schmerzlinderung, Anregung von Selbstheilungsprozessen", weiteren. Auf der
Internet Seite von Philips BlueTouch gibt es eine Rubrik für "Ärzte &
Fachpresse": "Medizinische Fachgruppen und Fachjournalisten finden hier
weiterführende wissenschaftliche Informationen und Studien zur Wirkung von
blauem Licht und Stickstoffmonoxid". Da
allerdings ist nichts hinterlegt!
In der Zeitschrift
"Angewandte Schmerztherapie und Palliativtherapie" wird eine Studie
zitiert, die auf das "Lunch-Symposium
„Blaues LED-Licht in der Rückenschmerztherapie“ im Rahmen des Deutschen
Schmerzkongresses, 18.10.2012, Mannheim; Veranstalter: Philips Light &
Health Venture", zurückgeht. Ich habe Probleme mit Studien, die sich nicht
in der größten Datenband der Medizin, PubMed, finden, und zudem auf einem
Satelliten-Symposium vorgestellt wurden. Wir erfahren: "Bei
Bestrahlung mit blauem LED-Licht kommt es zur nicht-enzymatischen Freisetzung
von NO auch in tieferen Hautschichten." Der
Artikel über die Studie spricht von "klinischen Untersuchungen,
darunter eine prospektive, randomisierte, placebokontrollierte, doppelblinde
Multizenterstudie mit 171 Probanden". Die
Studie ist unter Leitung des Uniklinikums
Heidelberg in Zusammenarbeit mit der Universität Mannheim durchgeführt worden,
wie mir die Universität Heidelberg bestätigt hat (telefonisch nach Email-Anschreiben von mir). Die zitierte Studie soll allerdings nach der Zeitschrift "Angewandte Schmerztherapie und Palliativtherapie" noch "detailliert ausgewertet" werden und: "die Ergebnisse
werden für Anfang 2013 erwartet". Diese Studie ist aber im August 2013
nicht zu finden! Vielleicht verzögert es sich, da über diese Studie die
Zulassungsbehörde in den USA (FDA) das Produkt zulassen soll. Prof.
Hubert J. Bardenheuer wird zitiert: „Diese Studie hat den primären Endpunkt
Wirksamkeit sowie den sekundären Endpunkt Sicherheit erreicht.“ Diese Studie
fand sich in PubMed jedoch nicht. Die letzte Studie von H.J. Bardenheuer
beschäftigt sich mit einem ganz anderen Thema: „Predictors of survival in sepsis: what is the best
inflammatory marker to measure?“
Die Studie, so weit sie zugänglich war, sagt nichts
aus über den Stellenwert der Therapie. Ist das blaue Licht besser als etwa
Rotlicht? Wie viel Stickstoffmonoxid (NO) wird freigesetzt? Wie ist das
gemessen worden? In der Zeitschrift "Angewandte Schmerztherapie und
Palliativtherapie" wird im Artikel über das Lunch-Symposium PD Dr.
Ch. V. Suschek erwähnt. Er hat über die Vermeidung von Schäden, die durch
UV-Licht entstehen, gearbeitet; dabei fand die Rolle von Antioxidantien und
Stickstoffoxiden, die man z.B. auf die Haut aufträgt, besondere
Berücksichtigung.
ORTHOpress 3/2013 spricht
von einem „innovativen Behandlungsgerät gegen Rückenschmerzen“. Der Hersteller
spricht von chronischen muskulären Rückenschmerzen. Daher ist es sinnvoll,
abzuklären, welche Art von Rückenschmerzen man hat, bevor man sich ein Gerät
für 279,99
Euro zulegt. Und ich würde auf jeden Fall die Studie abwarten, die der FDA
vorgelegt werden soll.
09.10.2013:
Da ich gerade zum Thema angerufen worden bin. Die Studie von Prof. Bardenheuer ist auch heuer nicht in PubMed zu finden.
09.10.2013:
Da ich gerade zum Thema angerufen worden bin. Die Studie von Prof. Bardenheuer ist auch heuer nicht in PubMed zu finden.
Danke für die Recherche dazu - das spart mir die weitere Suche (mich hatte eine Kundin darauf angesprochen) nach dieser ominös angekündigten, aber für mich nicht auffindbaren Studie!
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