Monday, June 30, 2025

Sammelsurium (282) 30.06.2025

 


RückSchau
1225 [1]

Snorri Sturluson: Edda. Thomas von Aquin wurde geboren. Baubeginn des Stephansdoms in Wien (fertiggestellt ca. 225 Jahre später / Kölner Dom -: Baubeginn 1248, Fertigstellung 1880).

AugenBlick 
Es handelte sich um einen dieser AugenBlicke, in denen die Zeit geRonnen war und daraus überGangslos ein Stück BernStein entStanden war. Ich schaute in diesen BernStein, der weder Pflanzen noch Insekten enthielt, aber vielleicht einige UnEbenheiten wie Staub oder LuftBlasen. Nichts passierte in diesem AugenBlick geRonnener Zeit. Und dann spielte ein SonnenStrahl darin, warf WellenMuster an die Wand daHinter. Da beGann der Wind, den Buchen GeRaschel abZuZwingen. Und da war sie auch wieder -: die Zeit. 

Hölle & Himmel 

Dante hat alle möglichen Ideen zur Hölle entwickelt, wie die heiße Hölle und die kalte Hölle. Andere sprechen nur über die heiße Hölle. Aber wie kalt müßte dann der Himmel sein? Dantas HöllenBegriff zeigt uns extreme Bedingungen, die Leiden verStärken. Der Himmel ist anGenehm, wohl temperiert. 

Die große SchachPartie 
Jeder Spieler macht nur einen Zug und nach 30 Jahren beNennt er einen NachFolger beZiehungsWeise er hat dessen Namen bereits notariell hinterLegt. Dann macht die nächste Generation ihren Zug. Wir [Gott?] sind gespannt, ob die Menschheit nur eine Partie Schach schafft.    

Fließen 
Der elektrische Strom fließt auf KnopfDruck. Liebe braucht kein StartKnopf. Sie fließt wie eine Explosion oder gar nicht. 

Glauben 
Muß es nicht so sein, daß sich Gott dem Menschen immer wieder neu offenbart und dann auch wieder verBirgt? 

AufKleber 
Wahrscheinlich wiederHole ich mich, aber ich hasse diese AufKleber auf Wäsche, Gläsern, Tassen, Obst und Gemüse, die man abKnibbeln muß. 

Mann mit Eigenschaften 
Sollte man mich je fragen, was ich besonders gut könne, dann würde ich antworten: verTrödeln, verZetteln, verSchieben. Darin bin ich Meister, bestimmt 6. oder 7. Dan Prokrastination.  

Royal Roaches
Ihre Majestäten lauern in den Ritzen der Gesellschaft wie Kakerlaken und werden im geeigneten Moment hervorkommen. Das Volk wird ihnen zujubeln  wie MAGA Trump.  

Gier 
Wir wollen schon lange nicht mehr, daß uns der leere Becher gefüllt wird. Wir wollen unsere vollen Becher weiter füllen lassen. Aber dann fließen sie über [2].  

Das dritte Auge
Das dritte Auge öffnet sich nach innen. In einem Augenblick stürzt die ganze Welt in dich hinein. Das ist der ähnlichder Büchse der Pandora. Das aber sagte mir jemand, der meinte zu wissen, daß er dies weiß.  

EntScheidung 
Wir treffen laufend EntScheidungen. Die Amöbe aber -: eins teilt sich in zwei. Und wurde nicht mehr gesehen.  

Schönheit 

Die Schönheit der Brise liegt in der Anmut der PalmenWedel, die sie bewegt. 

Grundierung
Der Winter grundiert die Leinwand, damit der Frühling auf ihr ein frisches Bild malen kann.  

Neuer FC-Coach
„Kwasinok neuer FC-Coach“ [3]. Nun ist es heraus. Der 1. FC Köln hat einen neuen Coach. Aber der Name Kwasinok klingt für mich wie Quasi n(icht) O.K.  Mal sehen, ob das eintritt.

Der Himmel über der Eifel
Der Himmel über der Eifel ist anders als Der Himmel über Berlin [4]. Ob hier Engel schweben oder nicht. Es ist die Bläue, das Blau, die Blauheit über den gerade reifenden WeizenFeldern oder den Wiesen und Wäldern in ihren eigenen Schattierungen von Grün. Ob ein Engel unsere Freude hört, ist egal. Oder Nein -: geteilte Freude ist schließlich doppelte Freude.  

Scherben
Telefonzelle – Rückzugsort, Kontakt
Buchen – Buchforst, Buchheim, Bukowina, Buchwald
Wenn dein Weg am Wasser endet, dann mußt du über Wasser gehen. 
 
 



Links und Anmerkungen:
[1] Werner Stein: Kulturfahrplan. Die wichtigsten Daten der Kulturgeschichte. Von Anbeginn bis heute. Deutsche Buch-Gemeinschaft, Berlin und Darmstadt 1946/1957. S. 526/527.
[2] Auch wenn es in  Psalm 23,5 in der King James Version heißt: „Thou preparest a table before me in the presence of mine enemies: thou anointest my head with oil; my cup runneth over.“
[3] https://www.express.de/sport/fussball/1-fc-koeln/offiziell-lukas-kwasniok-ist-neuer-trainer-des-1-fc-koeln-1038446  
[4] Der Himmel über Berlin Film von Wim Wenders. https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Himmel_%C3%BCber_Berlin 

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Sunday, June 29, 2025

Altargesteck für den 2. Sonntag nach Trinitatis 28./29.06.2025

 


Der 2. Sonntag nach Trinitatis hat die Kernaussage: jeder ist an Gottes Tisch willkommen. Und: „Aus Fremdlingen werden Hausgenossen“. [1] Der Wochenspruch lautet: „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.“ [2] Im Evangelium geht es aktuell und „Das große Abendmahl“ [3], zu dem sich die geladenen Gäste entschuldigen lassen, dann aber „die Armen und Verkrüppelten und Blinden und Lahmen“ ins Haus geholt werden. Auch wenn die zunächst geladenen Gäste nicht gekommen sind, handelt es sich um ein Inklusivgesellschaft. In der Lesung aus dem Alten Testament geht es um die „Einladung zum Gnadenbund Gottes“ [4]. Da heißt es: „Kommt her und kauft ohne Geld und umsonst … so werdet ihr Gutes essen und euch am Köstlichen laben.“ Das klingt fast wie in der Werbung: „Geiz ist geil!“ Aber etwas anderes ist gemeint, denn es heißt später: „Siehe, du wirst Völker rufen, die du nicht kennst, und Völker, die dich nicht kennen, …“. Es geht darum, daß die Erde für alle da ist und die Erlösung allen Menschen offen steht.




1666, also nach dem 30jährigen Krieg, wütete die Pest in Holweide und da speziell in Schweinheim. Nur zwei Frauen und fünf Männer hatten die Krankheit überlebt und gelobten als Dank eine Prozession am Sonntag nach dem Fest des Propheten Elias zu halten - „Su lübden se’ us Dankbakeet / Dat öm Eliaszick / Sulang us Heimat je bestecht / En Prozession ustrick“. Und das ist durch die Jahrhunderte auch cum grano salis durchgehalten worden.  
1971 wurde die Eliasprozession in eine ökumenische Bittprozession umgewandelt. 
2025 wurde die Eliasprozession als Friedensweg gestaltet, der von der Holweide zum Mühlenbrunnen nach Dellbrück führte. Und dort verband sich die Eliasprozession mit der 176. Mahnwache für den Frieden in der Ukraine und anderswo [5]. Das Motto lautete: „Zum Frieden hat euch Gott berufen“ [6]. 

Die Trinitatisgemeinde feierte am 2. Sonntag nach Trinitatis in Heimbach und zwar mit der Gemeindeversammlung im Anschluß an den Abendmahl-Gottesdienst. Wichtige Punkte dabei waren: die allgemeine aktuelle Gemeindesituation, der Wiederaufbau nach dem Hochwasser und die  Zusammenarbeit mit der Kirchengemeinde Roggendorf [7].
 
Ein Altargesteck gab es nur in Heimbach, aber das war wieder hervorragend gestaltet, denn es paßte vorzüglich zu den Paramenten.



 

Friday, June 27, 2025

FreitagsGedichte / #KurzLyrik 27.06.2025


小雨
埃っぽい道
夏の香り
Leichter Regen
Auf einer staubigen Straße
SommerDuft 

足跡は
洗い流されて
一歩一歩
FußAbdrücke
FortGespült
Schritt für Schritt



NachtHimmel 
    der Himmel 
Ist 
In 
Seiner 
Schwärze
In    die        Ferne 
GeRückt 
Und 
Bietet 
Wei======te
Während 
Wir uns 
    Ins 
Bett kuscheln 

Tot 
    die Tage 
Sind 
Kälter 
GeWorden 
Und 
Schweigsamer
Die 
Nacht 
Gleitet 
In 
Ihrer 
Eigenen 
Dunkelheit 
Und du 
    Flüsterst 
In mein Ohr

HandLesen 
    aus der 
Hand 
Des 
Toten 
Las 
Die 
Alte 
WahrSagerin
In 
Der 
LebensLinie 
Über 
Sein Schicksal 
    Im 
Reich des Todes 

Descartes 2.0 
Vielleicht denke ich
Vielleicht bin ich 
Vielleicht auch nicht 
Ich weiß nicht 
Ich weiß nichts 
Aber das weiß ich sicher 
(Irgendwer anders 2.0 mischt sich ein) 
Vielleicht denke ich zu viel 
Vielleicht zu wenig
Immerhin denke ich 
Denke ich 

ApfelBäume 
    Kern um 
Kern 
VerSenke 
Ich 
Im 
Boden
Pflanze 
ApfelBäumchen
Um 
ApfelBäumchen 
Und 
ManchMal 
Denke ich 
    An 
Martin Luther [1]

Spiel 
    von der 
Loggia 
Schaut 
Er 
Den 
BocciaSpielern 
Zu 
Und dem 
    Spiel 
Des Lebens
  
Streit 
    die Elstern 
Und 
Krähen 
Sind 
In 
Die 
Birken 
GeFlogen
Um 
Sich 
Zu 
Streiten 
Denn 
Dort 
Können 
Sie sich  
    Am 
Besten streiten 

Kälte 
    der kühle 
Schatten 
Unter 
Dem 
WalNußBaum 
Im Sommer 
Im Winter 
Steht 
Er 
Kahl 
Oder 
Uns ist 
    Kalt 
Unter ihm

Gräber
    wehte über 
Die 
Gräber 
Am 
Rande 
Der 
Wüste 
Über 
Das 
Grab 
Des Poeten 
Des Heiligen 
Des Kaufmanns 
Aber
Der
Staub 
Ist gleich 
    Über 
Allen Gräbern

Zeit
    im Takt 
Der 
Momente 
Gönnt 
Sich 
Die Zeit 
    Momente 
Der ZeitLosigkeit 

Sand  
    den Sand 
In 
Den 
Schuhen 
Vom 
Letzten 
Urlaub  
VerStreue ich 
    Nun 
Im Garten

Im Himmel 
    im Himmel 
Sind 
Noch 
Telex 
Und 
Fax 
Üblich
Mehr 
Braucht 
Man 
Nicht 
Bei so 
    Wenig 
Betrieb 

Wände 
    die Wände 
Der 
Gefängnisse 
Sind 
ZerKratzt
Aber 
Wo 
Kratzt 
Man 
An der 
    Wand 
Des LebensLaufs? 

Laut & leise 
    die leisen 
Schritte 
Des 
Alternden 
Katers 
Auf 
Der 
Terrasse
Das 
Laute 
Bellen 
Des 
Alternden 
Rüden 
Von 
GegenÜber 
Zwischen 
Laut 
Und leise 
    Das 
Eigene Leben

Romeo und Julia 2.0 
Ich kannt' einen Knaben,
Einen Knaben so schön,
Den schickt' ich ins Feld; 
Der Feind schoss ihn tot. 
Ich kannt' ein Mädchen, 
Ein Mädchen so schön, 
Das grämte sich sehr, 
Denn ihr Liebster war tot.
Ich hatt' eine Zukunft, 
So schön war sie;
Zu schön war sie mir, 
Ich konnt' sie nicht halten. 




Links und Anmerkungen:
[1] Gedanken zum heutigen Weltuntergang 
https://rheumatologe.blogspot.com/2012/12/gedanken-zum-heutigen-weltuntergang.html 
[2] This footnote is intentionally left blank. https://www.youtube.com/watch?v=sGb4lAiVxRk 

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Sunday, June 22, 2025

Altargesteck für den 1. Sonntag nach Trinitatis 15.06.2025


Der 1. Sonntag nach Trinitatis ist dem Nächsten gewidmet: „Dies Gebot haben wir von ihm, dass, wer Gott liebt, dass der auch seinen Bruder [und seine Schwester] liebe“. [1] Im ersten Brief des Johannes ist „Die Liebe Gottes und die Liebe untereinander“ eines der Kernthemen [2]. 

Der Wochenspruch lautet: „Wer euch hört, der hört mich; und wer euch verachtet, der verachtet mich.“ [3] Es hat etwas alttestamentarisch Hartes, Trennendes, aber so stellt es das Augsburger Bekenntnis dar [4]. Im Artikel 17 heißt es: „Deshalb werden die verworfen, die lehren, daß die Teufel und die verdammten Menschen nicht ewige Pein und Qual haben werden.“ Vielleicht müssen wir das erst einmal mit der Liebe verbinden; das heißt aber nicht, das Wort selbst aufzuweichen.

In der Lesung aus dem Evangelium war die Parabel „Vom reichen Mann und armen Lazarus“ an der Reihe [5]. Im 23. Vers wird über den Reichen gesagt: „Als er nun in der Hölle war ...“. Im Christentum gibt es sehr verschiedene Ansichten zur Hölle, so daß die Originalübertragung Luthers von „descendit ad inferos“ im Glaubensbekenntnis, nämlich „niedergefahren zur Hölle“ [6] in den 1970iger Jahren durch „hinabgestiegen in das Reich des Todes“ ersetzt wurde, wie es im Evangelischen Gesangbuch steht. Die Hölle kommt im Alten Testament nur einmal im Buch Hiob vor. Je einmal wird die Hölle im 1. Korintherbrief, im Brief des Jakobus und in der Offenbarung erwähnt. Und dann müssen wir einmal über das Matthäusevangelium sprechen, denn den Evangelisten scheint das Thema fasziniert zu haben, immerhin lassen sich fünf Stellen nachweisen.

Beschäftigen wir uns einmal mit der liturgischen Farbe. Wir betreten die grüne Zone, denn nun beginnt die lange Phase mit Grün. In Kall hätten wir kein Gesteck benötigt, denn es wurde eine Andacht mit dem kleinen Altartisch, der besser zur liturgischen Eröffnung nach der Iona Kummunität [7] paßt, gefeiert. Da paßt kein Altargesteck hin; was aber die Küsterin nicht abgehalten hat, eines auf den Altar zu stellen. Da ist viel Grün mit drei Aufhellungen in Gelb (der Trinität also). Das Gesteck in der Versöhnungskirche ist angenehm gestaltet, aber bringt die liturgische Farbe nicht hervor. Trotzdem soll hier ein Lob ausgesprochen werden, in der Hoffnung, daß die Gestaltung in Köln nicht nur bisweilen wenigstens dem Auge angenehm ist.
 


Inspiriert vom täglichen Blumenstrauß
auf einem Fahrrad von Ai Weiwei (艾未未).

Links und Anmerkungen:
[1] https://kirchenjahr-evangelisch.de/1-sonntag-nach-trinitatis/  
[2] https://www.die-bibel.de/bibel/LU17/1JN.4 1. Joh 4,(13–16a)16b–21
[3] Lk 10,16a
[4] In: Evangelisches Gesangbuch, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 1996. ISBN: 3-679-00011-X. S. 1371.
[5] https://www.die-bibel.de/bibel/LU17/LUK.16 Lk 16,19–31
[6] So noch gelernt im Katechumenen-/Konfirmanden-Unterricht in den 1960iger Jahren nach: Der kleine Katechismus Doktor Martin Luthers. Schriftenmissions-Verlag Gladbeck 1959. S. 6. 
[7] „Die Iona Community (auch Gemeinschaft von Iona oder Iona-Kommunität genannt) ist eine auf der schottischen Insel Iona lebende ökumenische Gemeinschaft (Kommunität), die 1938 von George MacLeod gegründet wurde.“ https://de.wikipedia.org/wiki/Iona_Community  Eigentlich hätte ich hier weiter zitieren sollen, aber dann wäre das Zitat zu lang geworden, bitte selbst nachschauen, es lohnt sich.

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Saturday, June 21, 2025

LYRIK-Taschenkalender 2014 29./31. KW 21.06.2025

 


Michael Braun hat den LYRIK-Taschenkalender 2014 herausgegeben. 17 Dichterinnen und Dichter stellten jeweils zwei Lieblingsgedichte mit Kommentar vor. Von diesen wählte der Herausgeber je ein exemplarisches Gedicht aus und kommentierte es. In diesen Taschenkalender habe ich nun wieder Annotierungen und Assoziationen geschrieben. Vielleicht so ein wenig wie Daniel Spoerris: An Anecdoted Topography of Chance (1966 Something Else Press, New York / Cologne). Diese Annotationen stammen aus den Jahren 2023-2025.


29. KW
Gerhard Falkner: Artemis


Antike und Moderne -: Kill Bill und Kill Billy treffen sich hier [1]. 

Kill Bill und „kein Blutvergießen“ muß man erst einmal in ein Gedicht bekommen.     


29. KW
Kommentar: Michael Braun 

Götterkino -; Was sollte Kill Bill schon anderes sein als die FortSetzung der antiken Tragödie. Ein Lied, das Homer gesungen haben könnte.   


30. KW
Henning Ziebritzki: Altrosa


„[…] als die Zimmerleute / […] uns früh weckten“ -: ein Buch von Fred Vargas  [2]. 

Altrosa – Albatros – Araber (Schimmel) [3]

BromBeeren -:gerade noch redete ich davon, die BrombeerRanken vor dem Haus zu beschneiden [4]. 

AltRosa, AltSchwarz. Zur Farbe des Alters. Im Grünen das AbBlättern. Im Alter das Gold des JubiläumKranzes.    


30. KW
Kommentar: Michael Braun   

„Sinn und Leere“ -: die Leere bleibt trotz aller Fülle.  

31. KW
Brigitte Oleschinski: Geisterströmung (Auszug)


StrömungsUmkehr (Exposé) 
außer Atem, vor der 

Wand, SchlingPflanzen umGürten uns
verStecken uns vor der Dämmerung – der Wächter
krebsartig mit den Scheren klappert 

von einem Schatten geTroffen, blut-
triefend, Goodbye 
                        staying alive 

„in dessen Neonbauch“ -: „mit der Rede grünäugiger Hähne“ [5]

Eating your life Genug zu tun mit Steaking Alive     


30. KW
Kommentar: Michael Braun   


Der Kolibri steht in der Luft und die Bewegung seiner Flügel sieht man nicht. Ich habe aber mittlerweile Fotos gesehen, direkt als sie gemacht wurden, auf denen man den FlügelSchlag des Kolibris sieht. Allerdings schaffen die VerschlußZeit von 1/87.000 Sek. nur wenige Kameras. 

„[…] Ich und Du, die auch eine mystische Erfahrung […]“ -: also nicht Müllers Kuh oder Müllers Q, also die Frage (Query) nach dem Sinn mystischer Spielereien.


  


Links und Anmerkungen:
[1] Kill Bill hat zwei Teile –: Volume 1 [1a] und Volume 2 [1b]. Bei beiden Filmen spielt Uma Thurman die Hauptrolle und Quentin Tarantino führte Regie. Und ich habe einen der Filme in Shiraz (Iran) gesehen. Kill Billy hieß im Original Her er Harold [1c] und ist ein norwegisch-schwedisches Filmdrama. Der deutsche Titel spielt auf das Regal Billy an, das ich für meine Bücher benutze. Ich gebe zu, daß der Film nicht jedermanns Sache ist.
[1a] https://de.wikipedia.org/wiki/Kill_Bill_%E2%80%93_Volume_1  
[1b] https://de.wikipedia.org/wiki/Kill_Bill_%E2%80%93_Volume_2  
[1c] https://de.wikipedia.org/wiki/Kill_Billy  
[2] Fred Vargas: Die schöne Diva von Saint-Jacques. Aufbau-Verlag, Berlin 2000. ISBN: 3-7466-1519-4.
[3] In memoriam Annemarie Schimmel (1922-2003); sie war eine deutsche Islamwissenschaftlerin. https://de.wikipedia.org/wiki/Annemarie_Schimmel 
[4] Das geht auf den 24.11.2024 zurück.
[5] Ich hatte bereits vor einem Jahr auf dieses Gedicht hingewiesen. „Salz der Stille. // Aus der Tiefe der Schatten / der Blinde es trinkt. // Durch das / die Sandspur des Mondes / silberne Spiegel trägt/ und das Schweigen, / von metallnen Mönchen / geknüpft, / mit der Rede / grünäugiger Hähne / zerbricht.“ Bambi von Bebenburg. Sie war ein Model und süchtig. Ich habe keine Spur im Internet entdeckt. Es gab einmal einen Artikel im STERN (1970iger Jahre etwa) und ich habe auch vor 25 Jahren das STERN-Archiv angeschrieben; das übrigens geantwortet hatte, aber ich weiß nicht mehr, in welcher Kiste sich diese Antwort befindet; ich habe sie auch nicht im letzten Jahr gefunden.
[6] Das Kino heißt Palästina, tja. 

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Friday, June 20, 2025

FreitagsGedichte / #KurzLyrik 20.06.2025

 



山光忽西落, 
池月漸東上。
夏日南亭懷辛大

孟浩然

Plötzlich versinkt die Sonne hinter den Bergen im Westen.
Über dem Teich geht im Osten langsam der Mond auf.
Gedanken an Xin Da im SüdPavillon an einem SommerTag.
Meng Hao Ran


Am Weiher 
Grau legte sich der Abend auf den Weiher 
Die Fischlein schwammen 
Die Libellen flogen noch 
Ich aber schaute auf 
Die Schatten der Weiden 

GedichtHauerei  
    wie viele
Wörter 
Oder 
Silben 
Muss 
Ich 
Noch 
WegWerfen 
AusRadieren
Damit 
Sich 
Eine 
Venus 
Oder wenigstens 
    Etwas 
Abstraktes zeigt? 

Mohn 
    es ist
Mohn 
GeWachsen 
Über 
Dem 
SchlachtFeld
Über 
Den 
DahinGeschlachteten 
SchlafMohn
Doch 
Die 
Toten 
Schlafen nicht
    Sie 
Klagen an 

GeRäusche 
    der Wind 
Rauscht 
Der 
Regen
Trommelt 
Der 
Nebel 
Naja
Der 
Wabert 
Und das 
    Lyrische 
Ich labert 

Absolute Stille 
    keine Glok-
Ken 
Kein 
Muhen 
Keine 
Sirenen
Kein 
Lärm
Kein 
Streit
Kein 
MegaPhon
Nur 
Ruhe 
Wollen 
Wir 
Aber 
Absolute Stille 
    ErTragen 
Wir nicht

SandSturm 
Die Zeit hat die Last
Die in Schrift vom Tod 
Und den Namen 
Dem SandStein abGenommen
Und nun wird man 
Eine neue Last 
Einen neuen Namen 
Und die NachRicht vom Tod 
Dem SandStein aufBürden 

Sardinen 
    stelle die
SardinenDose 
AufRecht
Und 
Schaue 
Genau
Da 
Stehen 
Sie 
Alle 
In 
Einer Reihe 
    Und 
Keine fällt um 

GeSänge
    wir preisen 
Die 
GeSänge 
Der 
Vögel
Und 
VerGessen 
Völlig 
Das stupide 
    Gurren 
Der Tauben 




Träume 
    wenn wir 
Die 
Träume 
Aus 
Dem 
Netz 
Nehmen 
Und 
An 
Bord 
Hieven
Sterben 
Sie
Öffnen wir 
    Das Netz 
EntFliehen sie 

Herzen 
Vielleicht haben wir steinerne Herzen
Weil das aus Fleisch zu schnell verNarbt
Vielleicht aber sollten wir verSuchen 
Unseren Herzen keine Wunden beizuFügen 

Im Haus 
Erst lasse ich die Rollos runter
Dann lösche ich die Lichter 
Dann setze ich die SonnenBrille auf 
Und dann 
Erst dann 
Gehe ich durchs Haus 
Stoße an 
Und verFluche die Dunkelheit

AbSchied
    obwohl du 
Im 
Sommer 
Starbst
Stieg 
EisesKälte 
Aus 
Dem 
Grab
Trotz aller 
    Herzens- 
Warmer Wünsche

AufLeben 
    laß deinen 
Geist 
Noch 
EinMal 
AufLeben 
Und 
Mit 
Den 
GlühWürmchen in 
    Die 
Nacht fliegen 

Im Spiegel
    im Spiegel 
Siehst 
Du 
All 
Die 
Falten 
Im 
GeSicht
Die 
Du 
Sonst 
Nicht 
Siehst 
Aber 
Sie 
GeHören 
Ja 
Zu dem 
    Gesicht
Im Spiegel 

Glück 
    ob das 
Glück 
Wie 
Ein 
Bächlein 
Springt
Oder 
Wie 
Ein 
Strom 
Sich 
AusBreitet 
Und 
DahinGleitet
HauptSache 
Das Glück 
    BeWegt 
Dich noch 





Meng Hao Ran (孟浩然) lebte um 689/691 bis 740. Sein Hauptthema in Poesie und Malerei war die Natur. Dadurch beeinflusste er spätere Dichter und Maler. Er war ein enger Freund von Wang Wei (王維). Die Anthologie Dreihundert Tang-Gedichte (唐詩三百首) enthält 15 seiner Gedichte. In der Sammlung Komplette Gedichte der Tang-Dynastie (全唐詩) aus dem Jahr 1705 finden sich zwei Bände seiner Gedichte.

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K. und der Bahnhof

K. wachte in einem altmodischen Bahnschalter auf. Er war irgendwie benommen, aber er blickte sich vorsichtig um und sah vor sich ein Blatt mit einer Liste von Anweisungen. K. sollte sich mit der Umgebung vertraut machen; es kämen zwei Züge am Tag, die er abfertigen müßte. Außerdem wäre der Bahnhof zu säubern, der Schalter eine Stunde vor der Ankunft des Zuges zu öffnen, damit Auskünfte zum Fahrplan erteilt und Fahrkarten verkauft werden könnten. Dann müßte er die Schranken schließen und am Zug stehen, wofür es Markierungen gäbe. Morgens müßte er am Ostende des Bahnsteigs stehen und abends am Westende und jeweils in die Fahrtrichtung schauen. Soweit lauteten seine Anweisungen.
    Er blickte sich um. Es handelte sich um einen altmodischen Schalter mit Gitterstäben, die nach unten und oben kunstvoll gebogen waren. Es gab keine Glasscheibe, aber unten war eine enge Öffnung, durch die Geld und Fahrkarten gereicht werden konnten. Er schaute sich nach hinten um und sah den Eingang zu einem Raum hinter dem Schalter. Dort war auch eine Toilette. Dies war der Raum, in dem er sich nach Erledigung seiner Pflichten aufhalten sollte. Neben der Schalteröffnung gab es eine weitere Tür, die in den Warteraum führte. Im Warteraum sah K. eine große, altmodische Uhr. Außerdem waren dort zwei Holzbänke, die Rücken an Rücken standen mitten im Raum. Es gab zwei Schwingtüren, wie man sie in einem Saloon im Wilden Westen erwartet hätte. An eine Korkwand war ein alter Fahrplan geheftet. Er vergilbt, verschlissen, an den Rändern bereits eingerissen. Darüber war schräg ein Zettel mit der Aufschrift „ungültig“ geklebt. Dieser Zettel wirkte fast noch älter, brüchiger, vergilbter, zerfallener als der Plan selbst. Aber K. konnte dem Plan entnehmen, daß früher hier viel mehr Züge gefahren waren und auch Station gemacht hatten. Der ging hinaus vor den Bahnhof. Dort war einer Steppe, eine Wüste, eine Wüstenei, eine Ödnis zu sehen. Kein Baum oder Strauch, soweit das Auge reicht, keiner Erhebung, alles flach. Weder Straße noch Wege und keinen Hinweis auf eine Ortschaft konnte K. entdecken. Vor der vor dem Bahnhof war ein leerer Parkplatz; fast hätte er dort eine Pferdestange erwartet. Aber nein, da war nur ein Parkplatz, den teilweise mit Staub und Sand überweht hatten; man konnte gerade noch die Markierungen für die einzelnen Plätze erkennen. Er ging wieder zurück durch die Schwingtür, die knarrte, da deren Angeln verrostet und nicht geölt waren, durch den Warteraum auf den Bahnsteig. Es gab nur einen Bahnsteig, der wie die Gleise in ostwestlicher Richtung verlief. Der Bahnsteig war ganz wie der Bahnhof selber aus Beton und Stein, also kein zerfallener Bahnhof aus Holz, wie man ihn im Wilden Westen erwartet hätte. Der Bahnsteig war überdacht. Es gab nur einen einzelnen Schienenstrang. An einem Ende waren zwei Schranken, die man mit Kurbeln betätigen mußte. Eine Straße aber war nicht mehr erkennbar. K. machte sich nun daran, den Bahnhof und den Bahnsteig zu kehren, die Toilette im Wartebereich zu säubern. Dann war es auch nahezu so weit, daß der erste Zug, nämlich der Abendzug kommen sollte. K. hoffte alles richtig gemacht zu haben.
    Er öffnete nun den Schalter und wartete. Hatte er wirklich einen Fahrgast erwartet? Es kam niemand. Schließlich rückte der Zeitpunkt der Ankunft des Zug näher. K schloß den Schalter, ging hinaus und kurbelte die Schranken herunter. Dann stellte er sich in die kreisförmige Markierung, so wie es die Anweisung vorsah. Der Zug kam und hielt an. Der Zug wurde von einer Dampf-Lokomotive gezogen und die Bremsen quietschten erbärmlich. Niemand stieg aus. Niemand gab ihm ein Zeichen. Nichts passierte. Nach etwa ein bis zwei Minuten gab es einen Pfiff der Lokomotive und mit einem Fauchen und schwarzem Rauch fuhr der Zug an und entfernte sich. K. blickte dem Zug hinterher, bis er in der Weite der geraden Strecke nicht mehr erkennbar war. K. ging dann zu den Schranken und kurbelte sie beide hoch. Nun war nichts weiter zu tun. Die Nacht war schon hereingebrochen und er ging in das Hinterzimmer, wo sein Nachtmahl auf ihn wartete. Er aß, benutzte die Toilette, legte sich auf das Bett und schlief ein. Am nächsten Morgen wachte er auf und fand sein Frühstück, das er auch sogleich einnahm.
    So ging es dann eine Weile. Morgens kam ein Zug und abends kam ein Zug. Und K. machte alles so, wie es vorgeschrieben war. Es stellte sich eine gewisse Routine ein. In dieses Routine fand K. immer mehr heraus. Morgens fuhr der Zug nach Westen und abends nach Osten. Niemand besuchte je den Bahnhof oder den Parkplatz. Es fand keine Kommunikation statt. Es gab ein Telefon im Schalterraum, aber die Leitung war tot. Er konnte nicht anrufen und er wurde auch nicht angerufen. Vom Zug erfuhr er ebenfalls nichts. Niemand vom Personal stieg aus, um ihm etwas mitzuteilen. Er sah überhaupt kein Personal. K. konnte auch nicht fort von dem Bahnhof. Einmal ging er nach Norden und es dauerte nicht lange, da kam er vom Süden zurück zum Bahnhof, ohne die Gleise je überquert zu haben. Der Zug hält regelmäßig, tutet und fährt ab. Niemand steigt je aus, niemand steigt je ein. K. hat nie eine Person im Zug erkennen können. K. wartete Zug um Zug ab. Er stand immer wieder in der Hitze morgens und abends, schaute dem Zug nach, wischte sich den Schweiß von der Stirn und setzte die Schirmmütze wieder auf.

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Tuesday, June 17, 2025

Haiku for National Haiku Writing Month – June 2025 First Half

 


National Haiku Writing Month has been founded by the well known haiku poet Michael Dylan Welch. The goal is to write at least one haiku a day. National Haiku Writing Month is in its 14th year. [1] I enjoy writing to the prompts on Facebook. Here are some interesting links: [2]. Our daily writing prompter for June 2025 is Judith Gorgone, who already had been providing prompts for March 2012, October 2016, and October 2022 [3]. Thank you very much, Judith! 

終南陰嶺秀,積雪浮雲端:
林表明霽色,城中增暮寒。
終南望餘雪

祖詠

Before us rises the gloomy silhouette of the Zhongnan Mountains,
With its snow-capped peaks rising into the floating clouds.
The forests glitter brightly in the last rays of sunlight,
While the city in the valley is already getting colder.
Snow on the Zhongnan Mountains
Zu Yong [4]


no northern lights 
but light, light, light 
northern summer 
~ Northern Lights

all this 
turmoil of the cumuli 
just for a rainbow 
~ Rainbow

quick steps 
after the eruption 
etna tourism 
~ Eruption 

the mountain range 
reflected in the clear lake 
crystals both 
~ Crystals 

in the arctic 
watching polar lights 
solar flares 
~ Solar Flare 

looking 
into your pale face 
eclipse of love 
~ Eclipse

after 
the landslide victory 
nothing to govern 
~ Landslide

grab a book 
from the public bookcase 
an avalanche of books 
~ Avalanche

falling 
the train of the wedding dress 
and avalanche roses 
~ Avalanche

rumbling & tumbling 
the dust devil is busy 
still rehearsing 
~ Dust Devil

i'm a cyclone 
in the making 
brags the dust devil 
~ Dust Devil

spring breeze 
and the ashen light of the moon 
the colors are in the kiss 
~ Earthshine 

cyclone 
the spin doctors call it 
more a dust devil 
~ Cyclone

the cyclone sweeps 
the garbage dump and shares 
with generosity 
~ Cyclone

after the drought 
nature wakes up 
the rainmaker sleeps again 
~ Drought

fog wafting 
across the graveyard 
can't hide silent tears 
~ Fog

fishmarket 
the dead fish still swim 
after the tsunami 
~ Tsunami

Georges Danton 
beheaded by the guillotine 
during germinal 
~ Germination





Links and Annotations:
[1] National Haiku Writing Month https://www.facebook.com/NaHaiWriMo  
[2] „To help with haiku fundamentals, please have a look at "Becoming a Haiku Poet" at https://www.graceguts.com/essays/becoming-a-haiku-poet. Please review the "Haiku Checklist" at https://www.graceguts.com/essays/haiku-checklist. I also recommend to read: https://www.nahaiwrimo.com/why-no-5-7-5 
[3] https://www.nahaiwrimo.com/meet-the-prompters/judith-gorgone 
[4] Zu Yong (祖詠) was a poet of the middle Tang period. He lived from 699 until 746. He obtained the title of Jinshi (進士) in the imperial examination in 724, but then preferred a simple life as a fisherman and lumberjack. He was a very close friend of Wang Wei (王維). Two of his poems were included in the anthology 300 Poems of the Tang Dynasty (唐詩三百首). Thirty-six of his poems are preserved in the 1705 collection Complete Poems of the Tang Dynasty (全唐詩), volume 131.
The Zhongnan Mountains (终南山) are located near Xi'an (西安), which had been the capital of the Tang Dynasty, and later had been renamed Chang'an (長安) and retained this name until the end of the Ming Dynasty. The Zhongnan Mountains were the religious center of Daoism.

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Monday, June 16, 2025

Eröffnungskonzert „Spannungen“ im Kraftwerk Heimbach (Eifel)


Ich hab zwar koa Ahnung, was Musik ist,
denn ich bin beruflich Pharmazeut –
aber ich weiß sehr gut, was Kritik ist:
Je schlechter, desto mehr freun sich die Leut‘!
Georg Kreisler [1]


Gestern ( 15.06.2025) war es soweit, das Eröffnungskonzert von „Spannungen“ fand im Urftkraftwerk Heimbach (Eifel) statt. Mehr zufällig war ich anwesend. Ich fand heraus, daß man über den Großen Kermeter (sehr schöne Waldstrecke) aus Richtung Gemünd nach Heimbach fahren konnte, da die Strecke über Mariawald gesperrt war. Auf den Parkplatz wurde man wie auf einer Fähre eingewiesen; herzlichen Dank an dieser Stelle den Organisatoren, denn wer je das Parkhaus der Kölner Philharmonie benutzen mußte, weiß solch eine professionelle Einweisung zu schätzen, insbesondere bei der Abfahrt. Der Großteil der Autos hat Kennzeichen mit AC, DN und BM.


Das Kraftwerk ist bereits sehenswert, da es sich um ein gut erhaltenes Jugendstil-Gebäude handelt [2]. Man kann die alten Steuerungs-Paneele noch bewundern. Das Kammermusik-Festival „Spannungen“ wurde 1998 von Lars Vogt [3] gegründet. Er leitete das Festival bis 2022 [4]. Die Atmosphäre Kraftwerk erinnerte mich an die Brücke auf einem Schiff. Und sofort war ich auf der Titanic - im letzten Konzert wohlgemerkt. Das diesjährige Motto lautet: Das Echo der Zeit.

Wahrscheinlich war ich der einzige, der sich nicht auf das Konzert vorbereitet hatte. Die Musiker, die Moderatorin (Maja Ellmenreich), das Organisationsteam, der Ton und insbesondere das Publikum -: alle hatten sich vorbereitet, nur ich nicht. Wahrscheinlich eigne ich mich deshalb am besten über dieses Konzert zu schreiben. Ich meine, ich komme dem Kritikerideal von Georg Kreisler als Arzt doch sehr nah heran. Es gibt einen humoristischen Text zu Kritikern von Kurt Schwitters, der mich einmal im Lesesaal der Kölner Universitätsbibliothek (UB) fast um den Verstand gebracht hattee, denn ich wollte nicht laut loslachen, hielt die Luft an und prustete dann los [5].

Ich kam nicht umhin, die Zuschauer genauer zu betrachten -: man trifft sich, ist jovial, viel welkes Fleisch, Kurkonzert, Zombies, DAS Event, Rentner-Dasein, „ich bin Künstler:in“ oder war es „ich bin Medienschaffende:r?  Verzogene oder gebeugte Gestalten, Osteoporose, Gibbus, steifer Gang („Wir sind die Roboter“), ein Hörgerät piepst, fragile alte Damen, schweres Parfüm, bei dem die Obernote fehlt. Genug der bösen Worte! Das ist der äußere Eindruck. Das Innere ist ganz anders, denn es schön und unterstützenswert, wenn sich ältere Menschen zu kulturellen Veranstaltungen begeben.

Und dann wurde musiziert. Es war schön. Kommen doch auch Sie im nächsten Jahr, denn aktuell wird es kaum noch Karten geben, aber geben Sie den Versuch nicht vorschnell auf. Apropos vorschnell -: hier fehlt doch was! Ich komm' noch drauf.

Trio für Violine, Viola und Violoncello von Gideon Klein [6]

Es spielten Christian Tetzlaff (Violine), Jan Larsen (Viola) und Krzysztof Michalski (Violoncello). Jan Larsen fuhr sich zwischen den Sätzen durch das schüttere Haar und die Stirn, um den Schweiß fortzuwischen, aber so heiß war es eigentlich nicht. Dafür fuhr sich der Krzysztof Michalski während des Spiels über die Nase. Ja, ich bemerke jede am Thema vorbei gehende Einzelheit. Und niemand hatte mich gewarnt, daß man beim Zuschauen der Kopfbewegungen der Musiker seekrank werden kann. Der frenetische Beifall war gerechtfertigt, wenn ich auch fast ein Knalltrauma erlitten habe. Ich empfand eine Zerrissenheit, medizinisch ausgedrückt ein Wechsel zwischen Manie und Depression oder „himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt“, aber das wäre ja Goethe. Erst hinterher beschrieb Christian Tetzlaff das Stück ganz anders. Die wichtige Information, daß Gideon Klein [7] das Stück 1944 im Ghetto Theresienstadt geschrieben hat, kam für mich erst nach der Aufführung, so daß ich nicht weiß, ob sein Tod im KZ Fürstengrube (was für ein Name!) mich zu einer anderen Rezeption geführt hätte. Aber das Stück paßte als Echo der Zeit hervorragend ins das Konzept.

24 Préludes op. 28 von Frédéric Chopin
Das Konzert des Pianisten Leif Ove Andsnes war ausgesprochen gut. Bei der Prélude Nr. 4 erinnerte ich mich an den Film „Ein Mann und eine Frau“ (Un homme et une femme) von Claude Lelouch [8], den ich in den 1970iger Jahren gesehen hatte, und jetzt auch noch Truffaut zugeordnet hatte. Allerdings erinnerte ich mich ziemlich gut an Anouk Aimée. Andererseits kam die Musik von Chopin überhaupt nicht darin vor! Wer das Stück nicht kennt, kann es sich hier [9] anhören, leider nicht von Leif Ove Andsnes, denn die Konzertaufzeichnung sendet der Deutschlandfunk erst am 13.07.2025 [10]. Die Musik Chopins spielt im Film „Der Pianist“ von Roman Polański [11] eine Rolle. Der Film entstand nach der Autobiografie „Der Pianist – mein wunderbares Überleben“ (Originaltitel: Śmierć miasta) des polnischen Pianisten und Komponisten Władysław Szpilman. Aber ich habe diesen Film nicht gesehen.
Chopin hatte Teile der Préludes auf Mallorca (Valldemossa) geschrieben, wo er den Winter 1838/39 zusammen mit Geoge Sand und ihren Kindern verbracht hatte [12]. Und mir ging durch den Kopf ein Wintersturm, der über die Insel braust, dunkel und kalt. Dann sah ich die Mandelblüte im Frühling, schließlich ein Paar am Strand, sie in Weiß und er in Schwarz, Frack. Sie trug einen weißen, langen Schale aus einem weichen Stoff, in dem sich der Wind fing und ihn wie eine Fahne von ihr wegtrieb. Der Mann hingegen nahm ihre Hand und küßte sie – wie romantisch! Regenwolken, die an der Insel vorbeizogen und die Fischer, die zurück in den Hafen kamen. Wunderschön, wie die Interpretation gehobener Musik Phantasiegebilde evozieren kann.

Pause
Viele (die meisten) Zuschauer gingen hinaus zum Merchandising. Pausengespräch -: „Wie alt ist die Anita jetzt?“ „41.“ Pausenrückkehrer -: kein Parfüm, es riecht nach Ouzo.

Quintett für zwei Violinen, zwei Violen und Violoncello g-Moll, KV 516, von Wolfram Antonius Mozart [13]
Die Moderatorin las als Einführung einen Brief von Wolfgang Amadeus Mozart an seinen Vater Leopold Mozart vor. Während des Konzerts selbst dachte ich an Hana Chang, deren Name für mich japanische und chinesische Elemente hat, aber es spielte doch die Koreanerin Hyeyoon Park. Außerdem ist Hana Chang Amerikanerin; Hana
und Chang . Es war ein außerordentlich ordentlich gespieltes Konzert. Für Einzelheiten zum Stück selbst schauen Sie einmal in Ihren Konzertführer oder hier [14]. Standing ovations! Ich war zu begeistert, um weitere Notizen zu machen.


Zugabe
Ja, die gab es auch. Man zeigte auf der Leinwand bzw. Bildschirmen den letzten Soloauftritt von Lars Vogt vor drei Jahren (Brahms). Die allgemeinde Rührung war groß und gar nicht unerträglich. Hach!

Ich gebe gerne Geheimtipps für die Eifel. Die Veranstaltung ist kein Geheimtipp, denn sie ist sehr bekannt. Aber mein Tipp: buchen Sie im nächsten Jahr rechtzeitig!





Links und Anmerkungen:
[1] Aus: Der Musikkritiker / Text/Musik: Georg Kreisler (1959)
https://www.georgkreisler.info/song/der-musikkritiker.html 
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Kraftwerk_Heimbach 
[3] Lars Vogt (1970-2022) war ein deutscher Pianist, Dirigent und Musikprofessor. https://de.wikipedia.org/wiki/Lars_Vogt 
[4] Diese Jahreszahl ist in [2] mit 2002 angegeben, also fehlerhaft!
[5] („Der Künstler schafft, während der Kritiker schaaft.“) In: Kritiker Tran 27  https://lyrikwiki.de/mediawiki/index.php/Kritiker_(Schwitters) 
[6] Sämtliche Angaben nach: https://www.spannungen.de/konzerteinfuehrung-sonntag-eroeffnungskonzert-pedro-obiera/   
[7] Gideon Klein (1919-1945) war ein tschechisch-jüdischer Komponist und Pianist. https://de.wikipedia.org/wiki/Gideon_Klein 
[8] „Ein Mann und eine Frau (Originaltitel: Un homme et une femme) ist ein Film von Claude Lelouch aus dem Jahr 1966. Der Film gilt als Klassiker des französischen Kinos und wurde in den Kategorien Bester fremdsprachiger Film und Bestes Originaldrehbuch mit einem Oscar prämiert.“ Mit Anouk Aimée als Anne Gauthier und Jean-Louis Trintignant als Jean-Louis Duroc.
https://de.wikipedia.org/wiki/Ein_Mann_und_eine_Frau  
[9] Khatia Buniatishvili - Chopin - Prelude No 4 in E minor, Op 28
https://www.youtube.com/watch?v=JDZ_DlNfsWk   
https://www.youtube.com/watch?v=yvn4k1nYRaw 
Mir gefällt die zweite Aufnahme besser.
[10] Deutschlandfunk / Kammermusikfest Spannungen 2025 / Sendezeit     So, 13.07.2025 | 21:05 - 23:00 Uhr / https://interface.phonostar.de/radio/kammermusikfest-spannungen-2025/v/230409/2025-07-13 
[11] Übrigens -: drei Oscars! https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Pianist 
[12] https://en.wikipedia.org/wiki/Preludes_(Chopin)  
[13] Geschenkt! Ich dachte ich probiere es einmal. Es spielten Christian Lafette (Violine), Hyeyoon Park (Violine), Rachel Roberts (Viola), Jan Larsen (Viola) und Krzysztof Michalski (Violoncello). 
[14] https://www.kammermusikfuehrer.de/werke/1305 

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