Halt an wo lauffſtu hin/ der Himmel iſt in dir:
Suchſtu GOtt anders wo/ du fehlſt Jhn fuͤr und fuͤr.
Angelus Silesius
Die Chorruine St. Antonius (nicht ganz korrekt), den evangelischen Friedhof und St. Anna in Hellenthal kann man sehen, wenn man auf der EifelSpur „Auf den Spuren der Raubritter“, der EifelSchleife „Waldkapelle“ oder der EifelSchleife „Zu den Denkmälern“ nicht dran vorbeiläuft oder einfach Einkaufen geht – wie ich – und nicht einmal den Parkplatz in die richtige Richtung verläßt. Ich habe jetzt die richtige Richtung genommen. Wenn man zu Beginn des Herbstes vor der Kirche St. Anna steht, dann will man sofort ein Foto machen – das habe ich auch getan.
Hellenthal hat eine bewegte Religionsgeschichte. 1097 gründen die Benediktinerinnen aus Steinfeld eine klösterliche Niederlassung in Hellenthal [2]. Aus dem Jahr 1260 ist die Ortsangabe „by der alden Kirchen“ überliefert – mehr weiß man aber nicht von diesem Gotteshaus [3]. Anfang des 16. Jahrhunderts ließ das Kloster Steinfeld eine Kapelle wegen seiner Besitztümer in Hellenthal. erbauen, die St. Antonius [4] gewidmet war. Antonius, der Eremit, lebte von ca. 251-356 und war ein christlicher ägyptischer Mönch, Asket und Einsiedler. Wie das so ausgesehen haben mag, bringt einem Hans Conrad Zander besser nahe in seinem Buch über die Wüstenväter [5] als Wikipedia. Wem ein Drittel eines Buches zu viel ist, der kann wenigsten in „Antonius für Steuerzahler“ das entsprechende Kapitel lesen [6]. 1561 kam es zur Reformation und 1620 zur Gegenreformation. Ab 1697 gab es regelmäßige Gottesdienste in der Kapelle. 1802 wurde die Pfarre Hellenthal in die Pfarre Blumenthal umgepfarrt (französische Besatzung), aber 1834 wurde Hellenthal schließlich von der Pfarre Blumenthal abgetrennt und dabei wurden St. Anna und St. Hubertus ebenso Patrone der Kirche. 1892 wurde St. Anna an der heutigen Stelle erbaut und die alte Kapelle wurde 1904 bis auf den Chorraum abgerissen. Der Chor diente als Friedhofskapelle bis 1945, als diese im 2. Weltkrieg zerstört wurde. Diese Ruine kann man heute besichtigen. Etwa 35 m nordwestlich davon liegt der alte evangelische Friedhof, den man genauso besichtigen kann. Allerdings darf man nicht mehr als einige Grabsteine erwarten.
Die 1892 erbaute Kirche im neugotischen Stil St. Anna wurde bereits 1944 fast völlig zerstört. Aber ab 1951 wurden Teile des Chor und des Glockenturmes in einen Neubau integriert. Diese Kirche St. Anna wurde 1954 [7] geweiht. Übrigens wurde die kleine Glocke von 1728 der alten Kapelle nun Altarglocke in St. Anna. 1982 begann Egbert Verbeek [8] mit Arbeiten zur „Gestaltung und Ausmalung der Hellenthaler Kirche“ [9]. 1984 wurden Kirche und Kirchturm mit Erweiterung des Geläutes renoviert, außerdem installierte die Firma Weimbs [10] eine neue Orgel. 1997 wurden die Arbeiten abgeschlossen. Viele Einzelheiten kann man sich in [9] ansehen bzw. ein Ausdruck liegt auch in St. Anna aus. Weitere Daten führt Paul-Joachim Schmülling auf [2].
Leider konnte die Forschungsstelle Glasmalerei des 20. Jh. e.V. beim Fenster in der Taufkapelle nicht den Künstler ermitteln [11]. Es wird beschrieben mit „Rauten-Ornament mit Fisch-Symbol“. Nun, ich sehe da auch noch eine Taube, die vom Himmel herab fliegt, Wasser auf der rechten Seite und einen Berg auf der linken Seite. Insgesamt ist dieses Fenster sehr bunt gestaltet, während die anderen Fenster eher blass sind. Gegenüber ist das Bild der Namenspatronin mit Maria als Kind. Dies war die Abschlußarbeit von Egbert Verbeek. In der Taufkapelle sind noch zwei Stolpersteine angestellt, nämlich von Lina und Auguste Rothschild, die in der Kölner Straße 23 gewohnt hatten, und beide verschleppt und (in Chelmno bzw. Riga) ermordet wurden.
Zu einem Teil der Zeit des Umbau waren Lothar Tillmann Pfarrer und Elke Jodocy Gemeindereferentin, die sich beide 2009 von ihren Aufgaben aus gesundheitlichen Gründen entpflichten lassen mußten [12]. Wahrscheinlich waren die Veränderungen mit zusätzlichen Aufgaben durch die Vergrößerung der Gemeinde ausschlaggebend. 2009 wurde Pfarrer Philipp Cuck Seelsorger in der Pfarrkirche St. Anna. Die GdG Hellenthal-Schleiden umfaßt 13 Kirchen [13]. Das kann nicht von einem Pfarrer gestemmt werden, Es gibt noch einen Pfarrvikar, einen Diakon und drei Pfarrer im Ruhestand, die mitarbeiten. Eine Liste findet sich auf der letzten Seite des Pfarrbriefes (Printversion) [14].
Zwei Ansichten in der Kirche haben mir besonders gefallen. Das Kreuz über dem Altar wirkt so schwerelos und die Wölbung des Raumes dahinter verschwindet. Wenn man vor dem Altarraum steht und zurückblickt, dann kann man sich satt sehen an Orgelempore und den Bildern. Und danach könnte man darüber hinaus noch ruhig in der Kirche verweilen, oder klingt das in unserer Zeit zu abwegig? „Halt an“, wie Angelus Silesius sagt.
Links und Anmerkungen:
[1] Aus: „Cherubinischer Wandersmann“ (82. Der Himmel iſt in dir.) von Angelus Silesius / Johannes Scheffler (1624–1677). https://www.deutschestextarchiv.de/book/view/silesius_wandersmann_1675?p=38
[2] St. Anna Hellenthal / Paul-Joachim Schmülling https://gdg-hellenthal-schleiden.bistumac.de/gemeinden-einrichtungen/seelsorgebereich-hellenthal/hellenthal/wir-ueber-uns/page-00002/
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/St._Anna_(Hellenthal)
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Antonius_der_Gro%C3%9Fe
[5] Hans Conrad Zander: Als die Religion noch nicht langweilig war. Die Geschichte der Wüstenväter. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2002. ISBN 3-462-02982-7.
[6] Hans Conrad Zander: Antonius für Steuerzahler. Die 14 besten Nothelfer für die moderne Seele. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2009. ISBN 3-579-06889-X.
[7] 1954 hatte noch weitere wichtige Ereignisse zu verzeichnen.
[8] https://de.wikipedia.org/wiki/Egbert_Verbeek Egbert Verbeek wurde 1953 geboren.
[9] https://gdg-hellenthal-schleiden.bistumac.de/export/sites/region-eifel/gdg-hellenthal-schleiden/.galleries/sonstige-Downloads/Beschreibung-der-Pfarrkirche-St.-Anna.pdf
[10] Über die Firma Weimbs schrieb ich bereits im Blogpost zur Pfarrkirche St. Michael in Losheim: "Die Orgel wurde von der Hellenthaler Firma Weimbs Orgelbau im Jahr 1954 gebaut. Die Firma sieht sich in der 600 Jahre langen Tradition des Orgelbaus in der Eifel, nicht zuletzt von Balthasar König. Ich habe bereits mehrere Orgeln, auch restaurierte, dieser Firma anhören können. Die Firma ist mittlerweile international tätig, zu meiner Verwunderung auch in Japan [10a]. Die Firma Weimbs Aoyama baute die Orgel für die Kapelle der Gakuin Junior Highschool in Shibuya (Tokyo). Auf meiner ersten Japanreise 1975 wohnte ich drei Tage in Shibuya. Weimbs Orgelbau schreibt: „Die an der Westseite des Bahnhofs gelegene Kreuzung von Bahnhofsstraße und Center-gai ist eine Alle-Gehen-Kreuzung und wird zu abendlichen Spitzenzeiten pro Ampelphase von bis zu 15.000 Menschen überquert.“ [10b]
https://rheumatologe.blogspot.com/2022/07/die-pfarrkirche-st-michael-in-losheim.html
[10a] https://weimbs.de/2020/04/05/tokyo/
[10b] Von der Kirche zum Orgelbau und dann zur Straßenüberquerung – kann man sich hier ansehen: https://www.youtube.com/watch?v=Od6EeCWytZo
[11] http://www.glasmalerei-ev.net/pages/b2717/b2717.shtml
[12] https://www.ksta.de/katholische-kirche-am-ende-ihrer-kraefte-12905456
[13] https://gdg-hellenthal-schleiden.bistumac.de/index.html
[14] Und auf der ersten Seite des Pfarrbriefes für den Seelsorgebereich Hellenthal vom 24.09.22 – 06.11.22 https://gdg-hellenthal-schleiden.bistumac.de/export/sites/region-eifel/gdg-hellenthal-schleiden/.galleries/GdG-Hellenthal-Pfarrbrief-als-Download/Pfarrbr.HE-BL-HO-oI.-22-7-v.-24.09.-06.11.22.pdf
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