„Mein Freund der Baum
Ist tot
Er fiel im frühen Morgenrot“
Alexandra
Ich dachte ich sehe nicht recht. Da
biegt ein Trupp mit mehrere Fahrzeugen und fährt auf die Wiesen
zwischen meinem Haus und dem nächsten Dorf in der Eifel. Und was
taten diese Leute? Sie dekapitierten Bäume und Büsche. Ich lasse es
erst einmal in der Schwebe, was das denn mit Zen zu tun hat. Und es kam nicht ganz so schlimm wie in dem Lied "Mein Freund der Baum".
Mit einem Kranwagen fuhren sie nah
genug an die Bäume und schnitten bzw. sägten die Kronen in der
Mitte weg. Ein Traktor war mit dabei und schredderte das Grün und
die Äste zu Mulch, der seinerseite in einem Anhänger aufgefangen
wurde. Innerhalb von einer Stunde war alles vorbei und die Angst ist
gegangen, in Sistig oder wo auch immer könnte einmal der Strom
wegbleiben, da ein Baum auf eine Überlandleitung gefallen wäre.
Nachher
Vorher -
die drohenden Wolken als foreshadowing
Da fiel mir Douglas
Edison Harding (1909–2007) ein,
dessen Buch “On
Having No Head: Zen and the Re-discovery of the Obvious” ich einmal
gelesen habe (nein, zweimal) [1]. “ In 1943, he looked back at
himself and noticed that from his own point of view he was headless.
He was looking not out of two eyes but a 'single eye', a boundless
openness – an openness that was self-evidently aware, and was also
full of the whole world. Here was direct experience of his central
identity, his True Self.” [2] Nun immerhin lebte er danach noch
kopflos für 64 Jahre.
Zen
in der Kunst von irgendwas ist auf dem Boden eines Missverständnisses
entstanden, denn Eugen Herrigel sprach kein Wort Japanisch, als er
von einem japanischen Bogenmeister unterrichtet wurde. Herrigel nahm
an, dass es sich um einen Zen-Meister handeln würde, was er aber
nicht war. Awa Kenzo (1880-1939) war Kyūdō-Meister
[3]. Awa Kenzo wollte eine ganzheitliche Veränderung des
Bogenschützen im Sinne einer religiösen Erleuchtung erreichen. Er
nannte seine Lehre Daishadōkyō (大射道教)
- Große Lehre vom Weg des Schießens. Das erklärt das
Missverständnis. In der Folge haben sich im Westen alle möglichen
Künste mit Zen verbunden. Blödsinn!
Allerdings
gibt es ein Buch, das sich zu lesen lohnt: „Zen
and the Art of Motorcycle Maintenance: An Inquiry into Values“ von
Robert M. Pirsig [4]. Durch dieses Buch habe ich damals Henry David
Thoreau und „Walden, or Life in the Woods“ entdeckt – und damit
sind wir wieder bei den Bäumen.
Einmal
stritten sich die Mönche der westlichen und östlichen Hallen über
eine Katze. Nansen hielt die Katze hoch und sagte: „Ihr Mönche!
Wenn ihr ein Zen Wort sagen könnt, werde ich die Katze verschonen.
Ansonsten töte ich sie." Niemand konnte antworten, also schnitt
Nansen die Katze in zwei Teile. Als Joshu an diesem Abend zurückkam,
erzählte ihm Nansen von dem Vorfall. Daraufhin zog Joshu seine
Sandale aus, legte sie sich auf den Kopf und ging davon. Nansen
sagte: "Wenn du dort gewesen wärst, wäre die Katze gerettet
worden!"
Tot
und vergehen haben auch im Zen ihren Platz. Allerdings sehe ich in
dem Koan mehr ein Gedankenexperiment, so wie bei Schrödingers Katze.
Ich
hoffe, dass sich Bäume und Büsche bald wieder erholen. Momentan
schwingen sie ihre Äste auch ohne Kopf. Perfekte Zen Meditation.
Links and References:
[1] Douglas
Edison Harding: On Having No Head: Zen and the Re-discovery of the
Obvious. ShollondTrust, 1986. ISBN 978-1-908774-06-4.
[4] Robert
M. Pirsig: Zen and the Art of Motorcycle Maintenance: An Inquiry
into Values. William Morrow 1974. ISBN 978-0-688002-30-5
.