Michael Braun hat den LYRIK-Taschenkalender 2015 herausgegeben und zusammen mit Henning Ziebritzki alle am Taschenkalender beteiligten Autoren und Kommentatoren mit je einem Gedicht vorgestellt. Er ist mir jetzt wieder in die Hände gefallen. Auch dieser Kalender lädt ein zum Annotieren und Assoziieren, zum Erstellen von GegenEntwürfen. Vielleicht so auch ein wenig wie Daniel Spoerris: An Anecdoted Topography of Chance (1966 Something Else Press, New York / Cologne). Diese Annotationen stammen aus den Jahren 2014/2015 und 2020-2022.
27. KW
Steffen Popp: Credo
Ich warte, bis aus Staub und Flusen Filz geworden ist, den ich dann packen und wegRäumen kann.
Unter der mumifizierten Leiche liegt kein Staub, nur um sie herum.
„die Seitenstraße“ -: nicht zu vergessen die SeidenStraße, über die der WüstenWind weht. Das Feuer des Lagers brennt herunter und die Sterne funkeln wieder.
Der FlickenTeppich, die GeheimZeichen im Teppich -: wo bleibt mein fliegender Teppich oder mindestens der fliegende Robert?
Ballade
gerne würde
Ich eine
Ballade
Singen
Über
Die
TreitschkeStraße
Und
Besonders
Über
Die
Meierei
Mit
Der Tür-
Glocke
KlingeLing
Sterne
warum ist
Es
Bislang
Keinem
Dichter
Besonders
Aber
Nicht
Li Bo
AufGefallen
Daß
Die Sterne
Lallen
Am Himmel
27. KW
Kommentar: Henning Ziebritzki
MondLicht, daß durch die Gardinen fällt, um in Kristalle zu erstarren, um die sich die Dunkelheit wie schwarzer Samt legt.
Schönheit ist aus sich selbst heraus, jedoch ein Schweigen muss errungen werden.
Unter Sternen
normal, ja
Wenn
Die
Finstren
Hütten
Histrionisch
Die
Nacht
EinLassen
Aber
Die Sterne
Müssen
Draußen bleiben
Die Botschaft, die ich am 03.09.2021 erhielt [1] -: Syrische Flüchtlinge, die vor dem Regime geflohen waren, benötigen hier, um als Flüchtlinge anerkannt zu werden, einen ExistenzNachweis eben dieses Regimes, den sich die syrische Botschaft mit 800 € vergüten läßt
„viele Ausrufezeichen“ -: hier im Gedicht ist allerdings nur ein AusrufeZeichen!!! VERSALIEN wurden in „Credo“ auch nicht benutzt. Ich erinnere mich an die Kritik einer klassischen MusikAufnahme im Fernsehen [2]. Der Kritiker bemägelte die „hektische Kameraführung“. Das Klavierstück wurde in der ersten Hälfte von schräg rechts und in der zweiten Hälfte von schräg links jeweils mit einer Standkamera, die nicht zoomte, ausgenommen [3].
„Geheimzeichen aus dem Teppich“ und „monolithisch“ -: führt mich unweigerlich zu The Shining in der Verfilmung von Stanley Kubrick [4], wobei die Assoziation zum Monolithen natürlich auf 2001: A Space Odyssey verweist.
„Geheimzeichen“ -: Diskos von Phaistos, Voynich-Manuskript, Rongo-Rongo-Tafeln, Mohenjo-Daro oder schlicht die GaunerZinken.
Max Hölzer -: „neue Keilschrift“ und „Eulen sterben damit die Erde nicht vereist“ [5].
Christian Saalberg -: von ihm habe ich kaum etwas gelesen, wo ich doch eigentlich lakonische Gedichte mag. Immerhin kannte ich ihn über Theo Breuer [6], den ich wiederum noch nicht kennengelernt habe, obwohl er doch im Nachbardorf (Sistig) wohnt. „Kiesel & Kastanie“ ist der Titel des zitierten Buches von Theo Breuer. In Credo heißt es: „dies zu besingen: Kastanien, Geranien, Topfpflanzen“ -: so schließt sich dann der Kreis.
Mond
wir gingen
Des
Abends
Den
Mond
Zu
BeTrachten
Da
BeTrachteten
Wir
Uns
Selbst
Und daBei
Blieb
Es nicht
Links und Anmerkungen:
[1] Beitrag in CosmoRadio zur Bundestagswahl 2021 bzw. für Ausländer in Deutschland ohne WahlRecht. Bereits abends gab es keine Information mehr dazu auf der Webseite.
[2] Das ist so lange her, daß ich keine Quelle benennen kann.
[3] Endlich konnte ich mir das von der Seele schreiben. Und ich denke natürlich wieder einmal an Kurt Schwitters: „Kritiker Tran 27“. https://lyrikwiki.de/mediawiki/index.php/Kritiker_(Schwitters)
[4] https://www.zeit.de/kultur/film/2013-09/dokumentarfilm-room-237
[5] Max Hölzer: Ode an André Breton. In: Edgar Jené, Max Hölzer (Hrsg.): Surrealistische Publikationen. Josef Haid Verlag, Klagenfurt 1950.
[6] Theo Breuer: Süchtig nach dem Saalberg-Sound. In: Kiesel & Kastanie. Von neuen Gedichten und Geschichten. Edition YE, Sistig 2008. S. 165-171.
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