Friday, April 13, 2018

Vitamin D und rheumatoide Arthritis


ukumai schrieb an einer anderen Stelle:
Ich klinke mich mal hier mit ein, da ich nicht so recht wusste, wohin mit meinem Kommentar. Ich finde Ihren Blog sehr gut und freue mich, dass es auch Rheumatologen gibt, die Paper lesen J
Was ich auf Ihrem Blog so ein bisschen vermisse, ist Vitamin D - vor allem in Bezug auf Rheumatoide Arthritis. Es gibt ja Studien, die eine inverse Korrelation zwischen Vitamin D Spiegel und Krankheitsaktivität zeigen und auch welche, die nachweisen konnten, dass RA-Patienten (bzw. die meisten Autoimmunerkrankungen) mit Polymorphismen im Vitamin-D-Metabolismus oder -Rezeptor einhergehen. Seitdem ich in hohen Dosen (weil Polymorphismus und Enzymkinetik usw.) supplementiere, geht es mir von Tag zu Tag besser (siehe Coimbra-Protokoll).
Was denken Sie denn dazu?

Nun, die Suchfunktion zeigt, dass Vitamin D auf meinem Blog schon eine Rolle spielt [1], aber es stimmt schon, dass die Frage zu Vitamin D und rheumatoider Arthritis nur gestreift wurde [2]. Das hat zwei gute Gründe. Zum einen mein Kollege Dr. med habil. V. Nehls (der zweite Oberarzt in der Rheumatologie hier am Rheinischen Rheuma Zentrum) besonders damit, z.B. auf seiner Homepage [2] und natürlich seinem Buch: Immunendokrinologie [3].

Zum anderen ist die Datenlage zur rheumatoiden Arthritis noch unsicher. Nehls (a.a.O.): „Zwar wurde ein Bezug zwischen Krankheitsaktivität und erniedrigten Vitamin D-Spiegeln hergestellt, aber auch hier ist die Kausalität unsicher.“
Die letzte Metaanalyse zum Thema, die ich gesichtet habe, stammt aus dem Jahr 2016 [4]. Lee, Y.H und S.C. Bae: „Vitamin D level in rheumatoid arthritis and its correlation with the disease activity: a meta-analysis.” Ihre Schlussfolgerung lautet: “Unsere Meta-Analyse zeigt, dass der Serum-Vitamin-D-Spiegel bei Patienten mit RA signifikant niedriger ist, Vitamin-D-Mangel ist bei RA-Patienten im Vergleich zu Kontrollen weit verbreitet und der Vitamin-D-Spiegel korreliert umgekehrt mit RA-Aktivität. Unsere Meta-Analyse legt nahe, dass der Vitamin-D-Spiegel mit der Anfälligkeit für RA- und RA-Aktivität assoziiert ist.“ Was jetzt fehlt, ist eine prospektive, randomisierte Studie, die das Ausmaß des Einflusses von Vitamin D auf Aktivität und Verlauf der Erkrankung aufzeigt. Außerdem müsste die Unbedenklichkeit höherer Dosen an Vitamin D nachgewiesen werden.

Was kann das für die Praxis heißen? Wir Rheumatologen haben schon immer auf eine Substitution von Vitamin D gedrängt und waren damit auch schon häufiger in der Kritik (Laien). Entzündlich-rheumatische Erkrankungen und ihre Therapie können Osteoporose fördern und deshalb wird sehr häufig Vitamin D substituiert. Die manifeste Osteoporose braucht darüber hinaus jedoch eine spezifische Therapie. Wir sind in Deutschland schlecht über die Ernährung mit Vitamin D versorgt. In den USA werden nicht nur Milch sondern auch milchartige Produkte wie Soja- oder Reismilch mit Vitamin D angereichert (gesetzliche Vorgabe). Hier ist das verboten. Die Nahrung ist nicht reich an Vitamin D und die (berechtigte) Furcht vor Hautkrebs und der sinnvolle Lichtschutz vermindert die Eigenproduktion von Vitamin D. Außerdem liegen wir in Deutschland gegenüber Italien, Spanien oder den USA um 10° nördlicher, so dass die Zeit einer Vitamin D Produktion über die Haut durch den tiefen Sonnenstand vermindert ist.
Wenn ich nun die eigenen Empfehlungen zur Substitution lese, die ich vor 5-10 Jahren gegeben habe, dann sind sie sehr konservativ, aber die Fachgesellschaften haben diese nicht erhöht.

Ich halte die Substitution von Vitamin D bei Patienten mit rheumatoider Arthritis und bei der Allgemeinbevölkerung im Winterhalbjahr für sinnvoll. Ob eine darüber hinaus gehende Einnahme sinnvoll ist, kann durchaus vermutet werden, ist aber noch nicht schlüssig bewiesen. In hoher Dosis ist Vitamin D als Medikament und nicht als Nahrungsergänzungsmittel anzusehen und deshalb müsste vor einer Empfehlung dazu auch der Nachweis der Unbedenklichkeit (Ausschluss von unerwünschten Arzneimittelwirkungen) stehen.


Links:
[3] Nehls, V.: Immunendokrinologie / Kommunizierende Systeme in der Inneren Medizin. Edition winterwork, Borsdorf 2017.





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