Sunday, November 17, 2024

Altargesteck für den 16./17.10.2024 Vorletzter Sonntag des Kirchenjahres

 


Den heutigen Sonntag nennt man den vorletzten Sonntag des Kirchenjahres und das Ende des Kirchenjahres ist von Fragen nach der eigenen Endlichkeit, Sterben und Trauer geprägt [1]. Aber es ist auch ein staatlicher und zudem ein stiller Gedenktag, nämlich der Volkstrauertag; es wird an die Opfer von Gewalt und Krieg aller Nationen erinnert [2]. Da gibt es leider immer viel zu erinnern und die Menschheit hört einfach nicht auf, immer wieder neue Anlässe dafür zu produzieren. Wenn man die aktuelle politische Lage betrachtet, scheint sich die Waage zu immer mehr der Gewalt hin zu neigen. Der Wochenspruch zeigt aber, daß wir uns verantworten werden müssen: „Wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi.“ [3]

In Köln feierten wir eine Taizé-Andacht. Die Gemeinschaft von Taizé versteht sich als internationaler ökumenischer Männerorden, wurde aber bekannt durch ökumenischen Jugendtreffen, zu denen jährlich bis zu 100.000 Besucher [4] vieler Nationalitäten und Konfessionen kamen; vor der Pandemie kamen immerhin 15.000 Teilnehmer in Wrocław 2019 [5] zusammen. Zwei Dinge waren an unserer Taizé-Andacht bemerkswert und die möchte ich kurz ansprechen. Zum einen wurden wir von einem ad-hoc-Orchester begleitet, das sich unter der Leitung unserer Kantorin Mechthild Brand vorbereitet hatte. Und zum Schluß nannte unsere Küsterin die stattliche Zahl von 42 Gottesdienst-BesucherInnen. Zum einen hat mich natürlich, wie immer, die Zahl 42 fasziniert [6] und zum anderen ist das erstaunlich viel für eine kalte Kirche (Heizung defekt), in der wir auf Kissen und teilweise in Decken gehüllt saßen. Beim Singen allerdings – das zeichnet eine Taizé-Andacht aus – wird es einem schon warm.


Die Lesung aus dem Evangelium steht bei Matthäus [7] und hat im Kern folgende Aussage Jesu Christi: „Denn ich bin hungrig gewesen und ihr habt mir zu essen gegeben. Ich bin durstig gewesen und ihr habt mir zu trinken gegeben. Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen. Ich bin nackt gewesen und ihr habt mich gekleidet. Ich bin krank gewesen und ihr habt mich besucht. Ich bin im Gefängnis gewesen und ihr seid zu mir gekommen.“ Vielleicht berührt einen der lange Text besonders, wenn man in einer kalten Kirche sitzt. Wenn es nicht nur mir so ergangen ist, dann hatte die defekte Heizung auch ihr Gutes.

Die Lesung aus dem Alten Testament kommt aus dem Buch Hiob und es handelt sich um eine besonders schöne, lyrische Stelle, die so beginnt: „Der Mensch, vom Weibe geboren, lebt kurze Zeit und ist voll Unruhe, geht auf wie eine Blume und welkt, flieht wie ein Schatten und bleibt nicht.“ [8]

Der Predigttext bzw. die vorgesehene Epistellesung entstammt dem Römerbrief und eine Stelle wird regelmäßig bei der Erinnerung an die gerade verstorbenen Gemeindemitglieder zitiert: „Leben wir, so leben wir dem Herrn; sterben wir, so sterben wir dem Herrn. Darum: wir leben oder sterben, so sind wir des Herrn.“ [9] Die Stelle endet mit Vers 13: „Darum lasst uns nicht mehr einer den andern richten; sondern richtet vielmehr darauf euren Sinn, dass niemand seinem Bruder einen Anstoß oder Ärgernis bereite.“ Für mich heißt dies zweierlei. Einerseits, und ich meine, daß dies der aktivere Teil ist, sollen wir andere nicht richten und da kann sich Paulus auf das Evangelium berufen [10], und andererseits sollen wir auch keinen Anstoß oder Ärgernis bieten. Das hieße aber, sich in der Mitte treffen und den anderen anders sein lassen.

Das Altargesteck in der Versöhnungskirche ist wegen des Mangels an Licht in der Kirche nur sehr bescheiden von mir fotografiert worden. Aber die Atmophäre für die Taizé-Andacht war dafür superb. Das Altargesteck in Kall konnte sein hohes Niveau halten. Liturgische Farbe ist weiterhin, auch wenn wir uns der Endlichkeit unseres Dasein zugewendet haben, Grün. Am 24.11.2024 feiern wir entweder Ewigkeits- oder Totensonntag und die tragen Weiß und nicht Schwarz als liturgische Farbe, denn „Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, ...“ [11] . Aber damit greife ich vor [12].


Inspiriert vom täglichen Blumenstrauß
auf einem Fahrrad von Ai Weiwei (艾未未).

Links und Anmerkungen:
[1] https://kirchenjahr-evangelisch.de/vorletzter-sonntag-des-kirchenjahres/
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Volkstrauertag
[3] 2. Kor 5,10a
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Communaut%C3%A9_de_Taiz%C3%A9  mit Quellenangabe zur Zahl: https://www.domradio.de/suche?searchterm=die-brueder-von-taize-die-brueder-von-taize  – heute nicht mehr verfügbar.
[5] https://www.taize.fr/de_article27119.html  
[6] Keine Angst, das habe ich bereits ausgeführt. Zweiundvierzig (42) https://rheumatologe.blogspot.com/2024/01/zweiundvierzig-42-1.html
[7] https://www.die-bibel.de/bibel/LU17/MAT.25 Mt 25,31–46
[8] https://www.die-bibel.de/bibel/LU17/JOB.14 Hiob 14,1–6(7–12)13(14)15–17
[9] https://www.die-bibel.de/bibel/LU17/ROM.14 Röm 14,(1–6)7–13 Vers 7! Im Griechischen lautet der Vers 13: „Μηκέτι οὖν ἀλλήλους κρίνωμεν· ἀλλὰ τοῦτο κρίνατε μᾶλλον, τὸ μὴ τιθέναι πρόσκομμα τῷ ἀδελφῷ ἢ σκάνδαλον.“ Also ich kann kein Griechisch, wollte es aber, weil es so schön aussieht, nicht unerwähnt lassen; ach, und so sieht Skandal im Altgriechischen aus.
[10] „Du Heuchler, zieh zuerst den Balken aus deinem Auge; danach kannst du sehen und den Splitter aus deines Bruders Auge ziehen.“
https://www.die-bibel.de/bibel/LU17/MAT.7 Mt 7,5
[11] Offb 21,4
[12] Es ist kein Cliffhanger, aber eine sneak preview sollte schließlich erlaubt sein.

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