K. hörte von einem Japaner, der KirschBlüten auffing, wenn sie vom Baum fielen. Er sammelte und katalogisierte diese. Er wollte die geheime Botschaft der KirschBlüte, der Sakura, erkunden. Er wollte mehr erKennen als nur das Sehen, Hanami genannt. Er kam nicht weit. Ein anderer Japaner sammelte SchneeKristalle oder besser WasserKristalle, in denen er Gedanken vermutete. Und wieder einer, der allerdings lebte in den USA, in Kalifornien, der rollte Walnüsse über ein StempelKissen und dann über Papier. Diese Papierstreifen schnitt er zurecht und klebte sie in eine Kladde. Dazu schrieb er, wann und wo er die Nuss gekauft hatte, wo sie gewachsen war, und welche eine geheime Botschaft sie wohl vermitteln wollte. Das alles aber war nicht das, was K. suchte. Er sah in ihnen Amateure, BriefmarkenSammler. Er hatte etwas ganz anderes im Sinn. Er wollte die Botschaften ermitteln, die hoch oben am Himmel standen.
Vielleicht wäre es so schwierig, diese Botschaften zu entschlüsseln, wie den Diskus von Phaistos. Oder die Rollen von Qumran, von denen 900 bis 1000 so zerfallen sind, daß sie in 15000 kleinen Fragmenten existieren, die noch nie jemand zusammengesetzt hat. Er las über Nag Hammadi, aber das waren koptische Schriften und die waren entziffert. Das war so unInteressant wie die Keilschrift, denn sie alle waren entzifferbar. Obwohl – er interessierte sich für Bronte, weil es ihn an „Wuthering Heights“ (Sturmhöhe) von Emily Brontë erinnerte. Aber Bronte stand für etwas ganz anderes. Er las eine verStörende und beTörende Poesie, wie zum Beispiel: „Ich bin die Begierde aus einem Sehen, / und die Enthaltsamkeit des Herzens ist in mir. // Ich bin das Hören, das für jeden erreichbar ist, / und das Reden, das nicht faßbar ist. // Ich bin eine Stumme, die nicht spricht, / und groß ist die Zahl meiner Worte.“ So ähnlich aber stellte sich K. die Arbeit mit den KondensStreifen vor, widerSprüchlich.
K. blickte lange und oft an den Himmel. Und er schied aus -: die Tage, die dunstig waren; die Tage, in denen alles langsam inEinAnder verLief. Er ließ nur gelten den blauen Himmel und die weißen KondensStreifen, die nur wenige Minuten am Himmel blieben. Diese Streifen fotografierte er und zerLegte sie in Stücke und lud sie in eine Datei. Zudem beschrieb K. näher, an welchem Tag, zu welcher Stimmung, zu welcher politischer Lage und mehr er dies dokumentiert hatte. Und er fand immer mehr Stücke und immer mehr Varianten. Und K. wußte immer noch nicht, was sich hinter diesen Botschaften verbarg. Und dann aber erKannte K., daß jede neue Variante nur eine Botschaft in die Schöpfung hineinJauchzt: der Himmel ist hier! Vielleicht hätte K. Angelus Silesius lesen sollen: „Halt an, wo laufstu hin, / der Himmel ist in dir“.
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