Sunday, April 30, 2017

Gelencium


Gestern war ich beim Friseur. Frech brüllt es mich aus der Zeitschrift an: „Versuchen Sie es einmal mit Pflanzen – statt Pillen …“. Aber dann geht es gar nicht um Phytotherapie (Pflanzentherapie) sondern um Homöopathie – und zwar um Gelencium.

Gelencium wird mit „Die Gelenktropfen mit der 7fachen Naturkraft“ angepriesen. Warum 7 und nicht 6 oder 8? Sieben ist eine Zahl mit hohem Symbolwert. Sie gilt als Glückzahl und wird in psychologischen Experimenten am häufigsten als Lieblingszahl erwähnt [1]. Kein Wunder, dass diese Zahl gewählt wurde. Von den sieben Heilpflanzen werden allerdings nur drei in dem Erklärungskasten erwähnt.

Weniger Nebenwirkungen als Medikamente. Ja, wenn man Schmerzmittel mit Homöopathika vergleicht, schneidet das, was wenig bis nichts enthält auch besser ab. Wenn Sie aber Phytotherapeutika und Schmerzmittel in wirkungsgleicher Dosis vergleichen, haben die Phytotherapeutika unter Umständen mehr Nebenwirkungen. Wenn man Salizylsäure aus der Weidenrinde nimmt, dann hat sie mehr Nebenwirkungen als etwa Acetylsalicylsäure, die daraus entwickelt wurde; man suchte nach einem verträglicheren Medikament. Oder wenn man Johanniskraut in antidepressiv wirksamer Dosis nimmt, dann macht es z.B. Nebenwirkungen an der Leber.

Dann werden auch Studien aufgeführt. Ich habe diesen Teil einmal abfotografiert, um mir die Studien anzusehen.




Die Studie von O. Tetik bezieht sich auf 25 Ratten, die auf vier Gruppen aufgeteilt wurden [2]. Man wollte herausfinden, mit welcher Spüllösung bei einer Arthroskopie Schäden am Knorpel am besten heilten. Das Ergebnis war, dass Diclofenac oder Colchicin in der Spüllösung zu einem dickeren Knorpel führten.

Auch die Studie von Liu ist eine Studie an Ratten [3]. S.C. Liu schlugen vor, Berberin als eine neuartige therapeutische Strategie in der Behandlung von Arthrosen zu prüfen.

Aran und Kollegen untersuchten Frauen nach der Menopause [4]. Es wurden 2x0,5 mg Colchicin gegen Placebo untersucht. „The efficacy end points were: patients' global assessment and physician's global assessment, recorded on a VAS (visual analogue scale).” Das war aber auch schon 2011 nicht Weisheit letzter Schluss, den nur nach dem Schmerz zu fragen ist heute nicht mehr ausreichend. Besonders, da Das bereits 2002 nachwies, dass Colchicin einen zusätzlichen Nutzen hat [5].
Keine der Studien benutzte aber Homöopathika! Und keine das Kombinationsprodukt.

Das Produkt ist nicht ganz preiswert. Der Hersteller [6]: „Die GELENCIUM 30 ml Packung reicht bei täglicher Einnahme von 6 x 5 Tropfen ungefähr 5-6 Wochen. / Die unverbindliche Herstellerpreisempfehlung ist 19,95 €, das heißt zirka 3,60 € pro Woche.“ Ich meine, dass dies nur stimmt mit der empfohlenen Reduktion der Dosis. Übrigens in dem Web-Auftritt steht auch ein Mann mit Stethoskop – wahrscheinlich will er Kniegelenke abhorchen.

Ich halte ein solches Produkt für überflüssig und deshalb auch für Abzocke. Ich gebe zu, dass man bei 50 ct Tageskosten geteilter Meinung sein kann. Aber trotzdem:
Sicilium, Gelencium! (Ruhe, Gelencium!)


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