Kürzlich hatte ich das Teewasser im Roman Der Traum der roten Kammer erwähnt [1]. Ich habe mittlerweile die Übersetzung von Franz Kuhn gesucht und gefunden [2], auch die entsprechende Textstelle habe ich wiedergefunden.
Der Traum der roten Kammer wurde im 18. Jahrhundert (Qing-Dynastie) geschrieben und spielt auch zu dieser Zeit in einer Aristokraten-Familie [3]. Die Hauptfiguren sind Jiǎ Bǎoyù (賈寶玉), bei Kuhn Pao Yü, sowie seine beiden Cousinen Lín Dàiyù (林黛玉), bei Kuhn Blaujuwel, und Xuē Bǎochāi (薛寶釵), bei Kuhn Pao Tschai [4]. Der Roman hat etwa 350 Figuren und die Übersetzung von Kuhn hat einen Umfang von fast 800 Seiten, ist aber um ca. 2/3 verkürzt. Wer jetzt mehr wissen will, der sollte sich den Wikipedia-Artikel anschauen [3].
Darin brühte ich heute meinen Tee, mit Wasser aus der Eifel - und weil es grüner Tee war, nicht kochend! |
Die entsprechende Stelle steht im 25. Kapitel [2], ab S. 340 meiner Ausgabe. Die 18jährige, hochgebildete Nonne Miao Yü ist eine Teekennerin und serviert Tee. Auf die Frage, mit welchem Wasser der Tee gekocht wurde, antwortet sie: „Mit letztjährigem aufgefangenem Regenwasser“. Später zieht sie sich mit Pao Tschai und Blaujuwel zurück und bietet ihnen besonderen Tee an. Pao Yü gesellt sich zu den drei Damen und bekommt einen Tee, den er über alle Maßen lobt. „Ist dieser Tee auch mit letztjährigem Regenwasser bereitet? fragt Blaujuwel. Weit gefehlt! „... Das Wasser, mit dem dieser Tee bereitet ist, habe ich vor fünf Jahren, als ich im „Tempel der dunklen Gräberweihrauchkringel“ weilte, aus dem Schnee von verschneiten Pflaumenblüten gewonnen. ... und den Krug unangetastet fünf Jahre tief im Erdboden aufbewahrt. ... Wie kannst du nur annehmen, daß man von gewöhnlichem letztjährigem Regenwasser einen so reinen, feinen Geschmack erzielen kann, wie ihn dieser Tee besitzt?“
Das ist Literatur und spiegelt nicht den allgemeinen Gebrauch, auch nicht zu jener Zeit, wider. Nach den Tee-Weisen des Abendlandes sollte das Wasser frisch, nicht abgestanden und nicht zu kalkhaltig sein, nur kurz aufkochen und sprudelnd über den Tee gegossen werden. Alles Quatsch! Ich werde im nächsten Winter wenigstens den Schnee von meinem knorrigen Pflaumenbaum sammeln und in Flaschen unter der Erde (im Keller) aufbewahren und reifen lassen.
Schnee der auf Pflaumenzweigen liegt - Anfang 2021 |
Links, Literaturangaben und Anmerkungen:
[1] „In dem chinesischen Roman Der Traum der Roten Kammer (紅樓夢) wird sich über den Geschmack von Tee unterhalten (wahrscheinlich Bao Yü mit seinen Kusinen), der mit Schnee von Pflaumen- oder Kirschzweigen gebrüht wurde.“ https://rheumatologe.blogspot.com/2021/09/teerezepte-in-teebuchern.html
[2] Der Traum der roten Kammer. Aus dem Chinesischen übertragen von Franz Kuhn. Insel-Verlag, Leipzig 1948.
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Traum_der_Roten_Kammer
[4] Kuhn benutzt die Lautschrift nach dem Chinesisch-deutschen Wörterbuch von Werner Rüdenberg und Hans O.H. Stange. Pinyin gab es zu der Zeit noch nicht.
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