Saturday, November 2, 2024

LYRIK-Taschenkalender 2016 43. KW 02.11.2024

 


Michael Braun hat den LYRIK-Taschenkalender 2016 herausgegeben und zusammen mit Henning Ziebritzki alle am Taschenkalender beteiligten Autoren  mit je einem Gedicht vorgestellt und kommentiert. Die 17 Dichterinnen und Dichter stellten jeweils zwei Lieblingsgedichte mit Kommentar vor. Diesen Taschenkalender habe ich nun wieder herausgesucht, denn er hatte mich eingeladen zum Annotieren und Assoziieren, zum Erstellen von GegenEntwürfen. Vielleicht so auch ein wenig wie Daniel Spoerris: An Anecdoted Topography of Chance (1966 Something Else Press, New York / Cologne). Diese Annotationen stammen aus den Jahren 2022-2024.


43. KW
Hans Arp: Mein eigenes Gesicht


„grauen Würfeln, graue Eier“ -: verGleiche Carl Barks: Lost in the Andes [1].

„zerbrochenes Ei“ „Unzahl kleiner, grauer Würfel“ -: MatruschkaEi, FabergéEi, TeeEi, ÜberraschungsEi. Ei, ei, ei!

Wenn man zu nahe am Spiegel steht, sieht man nichts mehr.

„Spiegelbild“ von Rilke, insbesondere die zweite Strophe. [2]

Afrikanische Kinder, die ihre Nasen an Autos von Touristen platt drücken. Begierden auf beiden Seiten der Scheibe.
 
SpiegelBild
    erst wenn
Es
Dunkel
Wird
Und
Wir
Nicht
Mehr
Durch
Die
Scheibe
Sondern
Uns
Sehen
Dann erst
    Sehen
Wir richtig

43. KW
Kommentar: Martina Weber


Zeichentrick schwarz/weiß -: das Gedicht als DaumenKino führt zur konkreten Poesie. Schon die Barockdichter hat die konkrete Gestaltung fasziniert.

„Die Figur des Würfelspielers“ -: Gott würfelt nicht, heißt es. aber: wer weiß, wer weiß?  

Wenn das Wechseln der Photonen von Partikel zu Welle und zurück auch ohne Beobachtung erfolgte und es Ausdruck eines ZeitTaktes wäre, der uns sonst verborgen bleibt?

Spiegel
    das ist
Ein
Spiegel
In
Dem
Das
GeSchaute
ZerFließt
ZusammenFließt
Und
FortFließt
Nach ich
    Weiß
Nicht woHin  



Links und Anmerkungen:

[1] „Lost in the Andes! is a Donald Duck story written by Carl Barks and published in Dell Comics' Four Color Comics #223 in April 1949.“
https://en.wikipedia.org/wiki/Lost_in_the_Andes!
[2] Rainer Maria Rilke: Die Gedichte. Insel Verlag, Frankfurt am Main und Leipzig 2006. ISBN: 978-3-458-17333-5. S. 835. (Rilkes lyrisches Werk in einem Band). S. 823.

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ReiseGedichte - #KurzGedichte Batumi

 


Die KurzGedichte enstanden in Batumi, einer georgischen Großstadt am Schwarzen Meer. Medea, die Farben des Sonnenuntergangs hinter den HochHäusern, die Brandung, die Kathedrale, die katholisch war und dann georgisch-orthodox wurde, die HinterHöfe, die Synagoge werden mir besonders in Erinnerung bleiben. Die Gedichte aber müssen nicht unbedingt etwas mit Batumi  und dem Leben dort zu tun haben.

Frage/Antwort
    gib deiner
Antwort
Auf
Die
Frage
Einen
AtemZug
Damit
Dein Ja
    Kein
Nein ist

Arien
    von den
Arien
Des
Meeres
Hörst
Du
Nur
Die
Brandung
Nicht
Den
Gesang
Der
Wale
Oder
Das Requiem
    Der
Sterbenden Fische

TropenNacht
    die warme
TropenNacht
Ist
ErFüllt
Vom
Zirpen
Der
Grillen
Zwischen
Den DattelPalmen
Und
Den StechPalmen
Sowie
Zwischen dir
    Und
Der Brandung

Traurige Glocken
    die traurigen
Glocken
Am
UhrenTurm
Nun
Hängen
Sie
Dort
Als
Zirde
Und werden
    Doch
Nie erKlingen

KataFalke
    die toten
Helden
In
Ihren
KataFalken
Sie
Hatten
So
Sehr
GeHofft
Wir
Hätten
Unsere
Namen
In
Die Wand
    Der
KataFalke geRitzt

Tunnel
    das ist
Der
Tunnel
In
Dem
Jeder
Sinn
VerSagt
Der eine
VerZagt
Der andere
    Geht
Nach GeFühl



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Friday, November 1, 2024

K. und der Brief an den Kaiser

K. findet sich in einer AmtsStube des ausgehenden 19. Jahrhunderts wieder. Er soll einen Brief an den Kaiser schreiben, der mit einer schweren Krankheit dem Tode nahe zu Bette liegt. Es ist Mittwoch, der 13. Juni 1888. Wenn er abends fertig ist, so lautet die AnWeisung, solle er den Brief bei der Post einwerfen und dann könne er nach Hause gehen. Er schreibt: „Lieber Herr Kaiser, alles Gute und viel Gesundheit. Hochachtungsvoll! Ihr K. Es ist ihm selbst klar, daß er diesern Brief nicht verschicken sollte. Aber er hatte den halben Tag überlegt, was er überhaupt da schreiben soll und warum er überhaupt eine solche Aufgabe bekommen hätte. Abends geht trotzdem die Tür auf, K. geht hinaus, zur Post und nach Hause. Damit hat er seine Aufgabe erledigt. Er ißt zu Abend, schläft, wacht auf und ist wieder in der AmtsStube. Es ist Mittwoch, der 13. Juni 1888. Die Tür ist verschlossen, auf dem Tisch liegt BriefPapier. Das TintenFäßchen ist auf und der FederHalter liegt bereit. Er versucht es mit: „Sehr geehrter Herr Kaiser!“ ZerKnüllt das Papier er versucht es mit: „Euer HochwohlGeboren, lieber Kaiser! Bitte werdet wieder gesund. Das wünscht sich sehr Ihr Untertan K.“ Auch dazu hat er Stunden gebraucht, aber er hat mehr Zeit damit verbracht, darüber nachzudenken, als wirklich zu schreiben. Und die Tinte ist nicht eingetrocknet. So geht es nun Tag um Tag. Immer ist Mittwoch, der 13. Juni 1888. Er schreibt. Während er sich anfangs nicht so sehr angestrengt hatte, strengt er sich jetzt mehr an. Er macht sich auch Gedanken, wie man einen Kaiser anspricht und was man ihm wünschen könnte. K. bemerkt, daß er sich in einer Schleife befindet, denn mmer ist Mittwoch, der 13. Juni 1888. Wahrscheinlich kommt er nie wieder aus dieser Schleife hinaus. Es sei denn, so hofft K., er findet die richtige Art und Wiese, so daß der Brief dem Kaiser zugestellt wird. Er hat keine HilfsMittel. Das Telefon funktioniert nicht, K. kommt nicht aus dem Zimmer hinaus. Und abends, wenn er nach Hause geht, sind Geschäfte, Büchereien geschlossen. K. beschließt, bei einem Kollegen vorbei zu schauen. Aber wie sehr er auch immer wieder einmal versucht, zu seinem Bekannten zu gehen, gelangt er immer bei sich zu Hause an. Er kann nur nach Hause gehen sein. Seine Wohnung aufsuchen, zu Abend essen und schlafen. Wieder wacht er in der AmtsStube auf. Es ist Donnerstag, der 14. Juni 1888. K. schreibt zum 1000. Mal seinen Brief: „Eure Majestät! Bleibt stark und gefaßt der Deutschen Kaiser. Die besten Genesungswünsche sendet Ihr Untertan K.“ Gar nicht so schlecht, denkt er sich. Die Tür öffnet sich, K. wirft den Brief bei der Post ein, schläft und wacht erst am nächsten VorMittag auf. K. öffnet das Fenster und es schallt ihm entgegen: „Der Kaiser ist tot! Der Kaiser ist tot!“

 

K. findet sich in einer AmtsStube des ausgehenden 19. Jahrhunderts wieder. Er soll einen Brief an den Kaiser schreiben, der mit einer schweren Krankheit dem Tode nahe zu Bette liegt. Es ist Mittwoch, der 13. Juni 1888. Wenn er abends fertig ist, so lautet die AnWeisung, solle er den Brief bei der Post einwerfen und dann könne er nach Hause gehen. Er schreibt: „Lieber Herr Kaiser, alles Gute und viel Gesundheit. Hochachtungsvoll! Ihr K. Es ist ihm selbst klar, daß er diesern Brief nicht verschicken sollte. Aber er hatte den halben Tag überlegt, was er überhaupt da schreiben soll und warum er überhaupt eine solche Aufgabe bekommen hätte. Abends geht trotzdem die Tür auf, K. geht hinaus, zur Post und nach Hause. Damit hat er seine Aufgabe erledigt. Er ißt zu Abend, schläft, wacht auf und ist wieder in der AmtsStube. Es ist Mittwoch, der 13. Juni 1888. Die Tür ist verschlossen, auf dem Tisch liegt BriefPapier. Das TintenFäßchen ist auf und der FederHalter liegt bereit. Er versucht es mit: „Sehr geehrter Herr Kaiser!“ ZerKnüllt das Papier er versucht es mit: „Euer HochwohlGeboren, lieber Kaiser! Bitte werdet wieder gesund. Das wünscht sich sehr Ihr Untertan K.“ Auch dazu hat er Stunden gebraucht, aber er hat mehr Zeit damit verbracht, darüber nachzudenken, als wirklich zu schreiben. Und die Tinte ist nicht eingetrocknet. So geht es nun Tag um Tag. Immer ist Mittwoch, der 13. Juni 1888. Er schreibt. Während er sich anfangs nicht so sehr angestrengt hatte, strengt er sich jetzt mehr an. Er macht sich auch Gedanken, wie man einen Kaiser anspricht und was man ihm wünschen könnte. K. bemerkt, daß er sich in einer Schleife befindet, denn mmer ist Mittwoch, der 13. Juni 1888. Wahrscheinlich kommt er nie wieder aus dieser Schleife hinaus. Es sei denn, so hofft K., er findet die richtige Art und Wiese, so daß der Brief dem Kaiser zugestellt wird. Er hat keine HilfsMittel. Das Telefon funktioniert nicht, K. kommt nicht aus dem Zimmer hinaus. Und abends, wenn er nach Hause geht, sind Geschäfte, Büchereien geschlossen. K. beschließt, bei einem Kollegen vorbei zu schauen. Aber wie sehr er auch immer wieder einmal versucht, zu seinem Bekannten zu gehen, gelangt er immer bei sich zu Hause an. Er kann nur nach Hause gehen sein. Seine Wohnung aufsuchen, zu Abend essen und schlafen. Wie wacht er in der AmtsStube auf. Es ist Donnerstag, der 14. Juni 1888. K. schreibt zum 1000. Mal seinen Brief: „Eure Majestät! Bleibt stark und gefaßt der Deutschen Kaiser. Die besten Genesungswünsche sendet Ihr Untertan K.“ Gar nicht so schlecht, denkt er sich. Die Tür öffnet sich, K. wirft den Brief bei der Post ein, schläft und wacht erst am nächsten VorMittag auf. K. öffnet das Fenster und es schallt ihm entgegen: „Der Kaiser ist tot! Der Kaiser ist tot!“

FreitagsGedichte / #KurzLyrik 01.11.2024

 


盡寒食雨草螢萋,著麥苗風柳映堤。
等是有家歸未得,杜鵑休向耳邊啼。
雜誌

無名氏

Als sich der Feiertag nähert und die Gräser nach dem Regen grünen,
Auf dem Damm die Weiden glänzen und die Weizenfelder im Wind wiegen,
Denken wir an unsere Verwandten, die weit fort von uns weilen.
Ach Kuckuck, warum folgst du uns nur und rufst du uns heim?
Anonyme, verstreute Gedichte


Herbstwald
Die falbe Sonne
Schleicht sich in den dichten Wald
Kurz nur
Bevor sich Schatten senken
Nebel steigen auf
Da ruft einMal das BirkHuhn noch
Wir aber gehen langsam
Weiter in die Nacht
Der Weg ist laubBedeckt
Und der Wind spielt ein trauriges Lied  

Herbstlich
    in der Dämmerung
VerSchwinden
Laute
Sowie
Büsche
Und
Bäume
Im Nebel
    Der
Alles einHüllt

Brunft
    nun röhren
Wieder
Die
Hirsche
Im
NachbarOrt
Sie ahnen
    Nichts
Vom SchlachtTermin

Schreie
    die edlen
Sterne
Und
Der
Liebe
Mond
Sind
So
Taub
Für
Deine Schreie
    Wie
Der Folterer

Blut
    selbst auf
Schwarz/Weiß-
Fotos
Sieht
Blut
Noch
Rot aus
    Rot
Und anKlagend

Blut
    die schroffe
Wand
Ist
Rot
Vom
Blut
Des
Windes
Der
Sich an
    Ihr
Geritzt hat   

Schlaf
Wir geben uns den Wogen hin
Der Nacht
Lassen uns treiben
Durch Dunkelheit
Durch WellenTal
Und über WellenBerg
Träumen von den Feuern
Die hinter dem Sterben warten
Auf einem KirchHof
Denken wir anzuLegen
Doch wir fahren weiter
Wir legen nicht an
Die geheimnisVolle Nacht
Die aus dem Dunkel Farben geBiert
Und die grauen Kleider uns entReißt
Der Morgen kommt erst nach dem Schlaf
Den aber möchten wir beide nicht
Die Nacht ist für die Liebe
Wo sind die Zeiten
Die wir für uns
So herrlich ausGemalt
Wo sind die Hügel
Die reichen Hügel?
Die einen mit Blumen
Die anderen mit Büschen
Und in der Ferne
Wieder andere mit Bäumen
Lind weht der Wind
Über Berg und Tal
Über WellenTal und WellenBerg
Und wiegt uns immer weiter
Durch die Nacht
Durch die Liebe
Durch SternenGefunkel
Und weiter
Weiter
Durch die Nacht
Bis Schlaf wir finden
Langen Schlaf

Mond
    der Mond
Schreit
Mich dürstet
Und
Er
Meint
Doch
Nur
Nach
Formen
Die
Der Wind
    In die
Wolken schneidet

Lenin
    auf vielen
Podesten
Standen
Deine
Statuen
Von
Mir
Aus
Wärst
Du
Dort
GeBlieben
Aber
Die Welt
    Dreht
Weiter sich

Natur
    unser Schweigen
Stört
Die
Stille
Der
Natur
Laß
Uns
LosLachen
Und
Singen
SoBald
Der Wind
    Die
Blätter hebt

Leben
    wenn du
ErKennst
Daß
In
Allem
Scheitern
Der
Sieg
Des
Lebens
Liegt
Siehe
Dann hast
    Du
Richtig geLebt




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Thursday, October 31, 2024

Altargesteck für den 31.10.2024 Reformationstag

 


Der 31. Oktober ist als Gedenktag der Reformation gedacht [1]. Also wir feiern etwas anderes als Halloween; obwohl ich doch nicht umhin kam, einige Süßigkeiten zu verteilen. Der Reformationstag erinnert an den 31. Oktober 1517, als Martin Luther seine 95 Thesen oder vielleicht richtiger, aber weniger griffig, seine Kritik an der Praxis der Bußtheologie der Kirche, insbesondere dem Verkauf von Ablässen, „an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg geschlagen haben soll“. Ob das Annageln der 95 Thesen an die Tür der Schloßkirche zu Wittenberg historisch ist, darf bezweifelt werden, denn erst 1540 wird dies erstmalig erwähnt [2]. Man nimmt an, daß die Thesen am 31.10.1517 unter dem Titel „disputatio pro declaratione virtutis indulgentiarum“ [Disputation zur Klärung der Kraft der Ablässe] an mehreren Wittenberger Kirchen durch Anschlagen  veröffentlicht worden sind. Die 95 Thesen Martin Luthers [3] behandeln Einzelheiten zum Verkauf von Sündenablässen, so z.B. „36. Jeder Christ, der wirklich bereut, hat Anspruch auf völligen Erlass von Strafe und Schuld, auch ohne Ablassbrief.“ Insgesamt sind die Thesen von Luther selbst als Hinweis auf Reformen verstanden worden, ein Schisma war nicht geplant, allerdings unausweichlich. Philipp Melanchthon, Huldrych Zwingli und Jean Calvin sollte ich in diesem Zusammenhang nicht vergessen. Jean Calvin und Huldrych Zwingli haben übrigens weitaus stärker eine Konfrontation in Kauf genommen.

Ich hatte anläßlich des 22. Sonntags nach Trinitatis in der Lesung aus dem Alten Testament in dem Vers: „Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir fordert: nichts als Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.“ [4] ein Foreshadowing auf die  Reformation gesehen. Man kann noch mehr Textstellen finden, von denen ich einige in [5] aufgeführt habe.

Der Wochenspruch weist mir fast zu zaghaft auf die Reformation hin:„Einen andern Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.“ [6] Das ist natürlich die Grundlage, auf der Paulus die Rechtfertigung allein durch den Glauben aufbaut. „Ich rede aber von der Gerechtigkeit vor Gott, die da kommt durch den Glauben an Jesus Christus zu allen, die glauben.“ Und: So halten wir nun dafür, dass der Mensch gerecht wird ohne des Gesetzes Werke, allein durch den Glauben.“ [7] Damit aber sind nicht wir diejenigen, die uns retten, sondern es ist die Gnade Gottes. Sich durch Werke oder Opfer zu rechtfertigen ist als ob sich der Baron von Münchhausen selbst am Schopf aus dem Sumpf ziehen will.

Bei der Lesung aus dem Evangelium waren die Seligpreisungen vorgesehen [8]. Das machten die aktuellen KonfirmandInnen. Da kam es dann und wann zu Versprechern, so daß ich an Tom Sawyer von Mark Twain erinnert wurde. Es wurden aber auch noch Konfirmationsjubiläen gefeiert.

Das Altargesteck zeigte viel Rot, und das zu Recht, denn am Reformationsfest ist Rot die liturgische Farbe. Zudem war das Gdesteck wieder einmal sehr ansehnlich gestaltet. Schade, daß aktuell so viel andere Dinge von der Betrachtung abgelenkt haben. Andererseits gibt es bei Kathedralen Stellen, die kein Mensch sehen kann, sie sind für Gottes Auge gedacht.


 

Inspiriert vom täglichen Blumenstrauß
auf einem Fahrrad von Ai Weiwei (艾未未).

Links und Anmerkungen:
[1] https://kirchenjahr-evangelisch.de/reformationsfest/  
[2] Der Thesenanschlag wird erstmals in einer Bearbeitungsnotiz zum Neuen Testament Luthers Sekretär Georg Rörer ca. 1540 verschriftlicht; diese Notiz wurde allerdings erst 2006 gefunden. https://de.wikipedia.org/wiki/95_Thesen   
[3] Die 95 Thesen Martin Luthers kann man sich auch herunterladen:
https://www.ekiba.de/media/download/variant/55130/95_thesen.pdf
[4] https://www.die-bibel.de/bibel/LU17/MIC.6 Mi 6,8
[5] Der Gerechte aber wird durch seinen Glauben leben. (Hab 2,4b)
Denn gut ist der HERR. Seine Gnade ist ewig und seine Treue von Geschlecht zu Geschlecht. (Ps 100,5)
Der dein Leben erlöst aus der Grube, der dich krönt mit Gnade und Erbarmen. (Ps 103,4)
[6] 1. Kor 3,11
[7] https://www.die-bibel.de/bibel/LU17/ROM.3Röm 3,21–28. Es ist Epistellesung und Predigttext.
[8] https://www.die-bibel.de/bibel/LU17/MAT.5 Mt 5,1–10(11–12)

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Haiku for National Haiku Writing Month – October 2024 First Half

 


National Haiku Writing Month has been founded by the well known haiku poet Michael Dylan Welch. The goal is to write at least one haiku a day. National Haiku Writing Month is in its 14th year. [1] I enjoy writing to the prompts on Facebook. Here are some interesting links: [2]. Our daily writing prompter has Rowan Beckett Minor [3], doing so for the second time. Thanks a lot, Rowan!


疏松影落空壇靜,
細草香閒小洞幽。
何用別尋方外去?
人間亦自有丹丘。
同題仙游觀
韓翃
The shadows of the pine trees sweep across the empty platform,
While the scent of grasses wafts into the meditation cave.
What would be the point of seeking peace elsewhere in the world,
When there is already a place of immortals among humans?
On an inscription at the Temple of Wandering Immortals
Han Hong [4]


halloween
burning the midnight oil
stories from the crypt
~ Midnight

casting votes
into ugly ballot boxes
please phoenix arise
~ Vote

rotten movies
asylum, crypt or vault
must watch
~ Asylum

contributing
money to your family
but without love ...
~ Contribute

don't toy
with that doll and needle
the voodoo priest shouts
~ Toy/Doll

the trees shed leaves
conserving energy
we shed tears
~ Energy

some words need
to be carved in stone
but not haiku
~ Carve

in the garden
chirping cicadas
social media, too
~ Media

after halloween
or a visit to the fun house
I avoid mirrors
~ Funhouse

no BBQ
silence in the neighborhood
tumbleweeds though
~ Community

seeming to grow
out of the cinema screen
Count Dracula's teeth
~ Teeth

bribing the law
is against the law
as the law then fails
~ Law

CSI discussing
the forms of blood splatters
no splatter movie though
~ Splatter

lighted
with safety matches
the burning house
~ Safety

the shops brim
with halloween costumes
no trick or treat though
~ Costume

this world loves
watching conflicts
not having them
~ Conflict



Links and Annotations:

[1] National Haiku Writing Month https://www.facebook.com/NaHaiWriMo  
[2] „To help with haiku fundamentals, please have a look at "Becoming a Haiku Poet" at https://www.graceguts.com/essays/becoming-a-haiku-poet. And please review the "Haiku Checklist" at https://www.graceguts.com/essays/haiku-checklist.
[3] Meet the prompters: https://www.nahaiwrimo.com/meet-the-prompters/rowan-beckett-minor  
[4] Han Hong is a poet of the Tang Dynasty who is represented with three poems in the compilation 300 Poems of the Tang Dynasty (
唐詩三百首). We do not know his birth and death dates, only that he successfully passed the imperial examination in 754 and was graduated to Jinshi (進士 - the highest title). He was one of the ten talents of the Dali region (大理). 166 of his poems were handed down in the compilation Complete Poems of the Tang Dynasty (全唐詩). The Qing Emperor Kang Xi (清康熙) commissioned it in 1705 and the anthology was published in 1706. It contains 48,900 poems by 2,200 poets in over 900 volumes.

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Wednesday, October 30, 2024

Samowar und Tee in Russland

 


Dieser Tage hatte mich mein Bruder zur Sauna eingeladen und zwischen den einzelnen Saunagängen haben wir in der Ruhezeit Tee aus dem Samowar getrunken. Es handelt sich um ein Erbstück von der Seite meiner Schwägerin. Wir hatten den Samowar zusammen noch nie benutzt. So kam ich auf die Idee über Samowar und Tee in Russland zu schreiben. Besonders interessierte mich, welcher Tee im Samowar benutzt wurde. Ich kam nämlich während des Teeschlürfens auf den Gedanken, es könnte sich vorwiegend um Grüntee gehandelt haben, da vor dem 19. Jahrhundert fast ausschließlich grüner Tee getrunken wurde. Außerdem hatte ich die Information aus Georgien mitgebracht, das dort mehr grüner als schwarzer Tee produziert worden war [1]. Dazu brachte ich eine Beobachtung aus Taiwan mit, daß man grünen Tee sehr viel länger ziehen lassen kann, ohne daß sich der Geschmack sehr verändert [15]. Aber man kann das mit schwarzem Tee ebenso machen. Wir nahmen also aus der kleinen Kanne etwas Konzentrat und füllten es mit heißem Wasser auf. Dieser Tee zwischen den Saunagängen hatte geschmeckt und ich hatte dieses Projekt eigentlich etwas aufschieben wollen, da ich ja noch von der Reise nach Armenien und Georgien viele Ideen für Blogposte habe, aber dann hat es mich doch gepackt.

Der Tee, der das russische Zarenreich 1638 erreicht hatte, war insofern interessant, als er nicht nur den Tee als Produkt sondern auch den Ausdruck Chai mitbrachte, der sich aus Cha und Ye, Tee (
) und Blatt (), also Chaye (茶葉) zusammensetzt. Und für lange Zeit war der Karawanentee (Chinesisch 商隊茶, Russisch Караванный чай), nämlich der Tee, der Russland über den Landweg mit erreicht hat, ein Begriff. Diese Kamelkarawanen hatten ihren Höhepunkt 1860, dann wurde ihr Einfluss immer geringer, denn der Tee wurde über die transsibirische Eisenbahn transportiert. Der Begriff Karawanentee wird noch heute benutzt. Der Tee war anfangs sehr teuer, so daß sich nur Adelige und sehr reiche Russen ihn leisten konnten.

Ein besonderes Merkmal der russischen Teekultur [2] ist der Samowar (самовар). Dabei wird in einem kleinen Kännchen (Russisch: чайник) ein sehr konzentrierter Tee hergestellt, er oben auf dem großen Behälter mit heißem Wasser steht. Beide werden durch eine Wärmequelle erhitzt. Bei dem Samowar meines Bruders / meiner Schwägerin gibt es eine Vorrichtung im Samowar, die über Strom wie ein Tauchsieder funktioniert. Das Konzentrat wird mit dem heißen Wasser verdünnt. Der Tee wird aus Tassen oder aus Gläsern getrunken und kann auch gesüßt werden. In Russland werden Marmelade oder Würfelzucker in den Mund genonommen und der Tee darüber getrunken. Wir haben ihn allerdings pur getrunken. Man könnte hier schon die Frage stellen: Wozu das Ganze? Man hält den großen Heißwasserbehälter frei von Teeablagerungen. Es ist außerdem gemütlicher bei langen Teesitzungen.

Der Samowar (Russisch: самовар) wird erstmalig in den 1730er-Jahren erwähnt. Nicht nur in Russland sindern auch in Zentralasien, der Türkei, im Iran, Belarus, der Ukraine ist diese Art der Teezubereitung zu finden. Wo der Samowar herstammt, weiß man nicht genau, allerdings fand sich im Kaukasus Töpferware, die dem Samowar ähnlich sieht, und die auf ein Alter von 3600 Jahre datiert wurde. Samoware werden aus Metallen hergestellt [3].

Was ich aber über den Tee im Samowar wissen wollte, war nicht so einfach zu ergründen. Ich habe sogar Chat-GPT [4] befragt und erhielt als Antwort: „Assam, Ceylon und Darjeeling“. Damit hätte sich jeder vernünftige Mensch zufrieden gegeben. Auf die Frage: „Wie hoch war der Anteil an georgischem Tee in der Sowjetunnion?“ kam die Antwort: „Der Anteil an georgischem Tee in der Sowjetunion war relativ gering im Vergleich zu den Importen von schwarzem Tee aus Assam und Ceylon. Georgien hatte zwar eine eigene Teekultur und produzierte Tee, insbesondere in den Regionen Adjara und Gurien, aber die Gesamtproduktion war nicht ausreichend, um den gesamten Bedarf der Sowjetunion zu decken. In den 1960er und 1970er Jahren lag der Anteil des georgischen Tees an den gesamten Teeverbrauch in der Sowjetunion schätzungsweise bei etwa 5-10 %.“ Diese 5-10 % paßten allerdings nicht mit Informationen zusammen, die ich bereits früher recherchiert hatte.

Ich wollte wegen der 5-10 % mehr über Mengen erfahren. World of Statistics
[@stats_feed] schreibt u.a. zu „Tea consumption per capita (annual):  
🇹🇷 Turkey - 3.16 kg
🇮🇪 Ireland - 2.19 kg
...
🇷🇺 Russia - 1.38 kg

🇩🇪 Germany - 0.69 kg

🇲🇽 Mexico - 0.14 kg“. [5]

Ich fand im Internet noch eine Quelle zu den 1990er Jahren, nach der die Russische Föderation 1990 135.700 t Tee produziert hatte, die Zahl für 1998 lag bei 1480 t. [6]
Importe nach Russland lagen 1990 vei 225.500 t und 1998 bei 150.225 t. [7]
Mit solcher Zahlenauswahl kann man allerdings nicht argumentieren.

Ich schaute in eiigen meiner Bücher über Tee nach.
Cornelia Teufl gibt 18.000 t für „die ehemalige UdSSR“ für 1994 an. [8]
Auch in Hellmut Grössers „Tee für Wissensdurstige“ blieb der Wissensdurstige ziemlich durstig. Immerhin betrug zwischen 1980 und 1985 die Menge an Tee, die in der Sowjetunion produziert wurde, um 7% der Weltproduktion. [9]
Von Arend Vollers erfahren wir, das 90% der Tee der Russischen Föderation in Georgien angebaut wurde. Er gibt 140.000 t als Gesamtmenge an. Da Georgien 1991 sein Unabhängigkeit erklärt hatte, kann man diese Zahlen in dem Buch aus dem Jahr 1998 vergessen. [10]
In einem Buch von Merzenich und Imfeld [11] konnte ich jedoch noch einige Zahlen als halbwegs glaubwürdig für Mitte der 1980er Jahre erfahren. Und zwar wurden Zweidrittel des Teebedarfs der Sowjetunsion durch Eigenproduktion von Georgien beziehungsweise den weiteren Anbaugebieten gedeckt. Für die Produktion in Georgien werden 75 % Schwarztee und 25 % Grüntee angegeben [12]. Für die Sowjetunion bedeutete dies, dass bei etwa rund 150.000 t weitere 50.000 t überwiegend aus Nordindien importiert werden mußten. „75 % Schwarztee und 25 % Grüntee“ vs. „mehr Sorten grünen als schwarzen Tees“ ist ohne genaue Zahlen kaum zu entscheiden. Ich tendiere zum georgischen Wikipedia-Artikel, weil er neuer ist und sich ausschließlich mit georgischen Tee beschäftigt. Einschränkend muss ich allerdings darauf hinweisen, daß die Produktionsmethoden zu Sowjetzeiten eine unkontrollierte Oxidation des Tee möglich gemacht haben.

Ich fand in einigen der Quellen [13] auch etwas zum Raucharoma, das in Russland beliebt ist. Es handelt sich wahrscheinlich um ein geschmackliches Erbe des Karawanentees, denn der konnte auf der langen Reise den Rauch der Lagerfeuer aufnehmen. Heutzutage wird deshalb gerne zu Lapsang Souchong gegriffen.  

Zusammenfassend kann ich meine Frage vom Anfang in etwa so beantworten. In Russland ist über die Jahrhunderte Tee getrunken worden und auch heute wird sehr viel Tee getrunken, man sagt, daß 80% der Bevölkerung täglich Tee trinken. Im Laufe der Zeit sind sehr verschiedene Sorten getrunken worden. Es wird heute kaum mehr jemand Ziegeltee trinken, aber der war zum zu Beginn die bevorzugte Sorte. Bereits im 19. Jahrhundert hat man Schwarztee präferiert und das tut man auch noch heute, wobei Tee aus Sri Lanka und insbesondere Assam-Tee eine wichtige Rolle spielen. Während der Sowjetzeit hatte der Tee aus Georgien Heimvorteil, wobei dort der Tee immer schlechter geworden ist, weil die Herstellungsbedingungen nicht auf Qualität sondern auf Quantität ausgerichtet waren. Heutzutage ist es so, daß Samowar-Tee zumeist mit schwarzem Tee zubereitet wird. Aus einer Quelle hatte ich die Angabe 20 Teelöffel Schwarztee auf ein ein Liter Wasser für das  Konzentrat. Aus der Kanne mit dem Konzentrat füllt man ein wenig in die Tasse oder das Glas, um dann mit der 3-10fachen Menge heißen Wassers aufzufüllen.

Ich freue mich schon auf den nächsten Saunagang mit Tee aus dem Samowar.



Links und Anmerkungen:
[1] Grusinischer oder besser georgischer Tee [1a]. Ich war mir gerade zu der Aussage, daß Georgien mehr grünen als schwarzen Tee produziert hatte unsicher, aber konnte die Angabe auf den georgischen Eintrag auf Wikipedia zurückführen [1b], wobei meine Übersetzung allerdings die Formulierung „In Georgien gab es mehr Sorten grünen als schwarzen Tees“ verwendet worden ist.
[1a] https://rheumatologe.blogspot.com/2024/10/grusinischer-oder-besser-georgischer-tee.html
[1b] https://ka.wikipedia.org/wiki/%E1%83%A5%E1%83%90%E1%83%A0%E1%83%97%E1%83%A3%E1%83%9A%E1%83%98_%E1%83%A9%E1%83%90%E1%83%98
[2] https://teapedia.org/de/Russische_Teekultur   
[3] „Samovars are typically crafted out of plain iron, copper, polished brass, bronze, silver, gold, tin, or nickel.“ [3a] Der englische Wikipedia Eintrag ist schon sehr detailreich zur Geschichte des Samowars. Wer mehr über Samoware wissen will, kommt um den russischen Wikipedia-Artikel nicht herum [3b].
[3a] https://en.wikipedia.org/wiki/Samovar
[3b] https://ru.wikipedia.org/wiki/%D0%A1%D0%B0%D0%BC%D0%BE%D0%B2%D0%B0%D1%80
[4] Hallo Mensch, ich bin ein GPT-4o mini betriebener AI-Chatbot. Frag mich alles!
[5] According to "Annual per capita tea consumption worldwide as of 2016, by leading countries(in pounds)". Statista. 23 January 2020. Retrieved 10 February2020. https://x.com/stats_feed/status/1808804159698723288   
[6] https://www.kaggle.com/datasets/michals22/tea-fao-dataset?select=Tea_crops_primary_production_quantity.csv
[7] https://www.kaggle.com/datasets/michals22/tea-fao-dataset?select=Tea_import.csv
[8] Cornelia Teufl: Tee. Die kleine Schule. Alles, was man über Tee wissen sollte. Zabert Sandmann, München, 1997. ISBN: 3-924-67885-5. S. 29.
[9] Hellmut Grösser: Tee für Wissensdurstige. Das Fachbuch vom Deutschen Teebüro. E. Albrecht Verlag, Gräfelfing o.J. (ca. 1996, 3. Auflage). ISBN: 3-870-14003-8. S. 113.
[10] Arend Vollers: Die Kunst, Tee richtig zu genießen. Geschichte, Kultur, Herstellung, Sorten. Seehamer Verlag, Weyarn 1998. ISBN: 3-932131-50-9. S. 154.
[11] Bernd Merzenich und Al Imfeld: Tee Gewohnheit und Konsequenz. Edition Dia Sankt Gallen 1986. ISBN: 3-905682-07-X.  S. 30.
[12] Daher meine Unsicherheit zu Beginn des Blogposts.
[13] Zwei Quellen zum Raucharoma waren dabei besonders ergiebig.  
https://www.auresa.de/blog/teegeschichte-russlands/ und
https://www.roberts-teehaus.de/blogs/tee-blog/russische-teekultur?srsltid=AfmBOooymUXIvfHzCBG5Ncx74RyjSiJqa2opAIKhPr8JS1Uziaqv55BX
[14] Addendum: Die in [14a] erwähnte Quelle [14b] konnte ich nur ansatzweise einsehen. Immerhin werden alle möglichen Teesorten und Teequalitäten für die 1730er Jahre beschrieben: Grüntee, Ziegeltee, Bohea (halboxidierter Tee wie Oolong, Schwarztee wurden getrunken. Der Bedarf war wahrscheinlich so groß, daß man jeden Tee verkauft bekam.
[14a] https://zh.wikipedia.org/wiki/%E8%8C%B6%E7%82%8A
[14b] Smith, R. E. F.; Christian, David. Bread and Salt: A Social and Economic History of Food and Drink in Russia. Cambridge: Cambridge University Press. 1984: 240. ISBN 978-0-521-25812-8.
[15] Fiel mir erst beim Korrekturlesen auf. Hier steht deie ganze Geschichte:Der unromantische Tee – eine Reminiszenz https://rheumatologe.blogspot.com/2024/10/der-unromantische-tee-eine-reminiszenz.html


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