Auch
in diesem Jahr fand ein TNF alpha Forum in München statt und zwar vom 17.01.
bis 18.01.2014. Über 700 Dermatologen, Gastroenterologen und Rheumatologen
nahmen daran teil. Den größten Teil machten in diesem Jahr die
Gastroenterologen aus, wahrscheinlich, weil es eine Neuzulassung auf ihrem
Fachgebiet gab. Die Veranstaltung wurde von Prof. Dr. Ulf Müller-Ladner
moderiert. Die Veranstaltung wurde von MSD gesponsert; die Firma stellt u.a.
Infliximab und Golimumab her. Eine Beeinflussung des wissenschaftlichen
Programms seitens des Herstellers war nicht zu erkennen.
Ich
kann im folgenden Text nicht die gesamten Vorträge referieren, sondern nur
weitergeben, was ich als interessante Neuigkeiten oder auch Diskussionen
mitnehme.
Prof.
Dr. H. Schulze-Koops: Targets in der Rheumatologie
Die
Unterteilung erfogte in funktionelle, zelluläre, humorale und intrazelluläre
Targets.
Die
Chemokin-Rezeptoren könnten geeignte Ziele für RA [rheumatoide Arthritis] und
PsA [Psoriasisarthritis] sein, werden aktuell bei der Psoriasis beforscht
(Mausmodelle).
Die
autologe Stammzelltransplantation wurde erwähnt, wobei die meisten Patienten
jeodch in den Gruppen systemische (PSS) und Lupus erythematodes (SLE) zu suchen
sind. In der ASTIS-Studie wurden über 1500 Patienten betrachtet:
5-Jahres-Überlebensrate 85%, progressionsfreies Überleben 43% und 100 Tage
transplantationsbedingte Mortalität bis 1-11%.
Die
Menge an Th17 Zellen korreliert mit der Erkrankungsaktivität. Ixekizumab wurde
unter der alten Bezeichnung LY2439821 erwähnt. Und als zweite Substanz
Secukinumab bei der PsA. Aktuell werden Brodalumab, Ixekizumab und Secukinumab
erprobt.
Zu
Tofacitinib gab es einige Informationen. Es ist zugelassen in den USA, Japan,
der Schweit, UAE, Kuwait, Argentinien und Russland. Losten in den USA: 24660
US$ pro Jahr.
Am
Ende noch Hinweise auf verschiedene Studien zu immunologischen Therapie, die an
RNA/DNA ansetzen.
Prof.
Dr. D. Thaçi: Targets in der Dermatologie
Zugelassen
für die Psoriasis sind Adalimumab, Etanercept, Infliximab und Ustekinumab. Zugelassen
für die Psoriasisarthritis sind Adalimumab, Etanercept, Infliximab, Golimumab,
Certolizumab und Ustekinumab. Ustekinumab inhibiert IL-12/23.
In
der Dermatologie spielt IL-17 eine größere Rolle als in der Rheumatologie. Brodalumab(IL-17A, IL-17F, IL17a/F, IL-17E, IL-17C),
Ixekizumab und Secukinumab (jeweils IL-17A, IL17a/F) werden neben anderei erprobt.
Secukinumab ist bei einem reinen Hautbefall besser
als Etanercept (H2H-Studie). Es werden noch weitere in Phase 1 bzw. auch Phase
2 Studien untersucht: CNTO 1959, MK-3222 (Tildrakizumab), AMG 139, RG4934,
NI-1401, SCH 900117. Tildrakizumab zeigt einen PASI 75 bei 74,4% in der 200 mg
Gruppe verglichen mit 4,4% in der Placebo Gruppe.
Für
die Dermatologie könnte 2014 ein neuer Calcineurin-Inhibitor zugelassen werden:
Voclosporin. In der Rheumatologie ist mir bislang keine Studie bekannt
geworden. Weitere Inhaltsstoffe werden bereits in Phase 3 Studien getestet:
z.B. Apremilast und Tofacitinib. U.a. werden Ruxolitinib und Tofacitinib auch
topisch getestet.
Prof.
Dr. St. Schreiber: Targets in der Gastroenterologie
Hier
möchte ich für Rheumatologen auf eine Abkürzung hinweisen: CDAI, steht in der
Rheumatologie für Clinical Disease Activity Index, aber in der
Gastroenterologie für Crohn’s Disease Activity Index. Und der zeigte in den
Studien ACCENTI, CHARM sowie PRECISE 2&3 bereits im ersten Jahr einen
Verlust an Effektivität der TNF-alpha Inhibitoren. Deshalb ist es wichtig, dass
viele andere Ansätze untersucht werden. Für M. Crohn sind dies bei den
IL-Inhibitoren z.B. Ustekinumab sowie zehn weitere, bei den CAM-Inhibitoren
Vedolizumab und weitere, Ozoralizumab und weitere TNF-Inhibitoren, Chemokin-Rezeptor-Inhibitoren
(CCX-025, CCX262-B), Immunmodulatoren wie Iaquinimod oder Rifaximin, und last
not least Tofacitinib als bislang einziger JAK3-Inhibitor. Für die Colitis
ulcerosa sind dies bei den IL-Inhibitoren z.B. Anrukinazumab sowie sechs
weitere in Phase 1, bei den CAM-Inhibitoren Vedolizumab und vier weitere, drei
TNF-Inhibitoren und Dersalazine (?), zwei Chemokin-Rezeptor-Inhibitoren,
Immunmodulatoren, Tofacitinib als bislang einziger JAK3-Inhibitor, weitere
Protein-Kinase-Inhibitoren und Antioxidantien sowie Mittel mit Einfluss auf die
Barrierefunktion. IL-17-Inhibitoren sind nicht wirksam. Tocilizumab war in
einer Pilotstudie wirksam. Weitere IL-6-Inhibitoren werden ebenfalls getestet;
z.B. Okilizumab. Auch unter Natalizumab (zugelassener CAM-Inhibitor) ist es zu
Progressiver Multifokaler Leukenzephalopathie gekommen (weltweit 15 Fälle,
meist Patienten mit Multipler Sklerose). Auf Adhäsionsinhibitoren wurde
hingewiesen; Natalizumab ist in den USA zugelassen, wurde in Europe jedoch
abgelehnt, weitere werden untersucht.
Die
TNF-Inhibitoren sind „noch die beste Option“. T-Zell exklusive Therapie haben
geringe oder keine Wirksamkeit. Protein-Kinase-Inhibitoren sind wirksam in
hohen Dosen mit entsprechendem Risiko für unerwünschte Arzneimittelwirkungen. Für
Vedolizumab wird die Zulassung erwartet/erhofft. IL-6-Inhibitoren haben noch
einen langen Weg – wie auch weitere Therapiestrategien.
Prof.
Dr. B. Siegmund: Chronisch-entzündliche Erkrankungen und metabolisches Syndrom
An
der Entzündung sind Adipokine (Leptin, Adiponectin, Visfatin, Resistin etc.). Zytokine
(TNA-alpha, IL-6, IL-10, etc.), Chemokine (MCP1, etc.) und metabolische
Faktoren (Fettsäuren, CRP, etc.) beteiligt.
Makrophagen
werden in zwei Subpopulationen eingeteilt: M1 (akute Entzündung / z.B. TNF-alpha
hoch, IL-23 hoch, IL-10 niedrig) und M2 (chronische Entzündung / z.B. IL-1Ra
hoch, IL-10 hoch, TNF-alpha niedrig).
Bei
Patienten mit Diabetes mellitus führt die Gabe von Anakinra zu einem Abfall von
HbA1c bzw. der Nüchternglukose.
Bei
Patienten mit rheumatoider Arthritis führen erhöhtes IL-6, erhötes CRP
(TNF-alpha) und das Lipidprofil zu einem erhöhten kardiovaskulären Risiko.
Phosphatidylcholin
wird intestinal zu Trimethyl-N-Oxid metabolisiert (TMAO), welches das Risiko
für kardiovaskuläre Ereignisse verschlechtert. In einer Studie mit über 4000 Patienten steigerte sich das Risiko um das 2,5fache für diejenigen im obersten
Quartil von TMAO.
Als
Wetter hatte der Veranstalter schließlich auch noch Nebel bestellt. Das wäre
allerdings nicht notwendig gewesen, denn die Vorträge und Workshops waren so
interessant, dass die Gefahr für ein Fernbleiben gegen Null tendierte.
Prof.
Dr. G.-R. Burmester: Biologika-Therapie und DMARDs: Kritischer Vergleich von
Mono- und Kombinationstherapie
Wir
wenden bereits so lange Methotrexat (MTX) an und immer noch nicht sind alle
Einzelheiten des Wirkmechanismus bekannt. Allerdings gibt es sehr genaue
Vorstellungen, was alles eine Rolle spielen kann: Zytostase, Apotose-Induktion,
Zytokin-Regulation, Entzündungshemmung und Immunsuppression. Darüber werde ich
später einmal gesondert berichten.
Methotrexat
eignet sich wahrscheinlich als Kombinationspatrtner für Biologika, da die
Bildung von neutralisierenden Antikörpern unterbunden wird (anti drug
antibodies), da die Clearance der Biologika verändert wird und die
T-Zell-Funktion beeinflusst wird (nicht RA!).
Interessanterweise
sollte auch Tocilizumab mit Methotrexat kombiniert werden, denn in den EULAR
recommendations heißt es (Nr. 9): „... Thus, if biological monotherapy must be initiated,
tocilizumab has some supportive evidence, but taken together, the data strongly
support the use of all biological agents in combination with MTX.“
Mit
einer höheren Dosierung von MTX nehmen nur zwei Nebenwirkungen etwas zu:
Infektionen und Haarverlust. Ansonsten scheint die konsequente Gabe von
Folsäure die Nebenwirkungsrate gesenkt zu haben.
Gewarnt
wurde vor der Kombination von Leflunomid mit Biologika. Der GBA ist der
Auffassung, dass der Nutzen ungesichert ist und Nebenwirkungen häufiger sind. Es
handelt sich also um eine Regressfalle. Deshalb ist es generell sicherer, die Präparate
in den zugelassenen Kombinationen einzusetzen. Nur Tocilizumab, Adalimumab und
Etanercept sind als Monotherapie zugelassen.
Prof.
Dr. J. Wollenhaupt: 5 "GO-Studien" über 5 Jahre: Aktuelle Langzeitergebnisse
bei RA, AS und PsA
Stabile
Daten über 5 Jahre. Keine neuen Sicherheitsprobleme.
Da
ich die Studien seit Jahren verfolgt hatte, fällt meine Mitteilung über den
guten Vortrag hier etwas lakonisch aus.
Abkürzungen der Studien siehe hier:
PD
Dr. U. Syrbe: Therapiemöglichkeiten für SpA-Patienten mit entzündlicher
Darmbeteiligung
COX-2-Hemmer
sind bei Patienten mit chronisch entzündlicher Darmerkrankung (CED) möglich.
Bei Ineffektivität, Nebenwirkungen oder aktiver CED kann ein
TNF-alpha-Inhibitor eingesetzt werden. Zulassung für die nicht-radiologische
Spondyloarthritis: Adalimumab und Certolizumab. Zulassung für die
ankylosierende Spondylitis: Infliximab, Etanercept, Adalimumab Golimumab und
Certolizumab. Zulassung für die Colitis ulcerosa: Infliximab, Adalimumab und
Golimumab. Zulassung für M. Crohn: Infliximab und Adalimumab.
Prof.
Dr. K. Reich: Fakten zum Hautscreening bei Patienten mit Biologika-Therapie aus
dermatologischer Sicht
Schleswig-Holstein
konnte durch Hautscreening die Todesfälle beim Melanom um 47% bei Männern und um
49% bei Frauen senken (1999-2009). In Gesamtdeutschland hatte sich keine
Änderung ergeben.
Seit
den 1970iger Jahren hat sich das Hautkrebsrisiko versechsfacht. 15.000
Erkrankungen an Melanom pro Jahr und 195.000 an Basalzellkarzinom. 80% der
Lebenseinstrahlung an UV-Licht bereits vor dem 18. Lebensjahr. Es gibt ca.
4.000.000 Solarienbesucher; Besucher unter 35 Jahren kommen auf ein um 75%
höheres Risiko für Hautkrebs.
Nicht-Melanom
Hautkrebsarten (NMSC) häufigste Malignome bei therapierten Patienten. Wahrschein
bei RA, nicht aber bei Psoriasis oder CED, Erhöhung von NMSC und Melanom.
Basalzellkarzinom kann schlechter abgeschätzt werden, da die Entwicklung länger
dauert.
Was
kann man zur Minimierung des Risikos unternehmen? Dermatologisches
Hautscreening, konsequenter Sonnenschutz (zwischen 11-15:00 nicht in die Sonne
gehen, UV-dichte Kleidung, Kopfbedeckung, hoher Lichtschutzfaktor, Lichtschutz
auch bei Bewölkung), Rauchen stoppen.
Prof.
Dr. U. Müller-Ladner: Neues und Bewährtes: Kongress-Highlights 2013
Die
häufigste Komorbidität bei RA ist die Depression.
Eine
Studie von Pope et al. zeigte, dass ein Weglassen von MTX zu einem höheren
DAS28 führte.
Das
RABBIT Register zeigt, dass durch Rauchen, KHK, Alter und Geschlecht das Risiko
zu Versterben steigt. Höchstes Risiko hatte männliche Raicher über 65 Jahre mit
KHK.
Durch
TNF-alpha-Inhibitoren halbiert sich das Risiko für ein akutes Koronarsyndrom
(Myokardinfarkt, instabile Angina pectoris, Tod durch Myokardinfarkt).
Die
DGRH Empfehlungen zum peri-operativen Management zu TNF-alpha-Inhibitoren werde
ich gesondert behandeln.
Zur
Schwangerschaft gab es ebenfalls Informationen. Eine hohe Aktivität der RA und
Prednisolon führen zu einer höheren Rate an Frühgeburten und/oder Präeklampsie.
TNF-alpha-Inhibitoren sind möglichkerweise während der Schwangerschaft
geeigneter als Prednisolon (Chaudhary et alö., ACR 2013 Poster #1330 und Clowse
et al., ACR 2013 Poster #433).
Rituximab
kann sich negativer als TNF-alpha-Inhibitoren auf eine chronische Hepatitis B
auswirken.
Prof.
Dr. med Dipl. geol. H.-Ch. Gunga: Anpassungsfähigkeit des menschlichen Körpers
an Extremsituationen: Hitze, Kälte, Höhe, Schwerelosigkeit, Isolation
Ein fesselnder Vortrag, den ich aber nicht referieren kann.
Insgesamt
war es wieder ein interessantes TNF alpha Forum. Wichtig finde ich den
Austausch mit den anderen Fachgebieten - einmal mehr über den eigenen
Tellerrand hinaus zu blicken. Den Veranstaltern und Referenten herzlichen Dank! Viel
Erfolg für das TNF alpha Forum 2015!