Wednesday, February 14, 2018

Fasten und Heilfasten zum Beginn der christlichen Fastenzeit


Am Aschermittwoch ist nicht nur Karneval vorbei (carne vale - Adieu Fleisch), sondern es beginnt im Christentum die Fastenzeit. Immer wieder ist es Anlass, dass die Gazetten wieder einmal den Text über das Fasten und das Heilfasten aus der Schublade ziehen. Das werde ich jetzt nicht ganz so machen. Ich habe hier bereits mehrfach über Fasten und Heilfasten geschrieben [1, 2], aber es kommen jedes Jahr neue Aspekte hinzu. Darum habe ich die alten Texte ergänzt bzw. umgeschrieben.

Fasten und Heilfasten sind sehr verschieden und werden daher unterschieden, aber man beschäftigt sich auch mehr mit dem Heilfasten zur religiösen Fastenzeit. Religiöses Fasten ist eher von Selbstlosigkeit geprägt oder besser gesagt von einem Opfer gegenüber Gott, um die Kommunikation wieder her zustellen. Das Heilfasten verfolgt einen anderen, einen selbstbezogenen Zweck; man will sich von überflüssigen Dingen trennen, z.B. von Krankheiten, Übergewicht, "Schlacken", Toxinen.

Ja, es gibt Effekte beim Fasten, wie z.B. die Erfahrung von Glück, Zufriedenheit, weniger Niedergeschlagenheit (Ausschüttung von Serotonin) oder auch weniger Entzündung (wie z.B. bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen). Die häufig genannte Entschlackung findet nicht statt; was aber passiert, davon berichte ich später mehr. Darüber hinaus es gibt eben auch negative Aspekte.


Religiös motiviertes Fasten
In fast allen Religionen wird gefastet, um Gott näher zu sein, sich mit Gott zu versöhnen, um sich zu stärken oder zur inneren Einkehr. Fasten ist in den verschiedensten Kulturen eine Vorbereitung, z.B. auf ein Fest, vor einer Initiation, als Bußübung vor heiligen Tagen oder dem Betreten heiliger Orte. Bei den Sikhs und den Zoroastern übrigens fastet man nicht. Im Buddhismus fasten die Mönche/Nonnen nach dem Mittagessen bis zum nächsten Morgen; wobei dies schon nicht in allen Klimazonen üblich ist; besonders im Mahayana-Buddhismus, der viele Anhänger in kalten Klimazonen hat, ist ein spätes Essen aus "medizinischen" Gründen eingeführt worden. Bei den Jains kann das Fasten sogar bis zum Tod gehen. Die Muslime haben den Fastenmonat Ramadan, bei dem vom ersten Morgenlicht bis zum Eintritt der Dunkelheit gefastet wird (kein Speise, kein Getränk, kein Rauchen, kein Geschlechtsverkehr).

Ab Aschermittwoch gilt im Christentum die ca. 40tägige Fastenzeit, die an die 40 Tage erinnert, die Jesus Christus in der Wüste verbrachte; die Fastenzeit geht über die 40 Tage hinaus, denn die Sonntage waren ausgenommen. Neben Fasten betete Jesus in er Wüste, und wurde vom Teufel versucht. Nach Matthäus 4:9 versuchte Satan Jesus mit dem Wort: „… haec omnia tibi dabo si cadens adoraveris me. [Dies alles werde ich dir geben, wenn du vor mit niederfällst und mich anbetest.]“ Die Fastenregeln sind sehr unterschiedlich. In der Zeit der Reformation aß Zwingli Wurst am ersten Fastensonntag [3]. Und obgleich Martin Luther fastete, wies er daraufhin, der Mensch werde „nicht durch das Fasten angenehm bei Gott, sondern allein durch die Gnade, allein durch den Glauben“ [3].
Bei den Katholiken ist das Fasten Teil der Bußpraxis. Als strenge Fastentage gelten aber nur noch Aschermittwoch und Karfreitag – „einmalige Sättigung und morgens und abends je eine kleine Stärkung“. Das klingt nun nicht sehr asketisch. In der Ausprägung und Auslegung aber ist man frei.


Heilfasten und Detox
Heilfasten ist ein nicht religiös motiviertes Fasten und wird oft mit Entschlackung begründet. Ich halte längerfristiges Heilfasten für Unsinn. Beim Fasten treten unbestritten Effekte auf. Es geht vielmehr darum, ob diese Effekte einen Nutzen darstellen oder nicht. Medizin und Ernährungswissenschaft lehnen das längerfristige Fasten ab. Der Körper gerät in einen Nährstoffmangel, der die Gesundheit schädigt und nicht fördert. Die Liste von Personen, denen ganz eindeutig vom Fasten abgeraten wird ist lang. Chronisch Erkrankte sollten nicht fasten. Aus der Rheumatologie weiß man aufgrund von Studien, dass ein akuter Schub durch Fasten unterbrochen werden kann, aber irgendwann muss man wieder essen und dann kommt auch der Entzündungsschub zurück. Während des Fastens wird der Körper nachhaltig geschädigt. Fasten kann Gichtanfällen auslösen. Fasten kann eine Essstörung verstärken. Bei Kindern, Schwangeren, stillenden Müttern, Personen mit Untergewicht ist es offensichtlich, dass Fasten schadet.
Selbst der strenge Koran schließt Kranke eindeutig vom Ramadan-Fasten aus.

In der ersten Phase des Fastens wird mehr Wasser ausgeschieden, wodurch man schnell auf der Waage einen Erfolg sehen kann, und es wird Eiweiß aus den Muskelzellen abgebaut. Dadurch dabei steigt die Harnsäure an (Stichwort: Gichtanfall). Der Eiweißabbau (Eiweißkatabolismus) ist eine sinnvolle Maßnahme des Körpers, denn Muskelzellen (Eiweiß) verbrauchen etwa 35mal mehr Energie als Fettzellen. Während des Fastens steigen Triglyzeride, Cholesterin und Fettsäuren, also die Blutfettwerte, an, denn die werden aus dem Fettgewebe zur Energiegewinnung freigesetzt. Die Endprodukte des Fettabbaus, die so genannten Keton Körper, reichern sich im Blut an und übersäuern es. Auch dies überlastet den Körper.

An dieser Stelle muss der Hype um "Detox" angesprochen werden. Bei Detox werden z.B. Saftkuren/Saftfasten empfohlen. Fruchtsäfte enthalten viel Fruchtzucker. Wenn man sich nur von Fruchtsäften ernährt, steigt die Harnsäure durch den Abbau (Katabolismus) und zudem durch den Fruchtzucker an (siehe dazu hier im Blog den folgenden Artikel zur Gicht). Zum anderen werden unter dem Deckmäntelchen Detox Tees und Pülverchen verkauft, die Sie wirklich von etwas befreien, nämlich von Ihrem Geld.


Fasten zum Abnehmen
Wenn Sie mit Fasten Gewicht dauerhaft reduzieren wollen, dann vergessen Sie am besten ganz schnell. Natürlich nimmt man ab, wenn man fastet, aber danach nimmt man auch wieder zu. Sie haben sicherlich vom Jo-Jo-Effekt gehört. In der Entwicklungsgeschichte der Menschheit haben diejenigen zu Hungerzeiten (z.B. Winter, Dürre) überlebt, die einerseits am besten den Stoffwechsel reduzieren konnten und andererseits am schnellsten wieder Gewicht zunahmen.
Durch die Anpassung des Körpers an die verminderte Kalorienzufuhr wird z.B. der Grundumsatz durch Umstellung der Schilddrüsenhormone reduziert. Nach dem Fasten kann der Körper umso besser Fettspeicher aufbauen.
Ein weiterer Punkt ist die Freisetzung von im Fettgewebe gespeicherten Schadstoffen (PCBs, DDT, Dioxine und weitere fettlöslich Gifte). Diese Gifte überfluten bei der schnellen Abnahme durch Fasten den Körper. Man hatte dies im Projekt Biosphäre 2 nachweisen können. Die Forscher hatten durch Nahrungsmangel einen sehr schnellen Gewichtsverlust. Man hatte die PCB-Konzentration gemessen. Dieser Richtwert im Blut stieg um das Fünffache an [5].
Mit Fasten kann man nicht dauerhaft Übergewicht reduzieren, denn es kommt zu keiner dauerhaften Verhaltensänderung. Manchmal wird behauptet, dass Fasten der Einstieg (Motivation) zu dauerhafter Gewichtsreduktion sein kann. Ich wage das zu bezweifeln. Wenn die dauerhafte Verhaltensänderung so einfach wäre, hätte man sie schon längst umsetzen können. Das Fasten ändert das Verhalten aber nur kurzfristig und nicht über das Fasten hinaus.


Tägliches Fasten
Mitte 2016 wurde eine interessante Studie von V.D. Longo und S. Panda vorgestellt [6]. Bei Menschen wie auch Tieren fallen Phasen von Fasten und Schlaf oft zusammen. Die Forschen fanden heraus, dass man die Nahrungsmittelaufnahme auf bestimmte Stunden des Tages beschränken kann, so dass dadurch die tägliche Fastenzeit über 12 Stunden andauert und es nachfolgend Prävention und auch Behandlung von Krankheiten verbessert wird. Aktuell wird aber erst in Tierstudien Grundlagenforschung betrieben.
R. Walfort berichtet über eine Studie an Ratten, bei der die Ratten, die grenzenlos fressen durften, durchschnittlich etwa 1000 Tage lebten, und diejenigen, denen man das Fressen unter die Hälfte dieser Menge beschränkt hatte, aber durchschnittlich etwa 1800 Tage lebten [7].
Kalorienbeschränkung allein ist es sicherlich nicht, denn Affen scheinen hungrig doch nicht länger zu leben [8]. Aber es ist schon vor längerer Zeit nachgewiesen worden, dass eine gesunde Ernährung mit vielen Ballaststoffen über Obst und Gemüse schneller und besser sättigt als eine Kost, die arm daran ist; in der betreffenden Studie wurden 1500 kcal gesunde Kost mit 3000 kcal weniger gesunder Kost verglichen [9].
Wahrscheinlich sind dinner canceling und Verlängerung der Hungerphase bis zum breakfast (Frühstück oder Fastenbrechen) sinnvolle Maßnahmen. Beim sogenannten Heilfasten habe ich weiterhin Bedenken.


Fazit
Man kann durchaus sinnvoll fasten, z.B. auf Süßigkeiten, Luxusspeisen, Fernsehen, Alkohol verzichten. Die Liste ist lang, wenn es darum geht, etwas Verzicht in unserer konsumorientierten Welt zu üben.
Wie wäre es mit dem umgekehrten Ramadan-Fasten? Was das sein soll? Nur im Hellen essen und in der Dunkelheit fasten. An Aschermittwoch 2018 wäre das die Zeit zwischen 07:38 Uhr und 17:35 Uhr (Sonnenauf- und Untergang). Im Laufe der Zeit wird es aber leichter, an Ostersamstag wäre das die Zeit zwischen 07:00 Uhr und 19:53 Uhr (Umstellung auf Sommerzeit eine Woche zuvor).


Links und Literaturangaben:
[5] Walfort, R.L. et al: Physiologic changes in human subjected to severe, selected calory restriction for two years in biosphere 2: health, aging, and toxicological perspectives. Toxicol Sci, 1999, 52: 61-65.
[7] Walfort, R.: Beyond the 120 year diet. Thunder's Mouth Press, New York, 2000.
[9] Duncan, K.H. et al.: The effects of high and low energy density diets on satiety, energy uptake, and eating time of obese and nonobese subjects. Am J Clin Nutr, 1983, 37: 763-767.
[10] Interessant als Tipp für Antiaging und Ernährung: Dr. Kris Verburgh: Die Ernährungs-Sanduhr. Wilhelm Goldmann Verlag, München, 2015.


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